Von Volkart Wildermuth
So groß wie ein Fußballfeld wäre die Schleimhaut des Darmes, wenn man all ihre Falten und Zotten glattzöge. Hier leben ganze Heerscharen von Bakterien, mehr als der menschliche Körper überhaupt Zellen hat. In Schach hält sie ein überaus aktives Immunsystem. Es muss ein empfindliches Gleichgewicht wahren. Einerseits darf es keine Übergriffe zulassen, andererseits ist es hoffnungslos zu versuchen, die Bakterien ganz zu vertreiben. Eine Dauerschlacht im Darm würde mehr schaden als nützen. Wachsame Toleranz ist deshalb das Motto des Darmimmunsystems. Gutartige Bewohner werden geduldet, aggressive Bakterien oder Viren dagegen von Abwehrzellen und Antikörpern schnell zurückgedrängt. In seltenen Fällen allerdings gelingt es den Eindringlingen den Wall am Darm zu überwinden und sich längerfristig festzusetzen. Eine mögliche Folge ist Rheuma, erläutert Professor Martin Zeitz vom Universitätsklinikum Benjamin Franklin in Berlin.
Man sagt, dass so etwa auf 100 Infektionen ein bis fünf Fälle vorkommen, wo so eine Arthritis, die dann sehr ähnlich ist wie eine rheumatische Erkrankung, auftreten kann.
Diese reaktiven Arthritis tritt einige Wochen nach der Darminfektion auf. Anders als beim gewöhnlichen Rheuma sind nicht zuerst die Hände sondern meist die Knie betroffen. Wenn der Arzt von dem kürzlich überstandenen Durchfall weiß, kann er die Bakterien mit Antibiotika bekämpfen und so die Gelenkschmerzen beenden. Lange glaubten die Wissenschaftler, dass die Erreger der reaktiven Arthritis, auf der molekulare Ebene Strukturen haben, die denen des Gelenks ähneln. Wenn das Immunsystem dann gegen die Bakterien aktiv wird, sollte es sozusagen versehentlich auch die verwandten Strukturen im Gelenk angreifen und so die Schmerzen im Knie auslösen. Inzwischen sind aber so viele unterschiedliche Bakterien bekannt, die dieses Beschwerden verursachen können, dass Martin Zeitz von einem nicht ganz so spezifischen Krankheitsmechanismus ausgeht.
Es scheint eher so zu sein, dass eine Fresszelle Teile des Bakteriums aufnimmt und diese Fresszelle dann in das Gelenk einwandert und dort die Entzündung auslöst. Damit Immunzellen in ein Gewebe einwandern, brauchen sie bestimmte Erkennungsstrukturen und die scheinen in gewisser Weise ähnlich zu sein, im Darm und im Gelenk. So dass also im Darm entstandene Immunzellen dann bevorzugt ins Gelenk einwandern.
Wenn Durchfallbakterien die Darmbarriere durchbrechen und sich im umliegenden Gewebe ansiedeln, dann lösen sie eine anhaltende Reaktion des Immunsystems aus, die auf Dauer auch die Gelenke angreift, weil der Weg in beide Gewebe sozusagen mit dem gleichen Schlüssel zu öffnen ist. Die enge immunologische Verbindung zwischen Darm und Gelenk hat aber nicht nur negative Seiten. Im Verdauungstrakt neigt das Abwehrsystem zur Toleranz und diese Bereitschaft zur friedlichen Koexistenz will die Arbeitsgruppe um Martin Zeitz ausnutzen, um eine andere Form des Rheumas zu behandeln. Bei der rheumatoiden Arthritis sind die Gelenke ständig entzündet. Zeitz:
Wenn wir Toleranz erzeugen können, sprich eine Unterdrückung der Immunantwort im Körper und was im Darm praktisch normalerweise geschieht, dann stellen wir uns auch vor, dass wir das ausnutzen können um zum Beispiel Gelenkrheumatismus zu behandeln, indem wir einfach etwas aus dem Gelenk über den Darm anbieten, dann entstehen dort Zellen, die die Immunantwort unterdrücken können, das ist im Tierversuch gut gezeigt, und diese Zellen können dann - das geht im Tiermodell, bisher noch nicht beim Menschen - Gelenkentzündungen unterdrücken.
Nicht nur in Berlin versuchen Wissenschaftler Autoimmunkrankheiten zu behandeln, in dem sie das Abwehrsystem zur Toleranz erziehen. Wenn es ihnen gelingt, das Verfahren bis zur klinischen Anwendung zu entwickeln, dann wäre der Darm nicht nur Ausgangspunkt für bestimmte rheumatische Erkrankungen sondern auch der Königsweg zu ihrer Behandlung.
