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Das Beste kommt zum Schluss

Filmkultur in Blockbuster-Zeiten findet zweifellos nicht mehr allein auf der großen Kinoleinwand statt; DVD und BluRay sind eine wichtige und notwendige Ergänzung. Tipps zum Jahresende: eine Naturdokumentation, ein Filmklassiker, zwei Filmdramen und eine Dokumentation über unsere Probleme mit dem Atommüll.

Von Hartwig Tegeler |
    Die Gnus der Serengeti am Fluss. Ein Krokodil schießt aus dem Wasser auf die Trinkenden zu; die springen auseinander, Tierkörper übereinander, dazwischen das aufgerissene Maul des Krokodils ... eine Sequenz wie ein bewegtes Gemälde. Fast surreal - gedreht mit einer Highspeed-HD-Spezialkamera, die 2000 Bilder pro Sekunde aufnimmt. Das in Superzeitlupe gesehen macht Bewegungsabläufe sichtbar, die unser Auge an sich nicht wahrnehmen kann. Wie die anderen großen Naturdokumentationen à la "Der Zug der Vögel" bietet auch Reinhard Ratkes Film "Serengeti" grandiose, mitunter unfassbare Bilder einer intakten Natur, während wir im Alltag dem Prozess des Verschwindens von Natur beiwohnen.

    "Der Dialog"

    Was für ein Schlussbild? Alleine sitzt der Abhörexperte da, verloren in seiner Paranoia.

    "Woher wissen Sie denn, dass ich Geburtstag habe?"

    Auf der Suche nach einer Wanze hat er seine Wohnung auseinander genommen.

    "Woher wissen Sie, dass ich hier bin?"

    … und spielt nun ein Solo auf dem Tenorsaxofon.
    Der Film "Der Dialog" konnte 1974 entstehen, als Francis Ford Coppola mit dem ersten Teil von "Der Pate" einen Riesenerfolg verbuchen konnte. Coppola sagte 1974: "Der Dialog" sei ein Bild über den Albtraum eines Gesellschaftssystems, das alle elektronischen Möglichkeiten nutzt, um unser Privatleben auszuschnüffeln. Weil uns heute die Datenkraken von Google, Facebook und Apple etcetera - vom Staat mal ganz zu schweigen - umstellen, hat Coppolas Paranoia-Thriller "Der Dialog" von 1974 - das erste Mal bei uns auf DVD - immer noch etwas Packendes.

    ""Glauben Sie, ich bin blöd?"

    Eindrucksvolle Filme, die 2011 als DVD-Premiere herausgekommen sind: John Currans Film "Stone" beispielsweise.

    "Soll ich was von schlimmer Kindheit oder so erzählen. - Hatten Sie eine?"
    Werden Stone drei Jahre seiner Strafe erlassen?

    "Ich weiß. An mich glauben Sie nicht, aber Sie glauben ja nicht einmal an sich selbst."

    "Stone" ist ein Psychoduell, grandios gespielt von Edward Norton als Brandstifter im Knast und Robert de Niro als Bewährungshelfer, der hier endlich wieder einmal einen Charakter formt und nicht nur de-Niro-Standards herunterleiert.

    Vom Verlust eines Kindes nach einem Autounfall erzählt John Cameron Mitchells in "Rabbit Hole". Die Mutter und der Vater versuchen, die Lähmung der Trauer zu überwinden. Nicole Kidman und Aaron Eckart spielen sich die Seele aus dem Leib. Das Ende, wenn das Paar im Garten sitzt, sie seine Hand nimmt, und er einen Plan für die Zukunft formuliert:
    "Und was dann? - Keine Ahnung? Dann geht´s weiter!"

    "Rabbit Hole" - ein wunderschöner Film.

    Im Jahr 2011 wurde in unserem Land die sogenannte friedliche Nutzung der Atomenergie zu Grabe getragen. Unbeantwortet aber bleibt die Frage: Wohin mit dem Atommüll? Michael Madsen beschreibt in seinem Film "Into Eternity" das in Nordfinnland tief unten in der Erde entstehende Endlager Onkalo.

    "Die Arbeit wird im 22. Jahrhundert vollendet."

    Man stelle sich das erste Konstrukt der Menschheit vor, das 100.000 Jahre überleben soll, aber nicht wie die ägyptischen Pyramiden verbunden ist mit einem transzendentalen oder religiösen Gedanken, sondern erschaffen als rein rationale Konstruktion.

    Soll man die Menschen der Zukunft davor warnen, dass hier Atommüll vergraben ist? Oder ist es besser, hier gleich einen Wald zu pflanzen, sodass wahrscheinlich keiner die Anlage je finden wird? Die Dokumentation "Into Eternity" wirkt sehr melancholisch. Der Gedanke, dass hier etwas entsteht, was noch in 100.000 Jahren genau so da sein soll, ruft die Assoziation hervor, dass wir dann möglicherweise nicht mehr sein werden.