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Das Digitale Logbuch: Google deinstalliert

Kürzlich ging ein 15jähriger junger Mann, den ich kenne, an seinen PC, rief den Browser auf, also das Programm, mit dem er im World Wide Web herumwandert, und fing plötzlich an, panisch zu schreien: Du hast mir Google deinstalliert!

Von Maximilian Schönherr |
    "Papa, warst du an meinem Computer?"

    Ja, der vielleicht etwas schusslige Papa war an seinem Computer gewesen. Er sagt: "Ich hab aber nichts gemacht."

    "Du hast mir Google deinstalliert!" ruft der Junge.

    Da haben wir den Salat. Der Vater hatte Google deinstalliert. Gestern war Google noch da, und heute war es nicht mehr da. Also hatte der Vater etwas mit Google gemacht, etwas ganz Böses, er hat es deinstalliert.

    "Ich weiß gar nicht, was ‚die installieren’ ist", sagte der Vater.

    "Deinstallieren, Papa, deinstallieren heißt kaputtmachen, plattmachen, wegmachen. Du warst an meinem Computer gewesen und hast mir mein Google kaputtgemacht."

    Sein Google. Ganz zurecht regt er sich auf. Sein Google zu zerstören, ist wie die Simkarte seines Handys in den Plastikmüll zu schmeißen, wie damals. Ein Sakrileg, dachte der Sohn, ungefähr so, wie früher dem Kaiser vor den Thron zu kotzen. Ein PC, der hochfährt, und dann ist Google weg, ist kein PC mehr, sondern eine Mühle, die deprimierend vor sich hin bläst.

    "Jetzt kann ich nicht mehr googeln, also kann ich nicht mehr surfen, also was soll der ganze Scheiss?"

    Der Sohn ist 15, sein Vater 47. Sie sitzen im Wohnzimmer und starren vor sich hin. An der Wand hängt die Uhr aus Brasilien mit dem Tintenfisch.

    So leicht kann die Krise eine Familie erfassen. Da ist ein Internetportal über Jahre dermaßen wichtig geworden, ging sogar an die Börse. Und dann kotzt ein Vater vor den Thron des Kaisers, und alle Aktien, alles an Suchmaschinenalgorithmen, Rechenzentren, Google Maps und News und Groups, alles für die Katz’, alles weg.

    "Ich kann dir ja ein neues Google kaufen", schlägt der Vater vor.

    "Google kann man nicht kaufen", trotzt der Sohn zurück. "Wenn Google kaputt ist, ist es kaputt."