Länder wie Frankreich oder England hatten schon längst eine Nationalbibliothek, als am 3. Oktober 1912 die Deutsche Bücherei in Leipzig ihre Pforten öffnete. Bisher war eine zentrale staatliche Sammlung der deutschen Literatur an der Kleinstaaterei gescheitert. Und auch jetzt war es der Börsenverein der Deutschen Buchhändler und damit eine private Institution, die die Initiative für die Nationalbibliothek übernahm – unterstützt von der Stadt Leipzig und dem Königreich Sachsen, um die Rolle Leipzigs als führende Verlagsstadt zu stärken. Erst 1925 kam auch vom Deutschen Reich finanzielle Hilfe. Wichtiger war noch, dass die Reichsregierung nun alle Verlage gesetzlich dazu verpflichtete, ein Exemplar jeder Neuerscheinung kostenlos nach Leipzig zu schicken. Damit erst konnte die Deutsche Bücherei ihren Auftrag, die deutschsprachige Literatur vollständig zu sammeln, erfüllen, wie Elisabeth Niggemann, die heutige Direktorin der Bibliothek erläutert.
"Eine Bibliothek und erst Recht eine Nationalbibliothek ist davon abhängig, was in dieser Gesellschaft eben produziert wird, ... dann spiegelt sie wider, was in dieser Gesellschaft für relevant gehalten wird und genutzt werden soll."
20 Jahre später übernahmen die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht. Schon 1933 wurde die Deutsche Bücherei direkt dem Ministerium für Propaganda und Volksaufklärung und seinem Leiter Joseph Goebbels unterstellt. In den folgenden zwölf Jahren gelangten Bücher auf verbrecherische Art und Weise in den Besitz des Staates und in die Regale in Leipzig.
"Bücher, die von zum Beispiel Immigranten oder anders politisch Verfolgten, Inhaftierten, Ermordeten letztendlich ja gestohlen wurden, und die dann als Eigentum des Staats wiederum anderen Einrichtungen angeboten wurden, also ganze Bibliotheken, die so zusammengetragen wurden und zur Vermehrung dann der Bestände anderer Bibliotheken genutzt wurden."
Die Bibliothek durchforstet heute ihre Bestände nach diesen geraubten Werken und versucht, sie den Erben zurückzugeben. Doch trotz der Vereinnahmung durch das Regime erhielt sich die Deutsche Bücherei eine gewisse Unabhängigkeit. So wurde immer auch die Literatur der Exil-Deutschen gesammelt, darunter viele Autoren, deren Werke 1933 in der "Aktion wider den undeutschen Geist" öffentlich verbrannt worden waren.
"Und das war natürlich nicht genehm, das war nicht gewünscht, aber es wurde auch nicht aktiv unterbunden. Es gab dann Kompromisse, dass es eben nicht in die Nationalbibliografie hinein kam, sondern getrennt irgendwo verzeichnet wurde, aber die Tatsache, dass wir so was gesammelt haben, finde ich einfach beachtlich."
Diese Freiräume zu nutzen, dafür war der damalige Leiter der Bibliothek Heinrich Uhlendahl verantwortlich. Er wurde im Jahr 1924 zum Direktor ernannt und bekleidete dieses Amt fast 30 Jahre lang: in der Weimarer Republik, unter den Nationalsozialisten mit seinem Dienstherrn Goebbels und auch in der DDR bis zu seinem Tod 1954.
Nach dem Krieg prägte die Konfrontation zwischen den zwei deutschen Staaten die Entwicklung der Deutschen Bücherei. In Frankfurt am Main wurde schon 1946 die Deutsche Bibliothek als zentrale Sammlung der westdeutschen Literatur gegründet, was in Leipzig als feindseliger Akt verstanden wurde. Der damalige Direktor Helmut Rötzsch 1962 im DDR-Fernsehen.
"Die Deutsche Bücherei in Leipzig weist sich auf Grund ihrer historischen Rolle als die einzige Deutsche Nationalbibliothek aus. Daran können auch alle Versuche westdeutscher revanchistischer Kreise nichts ändern, die Rolle der Deutschen Bücherei einzuschränken beziehungsweise zu sabotieren."
Wie die Bibliothek in Leipzig durchgehend westliche Literatur kaufte, so wurden auch Bücher aus der DDR am Main gesammelt.
