Drei Tage Verhandlungen, gebündelt in einem 16-seitigen Beschlusspapier: Die Ampelparteien haben ihre Marathonsitzung des Koalitionsausschusses beendet – und sich auf ein Dokument geeinigt, das den Titel "Modernisierungspaket für Klimaschutz und Planungsbeschleunigung" trägt.
Klimaschutz
Das Klimaschutzgesetz soll überarbeitet werden. Es besteht weiterhin das Ziel, bis 2045 eine Netto-Treibhausgasneutralität zu erreichen. Die Bundesregierung, heißt es in dem Dokument, legt für die Jahre 2035, 2040 und 2045 ein Ziel für Negativemissionen fest. Im aktuellen Gesetz hat jeder Sektor wie Energie, Gebäude oder Verkehr jährliche CO2-Vorgaben, die erfüllt werden müssen. Besonders der Verkehr, derzeit in Verantwortung des FDP-Politikers Wissing, tut sich damit schwer und riss die Vorgaben bereits zweimal. Das Gesetz soll jetzt entschärft werden.
Im Beschlusspapier heißt es dazu: "Die Einhaltung der Klimaschutzziele soll zukünftig anhand einer sektorübergreifenden und mehrjährigen Gesamtrechnung überprüft werden". Damit kann ein Sektor die Verfehlungen eines anderen ausgleichen. Sollten die Gesamtemissionen über der Vorgabe liegen, muss die Regierung gemeinsam Lösungen finden.
Für den Ausbau erneuerbarer Energien sollen weitere Flächen zur Verfügung gestellt werden. Die Kommunen bekommen demnach mehr Spielraum, um Flächen auszuweisen. An Schienen, Autobahnen und Bundesstraßen sollen mehr Windräder und Solar-Anlagen gebaut werden.
Heizungen und Energieeffizienz
Das umstrittene Gesetz zum Einsatz klimafreundlicher Heizungen wird entschärft. Die Ampel-Koalition hält im Beschlusspapier fest, das Gesetz werde dabei "pragmatisch ausgestaltet", unbillige Härten würden auch zum sozialen Ausgleich vermieden und sozialen Aspekten werde angemessen Rechnung getragen. Zudem heißt es, möglichst jede Heizung solle ab 2024 zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Es werde genügend Übergangsspielräume geben. Eine Austauschpflicht soll es nicht geben.
Die Koalitionäre schreiben zudem, Energie müsse in Zukunft deutlich effizienter eingesetzt werden als bislang. Das verringere den Verbrauch, mache Deutschland unabhängig von fossilen Importen und helfe bei der Minderung der Treibhausgasemissionen. Deshalb soll es ein Energieeffizienzgesetz geben. Die konkrete Ausgestaltung bleibt in dem Dokument allerdings offen.
Schnelle Planung bei Autobahn und Schienennetz
Ein langes Streitthema zwischen FDP und Grünen haben die Liberalen nun zu ihren Gunsten entschieden: Die Planung von ausgewählten Autobahnprojekten soll nach dem Willen der Koalitionspartner schneller vorangetrieben werden. Marode Brücken sollen zudem ohne neues Planfeststellungsverfahren erneuert werden können.
Auch bei der Deutschen Bahn sollen verkürzte Verfahren durchgesetzt werden. Die Bahn benötigt dem Papier zufolge zur Deckung des Investitionsbedarfs bis zum Jahre 2027 rund 45 Milliarden Euro. Das Geld dafür soll unter anderem aus der Erweiterung der Lkw-Maut um eine CO2-Komponente kommen, die ab 2024 eingeführt wird. Die Maut greift dann zudem bereits für kleine Lkw ab 3,5 Tonnen. Damit erhalten auch Güterbahnen einen Vorteil im Vergleich zur Straße. Wie die Grünen-Co-Vorsitzende Lang im Deutschlandfunk sagte, werden 80 Prozent dieser Einnahmen für die Schiene reserviert.
E-Fuels
Die FDP hatte sich bereits bei der EU für sogenannte E-Fuels, also für synthetische, klimaneutrale Kraftstoffe, eingesetzt. Mit ihnen soll der Verbrennungsmotor eine Zukunft haben. Sie werden aber auch im Schiffs- und Flugverkehr gebraucht: Im Beschlusspapier steht dazu: "E-Fuels können zukünftig an Tankstellen verkauft werden." Die Forschung zu diesen Kraftstoffen, die bisher nicht in großem Maßstab produziert werden, soll ausgeweitet werden. Auch eine Förderung der synthetischen Kraftstoffe ist in Planung. Die Ampel-Koalition will allerdings auch bei der Einrichtung von Ladestationen für E-Autos mehr Tempo machen.
Naturschutz
Der bisherige Grundsatz, wonach es für den Verlust von Naturflächen Kompensationen auf anderen Flächen geben muss, soll aufgeweicht werden. Stattdessen könne die Kompensation auch in Form einer Geldleistung erfolgen, heißt es. Über die Mittel sollen dann größere und zusammenhängende Flächen gekauft werden, um eine Renaturierung und den Naturschutz zu stärken. Die für Naturschutz vorgesehenen Flächen sollen großräumig zusammengefasst werden. Im Umweltministerium soll eine Einheit geschaffen werden, die die Planung im Zusammenspiel mit den Ländern organisiert.
Diese Nachricht wurde am 29.03.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.