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Darmproblem Fisteln

Mit sechs Metern Länge schlängelt sich der Darm vom Magenpförtner bis zum After durch den Bauch. Wer sich wenig bewegt und falsch ernährt, kann Verdauungsprobleme bekommen. Generell gehören Darmbeschwerden und Darmerkrankungen zu den häufigsten Gesundheitsproblemen überhaupt. Fisteln im Enddarm beziehungsweise After sind mit unangenehmen Entzündungen verbunden.

Von Veronika Bräse | 17.03.2009
    Manche Menschen leiden an einem chronisch entzündeten Darm. Dagegen lassen sich Medikamente nehmen, aber eine Heilung ist meist nicht möglich. Simone ist eine junge Frau, die seit Jahren an der schlimmen Darmkrankheit Morbus Crohn leidet:

    "Man hat dann 20 Durchfälle am Tag, es kommt ständig Flüssigkeit raus, der Po ist gereizt und man ist natürlich dann vom Allgemeinzustand und vom Ernährungszustand einfach nicht mehr in der Lage, irgendwelche großen Unternehmungen zu machen und das Sozialleben ist schwierig, weil man natürlich den Freunden immer erklären muss, "du ich kann da jetzt nicht mitgehen, mir geht es nicht so gut" und das ist natürlich nicht ganz so einfach."

    Morbus-Crohn-Patienten sind besonders stark von Fisteln betroffen. Also von röhrenförmigen Verbindungen innerhalb der entzündeten Bereiche. Fast die Hälfte von ihnen kennt dieses Problem. Aber auch bei gesunden Menschen ist der Anus generell relativ anfällig für Fisteln, weil es in diesem Bereich Ausbuchtungen gibt, in denen sich Sekrete sammeln können. Diese Ausbuchtungen sind Relikte der Evolution: Ehemalige Drüsen, die wir jetzt nicht mehr brauchen, erklärt Prof. Martin Kreis, Spezialist für Darmerkrankungen am Münchner Klinikum Großhadern:

    "Bei Tieren gibt's da Duftdrüsen in diesem Bereich und da sind solche Rudimente beim Menschen vorhanden, in die sich Stuhl oder Stuhlpartikel hineinsetzen können, das kann dann zu einer akuten Entzündung führen, die dann eben im Abszess mündet. Oder es kann auch eine chronische Entzündung geben, sodass sich ein Gang entwickelt, der dann außenrum an der Haut zum Vorschein kommt."

    Am Anus ist dann ein dünner, röhrenförmiger Fistelausgang zu sehen. Da eine Fistel juckt und nässt, möchten viele Patienten etwas dagegen unternehmen. Oft ist es möglich, den Fistelgang bei einer Operation aufzuschneiden:

    "Dann kommt es zu einer offenen Wundheilung vom Boden der Fistel aus und es kommt zur Abheilung. Das ist ein Verfahren, welches extrem sicher ist und funktioniert."

    Diese Methode bietet sich an, wenn die Fistel oberflächlich auf der Haut verläuft. Manchmal aber hat sie sich ihren Weg durch den Schließmuskel hindurch gebahnt. Dann müsste man den Schließmuskel aufschneiden, um die Fistel zu öffnen. Das aber schädigt den Schließmuskel und kann zu Stuhl-Inkontinenz führen. Deshalb suchen Forscher nach neuen Verfahren. Die Lösung könnte ein etwa 10 Zentimeter langer und einen halben Zentimeter dicker länglicher Pfropfen sein, der von außen in die Fistelröhre eingeführt wird. Ist der Eingang erreicht, wird der Pfropfen dort mit der Fistel vernäht. So können dann keine entzündungs-fördernden Sekrete mehr eindringen:

    "Das scheint bei den Patienten, wo es funktioniert, auszureichen, dass der Körper Zeit hat, dort Gewebe einsprossen zu lassen, also Gefäße, Bindegewebe und so weiter, die dann eben dazu führen, dass die Fistel abheilt."

    Der längliche Pfropfen, den Mediziner Plaque nennen, besteht aus Bindegewebe von Schweinen, das für den Menschen gut verträglich ist. Das Plaque hat zum einen die Funktion, die Fistel abzudichten. Zum anderen scheint es das körpereigene Zellwachstum anzuregen und so die Fistel zu verdrängen:

    "Ob es dann wirklich eine Abheilung ist, auch langfristig, oder ob es nur vorübergehend zu einer Inaktivierung durch diese Verstopfung kommt, die dann vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt wieder aufgeht, das müssen dann langfristige Untersuchungen zeigen."

    Forschungsbedarf besteht auch noch bei Morbus-Crohn-Patienten. Denn wegen ihrer dauerhaften Darmentzündung haben sie oft schon ein komplexes Fistelnetz entwickelt. Die neue Methode aber eignet sich momentan nur für Patienten mit einem einzigen, nicht verzweigten Fistelkanal. Der lässt sich dann gut mit einem Plaque behandeln.