Seit der Wiedervereinigung hat die Deutsche Nationalbibliothek, wie sie seit 2006 heißt, zwei Standorte: Frankfurt und Leipzig. Ihr Auftrag ist noch derselbe wie 1912: Das Sammeln und Archivieren der deutschsprachigen Literatur und sie für die Bevölkerung nutzbar machen. Heute stellen das Internet und die damit verbundenen vielfältigen und oft informellen Publikationsmöglichkeiten die Bibliothek vor neue Herausforderungen. Elisabeth Niggemann:
"Damit denke ich sind wir wichtiger als je zuvor, weil diese Medien flüchtiger sind und schwerer zu archivieren sind, weil es mehr davon gibt und damit es insgesamt komplexer wird."
"Eine Bibliothek und erst Recht eine Nationalbibliothek ist davon abhängig, was in dieser Gesellschaft eben produziert wird, ... dann spiegelt sie wider, was in dieser Gesellschaft für relevant gehalten wird und genutzt werden soll."
20 Jahre später übernahmen die Nationalsozialisten in Deutschland die Macht. Schon 1933 wurde die Deutsche Bücherei direkt dem Ministerium für Propaganda und Volksaufklärung und seinem Leiter Joseph Goebbels unterstellt. In den folgenden zwölf Jahren gelangten Bücher auf verbrecherische Art und Weise in den Besitz des Staates und in die Regale in Leipzig.
"Bücher, die von zum Beispiel Immigranten oder anders politisch Verfolgten, Inhaftierten, Ermordeten letztendlich ja gestohlen wurden, und die dann als Eigentum des Staats wiederum anderen Einrichtungen angeboten wurden, also ganze Bibliotheken, die so zusammengetragen wurden und zur Vermehrung dann der Bestände anderer Bibliotheken genutzt wurden."
Die Bibliothek durchforstet heute ihre Bestände nach diesen geraubten Werken und versucht, sie den Erben zurückzugeben. Doch trotz der Vereinnahmung durch das Regime erhielt sich die Deutsche Bücherei eine gewisse Unabhängigkeit. So wurde immer auch die Literatur der Exil-Deutschen gesammelt, darunter viele Autoren, deren Werke 1933 in der "Aktion wider den undeutschen Geist" öffentlich verbrannt worden waren.
"Und das war natürlich nicht genehm, das war nicht gewünscht, aber es wurde auch nicht aktiv unterbunden. Es gab dann Kompromisse, dass es eben nicht in die Nationalbibliografie hinein kam, sondern getrennt irgendwo verzeichnet wurde, aber die Tatsache, dass wir so was gesammelt haben, finde ich einfach beachtlich."
Diese Freiräume zu nutzen, dafür war der damalige Leiter der Bibliothek Heinrich Uhlendahl verantwortlich. Er wurde im Jahr 1924 zum Direktor ernannt und bekleidete dieses Amt fast 30 Jahre lang: in der Weimarer Republik, unter den Nationalsozialisten mit seinem Dienstherrn Goebbels und auch in der DDR bis zu seinem Tod 1954.
Nach dem Krieg prägte die Konfrontation zwischen den zwei deutschen Staaten die Entwicklung der Deutschen Bücherei. In Frankfurt am Main wurde schon 1946 die Deutsche Bibliothek als zentrale Sammlung der westdeutschen Literatur gegründet, was in Leipzig als feindseliger Akt verstanden wurde. Der damalige Direktor Helmut Rötzsch 1962 im DDR-Fernsehen.
"Die Deutsche Bücherei in Leipzig weist sich auf Grund ihrer historischen Rolle als die einzige Deutsche Nationalbibliothek aus. Daran können auch alle Versuche westdeutscher revanchistischer Kreise nichts ändern, die Rolle der Deutschen Bücherei einzuschränken beziehungsweise zu sabotieren."
Wie die Bibliothek in Leipzig durchgehend westliche Literatur kaufte, so wurden auch Bücher aus der DDR am Main gesammelt.
Seit der Wiedervereinigung hat die Deutsche Nationalbibliothek, wie sie seit 2006 heißt, zwei Standorte: Frankfurt und Leipzig. Ihr Auftrag ist noch derselbe wie 1912: Das Sammeln und Archivieren der deutschsprachigen Literatur und sie für die Bevölkerung nutzbar machen. Heute stellen das Internet und die damit verbundenen vielfältigen und oft informellen Publikationsmöglichkeiten die Bibliothek vor neue Herausforderungen. Elisabeth Niggemann:
"Damit denke ich sind wir wichtiger als je zuvor, weil diese Medien flüchtiger sind und schwerer zu archivieren sind, weil es mehr davon gibt und damit es insgesamt komplexer wird."