So groß wie ein Fußballfeld wäre die Schleimhaut des Darmes, wenn man all ihre Falten und Zotten glattzöge. Hier leben ganze Heerscharen von Bakterien, mehr als der menschliche Körper überhaupt Zellen hat. In Schach hält sie ein überaus aktives Immunsystem. Es muss ein empfindliches Gleichgewicht wahren. Einerseits darf es keine Übergriffe zulassen, andererseits ist es hoffnungslos zu versuchen, die Bakterien ganz zu vertreiben. Eine Dauerschlacht im Darm würde mehr schaden als nützen. Wachsame Toleranz ist deshalb das Motto des Darmimmunsystems. Gutartige Bewohner werden geduldet, aggressive Bakterien oder Viren dagegen von Abwehrzellen und Antikörpern schnell zurückgedrängt. In seltenen Fällen allerdings gelingt es den Eindringlingen den Wall am Darm zu überwinden und sich längerfristig festzusetzen. Eine mögliche Folge ist Rheuma, erläutert Professor Martin Zeitz vom Universitätsklinikum Benjamin Franklin in Berlin.
Man sagt, dass so etwa auf 100 Infektionen ein bis fünf Fälle vorkommen, wo so eine Arthritis, die dann sehr ähnlich ist wie eine rheumatische Erkrankung, auftreten kann.
Diese reaktiven Arthritis tritt einige Wochen nach der Darminfektion auf. Anders als beim gewöhnlichen Rheuma sind nicht zuerst die Hände sondern meist die Knie betroffen. Wenn der Arzt von dem kürzlich überstandenen Durchfall weiß, kann er die Bakterien mit Antibiotika bekämpfen und so die Gelenkschmerzen beenden. Lange glaubten die Wissenschaftler, dass die Erreger der reaktiven Arthritis, auf der molekulare Ebene Strukturen haben, die denen des Gelenks ähneln. Wenn das Immunsystem dann gegen die Bakterien aktiv wird, sollte es sozusagen versehentlich auch die verwandten Strukturen im Gelenk angreifen und so die Schmerzen im Knie auslösen. Inzwischen sind aber so viele unterschiedliche Bakterien bekannt, die dieses Beschwerden verursachen können, dass Martin Zeitz von einem nicht ganz so spezifischen Krankheitsmechanismus ausgeht.
Es scheint eher so zu sein, dass eine Fresszelle Teile des Bakteriums aufnimmt und diese Fresszelle dann in das Gelenk einwandert und dort die Entzündung auslöst. Damit Immunzellen in ein Gewebe einwandern, brauchen sie bestimmte Erkennungsstrukturen und die scheinen in gewisser Weise ähnlich zu sein, im Darm und im Gelenk. So dass also im Darm entstandene Immunzellen dann bevorzugt ins Gelenk einwandern.
Wenn Durchfallbakterien die Darmbarriere durchbrechen und sich im umliegenden Gewebe ansiedeln, dann lösen sie eine anhaltende Reaktion des Immunsystems aus, die auf Dauer auch die Gelenke angreift, weil der Weg in beide Gewebe sozusagen mit dem gleichen Schlüssel zu öffnen ist. Die enge immunologische Verbindung zwischen Darm und Gelenk hat aber nicht nur negative Seiten. Im Verdauungstrakt neigt das Abwehrsystem zur Toleranz und diese Bereitschaft zur friedlichen Koexistenz will die Arbeitsgruppe um Martin Zeitz ausnutzen, um eine andere Form des Rheumas zu behandeln. Bei der rheumatoiden Arthritis sind die Gelenke ständig entzündet. Zeitz:
Wenn wir Toleranz erzeugen können, sprich eine Unterdrückung der Immunantwort im Körper und was im Darm praktisch normalerweise geschieht, dann stellen wir uns auch vor, dass wir das ausnutzen können um zum Beispiel Gelenkrheumatismus zu behandeln, indem wir einfach etwas aus dem Gelenk über den Darm anbieten, dann entstehen dort Zellen, die die Immunantwort unterdrücken können, das ist im Tierversuch gut gezeigt, und diese Zellen können dann - das geht im Tiermodell, bisher noch nicht beim Menschen - Gelenkentzündungen unterdrücken.
Nicht nur in Berlin versuchen Wissenschaftler Autoimmunkrankheiten zu behandeln, in dem sie das Abwehrsystem zur Toleranz erziehen. Wenn es ihnen gelingt, das Verfahren bis zur klinischen Anwendung zu entwickeln, dann wäre der Darm nicht nur Ausgangspunkt für bestimmte rheumatische Erkrankungen sondern auch der Königsweg zu ihrer Behandlung.