Donnerstag, 25. April 2024

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Das DIVE Festival in Bochum
Zwischen virtuell und real

Das Bochumer "DIVE – Immersive Arts Festival" präsentiert erstmals im Planetarium und Schauspielhaus Bochum vier Tage Medienkunst zum Eintauchen. Im Fokus: immersive Installationen, Surround- und Raumklang-Konzerte und 360° Performances an der Schnittestelle zwischen virtueller und realer Immersion.

Von Achim Hahn | 21.11.2019
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Eine überdimensionale Mischung aus Hüpfburg und Irrgarten: Die Installation "Sensefactory" auf dem DIVE Festival am Bochumer Schauspielhaus 2019 (Pressefoto, Sebastian Lehner)
"Immersion bedeutet erst mal, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer in Kunstwerke eintauchen können", sagt Tobias Staab vom Bochumer Schauspielhaus, einer der beiden Kuratoren des DIVE-Festivals für immersive Kunst.
"Aber ich muss ganz ehrlich sagen: ganz viele Dinge entpuppen sich als fauler Zauber, und da gilt es auszusuchen, und meine Fragestellung ist 'Transformiert mich ein Kunstwerk?'. Und wenn es das schafft, wenn ich mich danach anders fühle als vorher, dann denke ich, das könnte man einladen."
Überdimensionale Mischung aus Hüpfburg und Irrgarten
Zum Beispieldie "Sensefactory" im Spielort "Zeche Eins". Eine großformatige, begehbare Raum-Installation bestehend aus Luftkammerpolstern, wie aufblasbare Steine, die sich durch Luftdruck permanent verwandeln. Eine überdimensionale Mischung aus Hüpfburg und Irrgarten.
Tobias Staab: "In der ‘Sensefactory’ kann man die Immersion nicht nur fühlen. Man kann die Wände anfassen, man kann die verschiedenen Raumteile riechen, tatsächlich."
Und bewegt sich tastend, unsicher, orientierungslos in der ständig veränderten Landschaft, umgeben von Sound- und farbigen Lichtstimmungen, die von Algorithmen künstlicher Intelligenz gesteuert werden. Ein multi-sensorisches Erlebnis. Aber nicht virtuell, sondern ganz real.
Tobias Staab: "D.h. die Leute, die reingehen, werden über eine Lichtschranke erfasst und beeinflussen in der Art und Weise, wie sie reingehen, das Licht und den Sound und den Raum."
Die "Sensefactory" ist eine Kollektivarbeit internationaler Multimediakünstler; und mit dabei FM Einheit, ehemals der Schlagwerker der Einstürzenden Neubauten.
FM Einheit: "Mein Part ist, verschiedene emotionale Zustände über die Musik zu schaffen, was Musik am aller direktesten kann."
Ungewohnte Welt vieler unterschiedlicher Sinneseindrücke
Eintauchen, untergehen, für einen Moment die Orientierung verlieren, sich in einer ungewohnten Welt vieler unterschiedlicher Sinneseindrücke wiederfinden - das Ziel des Bochumer DIVE-Festivals. Im Fokus: immersive Kunstwerke...
Tobias Wiethoff: "...an der Schnittstelle virtueller und realweltlicher Immersion und Live-Performance,...."
...und die neben ihrem künstlerischen Anspruch auch technisch innovativ sind, so Kurator Tobias Wiethoff vom Planetarium. Etwa die beeindruckende Performance von Chikashi Miyama, der mit selbstentwickelten Sensor-Handschuhen durch seine Gesten und Körperbewegungen interaktiv Bilder und Töne an der Planetariumskuppel erzeugt. Grafische Schwarz-Weiss-Strukturen, Punkte, Sterne, Linien, die sich in rasanter Geschwindigkeit verändern und manchmal so wirken, als würden sie auf einen herniederprasseln.
Den größten Raum nehmen drei Werke des Dresdner Medienkünstler Ulf Langheinrich ein. Immersives Arbeiten, so sagt er: "Das ist für mich eine Art Grundkonstitution. Das heißt meine Arbeiten sind per se immersiv."
Darunter "Lost", eine farbig-rhytmische Stroboskop-Installation in der Planetariumskuppel. Ein Blitzlichtgewitter aus Rot-, Blau-, Grüntönen mit flirrenden Strukturen, die auf die Netzhaut einwirken, Nachbilder erzeugen, von pulsierenden Klängen umspült sind. Eindrücklich,
Nahtod-Erfahrung zum Genießen
Tobias Staab: "weil sich tatsächlich der Raum vor unserer Augen auflöst. Es ist so eine Art Nahtod-Erfahrung, die man aber durchaus genießen kann."
Doch gerade bei immersiven Erlebnissen ist das höchstindividuell. Ohne Wirkungsgarantie. Nicht jedes immersive Kunstwerk funktioniert auf dem DIVE Festival. Faszinierend ist der Sprung ins immersive Wasser aber auf alle Fälle, weil man Erfahrungen macht, die man noch nie gemacht hat.