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Das Digitale Logbuch: Hitparade

Also früher, da gab’s ja nur eine Hitparade. Im ZDF ist die gekommen. Samstags. Nach’m Baden. Da hat man die dann noch im Fernsehen anschauen dürfen. War schön. Schlager mit eher einfachen, eingängigen Texten. Und die schönsten Passsagen, die waren ganz einfach – "umdada, umdada, umdada um" beispielsweise oder "aijaijaijaijai" oder - besonders toll -"hosssa, hosssa". Die hat man nicht mehr aus dem Kopf bekommen. Und bei allen möglichen passenden oder unpassenden Gelegenheiten hat man dann "umdada umdada um" gesummt.

    Oder wenn Montags die Hausaufgaben kontrolliert worden sind, dann ist einem "aijaijeijeijei" durch den Kopf geschossen oder "hosssa", wenn’s Klassenarbeiten zurückgab. Moderiert hat die Hitparade ein Mann, der ganz schnell gesprochen hat – so wie in der Pharmawerbung: Zu Risiken und Nebenwirkungen lesen Sie die Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker. Wahrscheinlich, weil die ja auch Nebenwirkungen hatte, die ZDF-Hitparade. Eigentlich war’s vor allem eine verkaufsfördernde Maßnahme für die deutsche Musikbranche, die hat so jede Menge LPs und vor allem aktuelle Singles losschlagen können.

    Wobei die Musikindustrie heute ja schon mehr Klingeltöne als Singles verkauft. Und deswegen soll es demnächst auch eine Hitparade für Klingeltöne geben. Ab April will die Branche so was regelmäßig veranstalten. Die Zielgruppe ist fast gleich geblieben: Leute mit einem eher minimalistischen Sprachgebrauch – Handytelefonierer halt. Die kommen ja auch mit wenigen, wesentlichen Wörtern aus, manchmal beispielsweise mit "super", "krass" und "eah". Das sagen sie dafür dann öfters und lauter – wie im Schlager. Die bekommen jetzt also eine eigene Hitparade. Und als besonderen Service müssen sie sich die ganz schönen Passagen der Hits nicht einmal merken, weil Klingeltöne hört man ja dauernd in der Kneipe, im Zug, im Büro und im Supermarkt. Schade nur, dass der schnell sprechende Mann das ganze nicht moderieren wird – von wegen der Risiken und Nebenwirkungen.