Archiv


Das Digitale Logbuch: Guten Tag, Büroklammer

Guten Tag! Ich habe dieses Logbuch, was Sie gerade hören, mit einem der weltweit meist genutzten Textverarbeitungsprogramme geschrieben und lese es Ihnen jetzt vor. Eigentlich fing mein Text anders an.

Von Maximilian Schönherr |
    Und zwar nicht mit: "Ich habe dieses Logbuch, was Sie gerade hören…", sondern mit einem Dialog zwischen zwei fiktiven Figuren: "Guten Tag!" sagt die eine, "Grüß Gott", grüßt die andere zurück. Aber schreiben Sie mal als erstes Wort in einem neuen Dokument: "Guten Tag"! Wenn Sie "Guten Tag" schreiben, fängt das Textverarbeitungsprogramm an, mitzudenken. Und wenn Software denkt, weiß man, das geht schief. Kaum hatte ich "Guten Tag" getippt, fand sich rechts unten auf meinem Bildschirm eine Comicfigur in Form einer Büroklammer ein, eine super lustige Büroklammer mit Augen und Augenbrauen, vermutlich männlich, darüber in Gelb die Sprechblase: "Anscheinend möchten Sie einen Brief schreiben. Brauchen Sie Hilfe?"

    Nun wollte ich alles andere als einen Brief schreiben, ich wollte einfach einen Dialog schreiben. Ich kenne die "Guten Tag"-Büroklammer seit Jahren, und je länger ich sie kenne, desto stärker wächst in meiner Vorstellung die Abteilung in dem Softwarekonzern, in der sie entwickelt und animiert wurde. Eine Riesenabteilung muss das sein, und so toll findet diese Abteilung die Büroklammer, dass sie den Befehl unterschlagen hat, sie nach "Guten Tag" auszuknipsen. Die Büroklammer-Sprechblase bietet zwar die Option: "Diesen Tipp nicht mehr anzeigen". Aber wenn man drauf klickt, geht die Büroklammer noch lange nicht weg.

    Werden wir so impertinent vom Arbeiten abgehalten, erarbeiten wir – dafür sind wir Menschen bekannt – so genannte Workarounds. Wir drücken uns davor. Die ersten Versuche, mich vor der Büroklammer zu drücken, gingen schief: Einen Text statt mit "Guten Tag" mit "Grüß Gott" zu beginnen, ruft die lustige Büroklammer ebenso auf den Plan wie "Hallo" oder "Hi". Also wurde ich etwas perverser und probierte Worte wie "Liebe Schlampe" oder "Hi, du Schlampe". Aber selbst bei "Hi, du fertiger Pimp" wollte mir die Büroklammer helfen, einen Text an den fertigen Pimp zu schreiben, den ich aber gar nicht kenne, genauso wenig wie die Schlampe, die ich mit "Hi, du Schlampe, guten Tag" begrüßte.

    Weil all das nicht geklappt hat, schreibe ich fast nur noch Blindtexte, Texte ohne Sinn. Aus diesem Grund erzähle ich diesen Unsinn hier, statt, wie eigentlich geplant, ein Zwiegespräch, was mit "Guten Tag" hätte anfangen sollen. Hören Sie einfach nicht hin, wenn ich Ihnen vorlese: "Ich habe dieses Logbuch, was Sie gerade hören, mit einem der weltweit meist genutzten Textverarbeitungsprogramme geschrieben und lese es Ihnen jetzt vor. Eigentlich fing mein Text anders an, nicht mit: "Ich habe dieses Logbuch, was Sie gerade hören…"