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Dani Levys "Dreigroschenoper"
Theater als Therapie?

Ein Stück im Stück: In Dani Levys Konzeption der "Dreigroschenoper" in Basel inszenieren die Insassen einer japanischen Irrenanstalt Brechts Stück angeblich zu therapeutischen Zwecken. Bei Levy, der für seine schrägen Filme bekannt ist, wird es auch auf der Bühne skurril - aber nicht immer überzeugend.

Von Christian Gampert |
    Die Schauspieler Paula Hans, Thiemo Strutzenberger und Pia Händlerauf der Bühne des Theater Basel
    Paula Hans, Thiemo Strutzenberger und Pia Händler in Daniel Levys Inszenierung der "Dreigroschenoper" am Theater Basel (Theater Basel / Sandra Then)
    Die Regiekonzeption, die Dani Levy sich für Basel ausgedacht hat, will durchaus den Bezug zur Gegenwart, aber hintenrum: Wie bei "Marat/Sade" von Peter Weiss lässt er das Stück von einer Truppe hilfsbedürftiger Personen aufführen. Die kommen aus unserer kapitalistischen Gegenwart und leiden unter Burnout, Ticks, Depression oder auch posttraumatischen Störungen - und befinden sich in einer japanischen Irrenanstalt; gespielt wird dann aber auf einer märchenhaften asiatischen Wellness-Insel - mit Pagoden, Felsen und Seerosenteichen; Bühne: Jo Schramm.
    Die Figuren werden anfangs als fragwürdige bürgerliche Existenzen vorgestellt (Manager, Banker, Soldat) und führen dann, angeblich zu therapeutischen Zwecken, die "Dreigroschenoper" auf. Offenbar wollte Levy diese beiden Ebenen ineinanderfließen lassen; die Brecht-Erben wollten jedoch keinen Fremdtext im Stück, und so sind von der ganzen Konzeption nur ein Vorspiel und ein Epilog übrig geblieben.
    Skurrile chinoise Kostüme
    Die Schauspieler auf der Bühne leiden unter jenen Ticks und Verrücktheiten, die ihnen Levy im Vorspiel angedichtet hat: Der eine hat ein Tourette-(Beschimpfungs-)Syndrom, andere fallen ständig oder zucken mit den Gliedern. Alle tragen skurrile chinoise Kostüme mit überlangen Ärmeln, als sollten ihnen wie mit einer Zwangsjacke die Arme weggebunden werden.
    Daniel Levy steht neben einem Baum und  stützt sich auf einen Ast
    Der als Filmemacher bekannte Dani Levy hat in Basel Brechts "Dreigroschenoper" inszeniert (imago / teutopress)
    Die Aufführung nimmt nur sehr langsam Fahrt auf, zumal Bettlerkönig Peachum (Thomas Reisinger) erkältet ist und nicht singen kann; seine Songs wurden in der Premiere vom kurzfristig eingesprungen Klaus Brömmelmeier übernommen, der als eine Art Pfleger hinter der Figur steht. Die Songs mancher Damen der Brechtschen Halbwelt leiden darunter, dass es in den Höhen stimmlich dünn wird. Das Schiff mit acht Segeln kann auch baden gehen, wenn in den hohen Lagen der Wind fehlt. Und so ein bisschen Keckheit und Verruchtheit sollte schon drin sein, auch wenn hier angeblich Hilfsbedürftige spielen.

    Thiemo Strutzenberger ist ein sehr braver Mackie Messer, immer bemüht, es den Frauen recht zu machen, obgleich die ihm doch zu Füßen liegen. Die Polly der Paula Hans ist ein Hascherl aus gutem Hause, während Frau Peachum (Cathrin Störmer) ein resolutes Regiment führt. Mackies Gangsterbande spielt gleichzeitig die Huren, sehr hübsch, wie im Karneval, aber ein bisschen auch wie im Kindertheater; und Polizeichef Brown (Ingo Tomi) ist ein Altfreak, der sich zur Polizei verirrt hat.
    Überzeugende musikalische Arbeit, schlechter Sound
    Der als E-Musik-Komponist vielfach ausgewiesene Johannes Kalitzke fällt durch ein fast akademisches Dirigat auf, das der großartigen "Basel Sinfonietta" einen durchsichtigen, analytischen Sound ermöglicht. Das Problem ist nur, dass das Orchester mitten im kindertheatralisch bunten Bühnenbild hockt und zeitweise quasi eingemauert ist. Das heißt, je nach Stellung der Drehbühne hört man einen grammophonartig gedämpften oder aber einen klaren Klang. Schade drum, denn Kalitzkes musikalische Arbeit ist bei weitem das Überzeugendste an diesem Abend.
    Am Ende kommt eine (japanische) Vertreterin des Wohlfühl-Unternehmens "Healing-Mammon.com" auf die Bühne und bietet dem Publikum an, Aktien dieser Therapie-Compagnie zu erwerben, welche soeben mit der Aufführung der "Dreigroschenoper" zur Gesundung der Schauspieler beigetragen habe. Nach drei Stunden psychodramatischer Arbeit am Text muss man leider sagen: Das wäre eine eher unsichere Investition.