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Das digitale Logbuch: Todsünden

Ja, da hat's wieder einige erwischt. "Sie haben Raubkopien" hat er geschrieben, der neue Sober, in der Betreffzeile der Mail, mit der er kommt. Und aussieht die so, als sei sie vom Bundeskriminalamt. Da meldet sich dann halt das schlechte Gewissen. Und klick! Schon ist's passiert. Hesekiel, Kapitel 8, Vers 10: "Siehe, da waren lauter Bilder von Gewürm und scheußlichem Getier."

Von Achim Killer |
    Also theologisch ist das sehr interessant mit diesen Mail-Würmern. Raubkopieren ist ja eine Folge der Habgier. Und Habgier ist eine Todsünde nach der Dämonologie des Peter Binsfeld von 1589. Und die anderen Todsünden, die werden ebenfalls mit Mail-Würmern bestraft. "I love you", wer damals auf diese Betreffzeile hereingefallen ist, der hat sich der Todsünde der Eitelkeit schuldig gemacht und ist mit dem Love-Letter-Wurm geschlagen worden. Jenniferlopez_naked.jpg – die Wollust, die zu geißeln uns der Lopez-Wurm geschickt worden ist. Und wer auf Love-Letter und auf Lopez hereingefallen ist, der hat gegen das Gebot der Mäßigung verstoßen. Die Maßlosigkeit, auch sie eine Todsünde.

    Ja, die Welt, sie ist schlecht. Und dann gab's noch die Mail, mit der Betreffzeile "Koi Luschd zom Schaffe". Darin steckte der Fizzer, der gekommen war, um den Sündern Faul- und Trägheit auszutreiben. Die werden ja auch vom Arbeitgeberverband und vom Sachverständigenrat scharf kritisiert. Wir arbeiten hier in Deutschland nicht lange genug und die Löhne sind zu hoch, sagen die immer. Und deshalb werden jetzt überall die Tarifverträge gekündigt, das Weihnachtsgeld gestrichen und die Arbeitszeit verlängert. Aber das ist sehr gefährlich.

    Ursprünglich nämlich gab's gar nicht so viele Todsünden. Und es waren auch ganz andere: die Unzucht, das hatten wir schon, und – die Verweigerung des gerechten Arbeitsentgelts. 5. Buch Mose, Kapitel 24, Vers 14: "Dem Tagelöhner sollst du seinen Lohn nicht vorenthalten." Also: Männer auf der Chefetage. Aufpassen. Und keine Mails vom Sachverständigenrat mehr anklicken.