Die Stimme ist ein seltsam Ding: Sie entsteht in unserem Körper und ist gleichzeitig außerhalb, sie ist momentweise sehr präsent und vergeht wieder, man kann sie zwar aufzeichnen, aber nicht wirklich festhalten – sie ist etwas Schwebendes, Flüchtiges, eine Art Luftgeist mit enormer sozialer und politischer Emotion und Bedeutung. Wohl dem, der Stimmrecht hat – die seltsamen Stimmübungen im Hintergrund stammen übrigens aus einer Installation, in der ein Sprachtherapeut einem Einwanderer die richtige englische Aussprache beibringen will, "the perfect sound".
Die Linguistik als Wissenschaftsmode hat ihren Höhepunkt weit überschritten, die Soundinstallation im Kunstbetrieb dagegen steht in voller Blüte. Und es geht dabei oft um Stimmqualitäten. Das Irritierende ist ja, dass man von dem wohltönenden Organ eines Nachrichtensprechers nicht unbedingt auf gutes Aussehen schließen kann... Nein, die Stimme führt ein Eigenleben, und die Stuttgarter Ausstellung lässt sich darauf ein. Die Kuratorin Iris Dressler erzählt dem Besucher als Erstes jenen Witz, mit dem auch der Stimmtheoretiker Mladen Dollar gern aufwartete:
"Es gibt da also einen Schützengraben in Italien, und der General sagt: zum Angriff, Männer! Und er sagt es zum zweiten Mal und zum dritten Mal, und nichts passiert, und irgendwann kommt da eine dünne Stimme, die sagt: che bella voce! Was für eine schöne Stimme."
Wenn die schöne, bisweilen auch die hässliche Stimme zum Bedeutungsträger von Videokunst wird, dann passieren die seltsamsten Dinge. Menschen bringen ihr Leid in gesungener Form vor (wie bei dem Kolumbianer Juan Manuel Echevarría), abgerichtete Papageien bekämpfen einander mit den Worten "Krieg" und "Frieden", predigende Campartisten wie der Spanier José Pérez Ocana mischen in Barcelona die Ramblas mit einer schwulen Prozession auf. Frühe stumme Videos von John Baldessari zeigen, wie der Künstler eine Pflanze zum Sprechen bringen will; man sieht eine Vorlesung des wild gestikulierenden Jacques Lacan und der Chinese Yang Zhenzhong beobachtet Passanten aus aller Welt, die den Satz "I will die" intonieren müssen.
Die Stuttgarter Ausstellung ist selber eine Installation: Sie stellt die Besucher wie Schauspieler auf leere weiße Flächen, wie auf eine Bühne, wo sie sich selbst inszenieren und beobachten können – um dann wieder in den bedrohlichen dunklen Videokabinen zu verschwinden. Dort fühlt man sich wie im Bauch eines Wals – und dort werden Tomahawkraketen nachgeahmt oder Theaterklassiker abgespielt.
Das ist Samuel Becketts Video "Not I" von 1977, ein Mund auf der verzweifelten Suche nach sich selbst. Keine Angst, es kann noch schlimmer kommen, zum Beispiel, wenn die Hysteriker von Tim Etchells "Void Story" das Studio betreten. Oder wenn Rasa Todosijevic beharrlich fragt: Was ist Kunst?
Das Einzige, was man der Ausstellung vorwerfen kann, ist ihre Heterogenität. Aber so ist nun mal die Lage bei Sprachinstallationen. Der Besucher muss sich selber durchwursteln, sagt Kuratorin Iris Dressler.
"Was uns interessiert hat, ist die Beziehung zwischen dem Ästhetischen, dem Politischen und dem Performativen der Stimme. Die Stimme, die ja nicht nur etwas bezeichnet, sondern die tut ja auch etwas."
Das ist der politische Aspekt – das ist vor allem die Dritte Welt, auch die kommt weidlich vor. Ja, die Stimme tut etwas, sie kolonisiert, sie organisiert Protest und Widerstand, sie politisiert, sie verhört, spricht Urteile und macht Liebeserklärungen. Alles in dieser Ausstellung ...
Die Linguistik als Wissenschaftsmode hat ihren Höhepunkt weit überschritten, die Soundinstallation im Kunstbetrieb dagegen steht in voller Blüte. Und es geht dabei oft um Stimmqualitäten. Das Irritierende ist ja, dass man von dem wohltönenden Organ eines Nachrichtensprechers nicht unbedingt auf gutes Aussehen schließen kann... Nein, die Stimme führt ein Eigenleben, und die Stuttgarter Ausstellung lässt sich darauf ein. Die Kuratorin Iris Dressler erzählt dem Besucher als Erstes jenen Witz, mit dem auch der Stimmtheoretiker Mladen Dollar gern aufwartete:
"Es gibt da also einen Schützengraben in Italien, und der General sagt: zum Angriff, Männer! Und er sagt es zum zweiten Mal und zum dritten Mal, und nichts passiert, und irgendwann kommt da eine dünne Stimme, die sagt: che bella voce! Was für eine schöne Stimme."
Wenn die schöne, bisweilen auch die hässliche Stimme zum Bedeutungsträger von Videokunst wird, dann passieren die seltsamsten Dinge. Menschen bringen ihr Leid in gesungener Form vor (wie bei dem Kolumbianer Juan Manuel Echevarría), abgerichtete Papageien bekämpfen einander mit den Worten "Krieg" und "Frieden", predigende Campartisten wie der Spanier José Pérez Ocana mischen in Barcelona die Ramblas mit einer schwulen Prozession auf. Frühe stumme Videos von John Baldessari zeigen, wie der Künstler eine Pflanze zum Sprechen bringen will; man sieht eine Vorlesung des wild gestikulierenden Jacques Lacan und der Chinese Yang Zhenzhong beobachtet Passanten aus aller Welt, die den Satz "I will die" intonieren müssen.
Die Stuttgarter Ausstellung ist selber eine Installation: Sie stellt die Besucher wie Schauspieler auf leere weiße Flächen, wie auf eine Bühne, wo sie sich selbst inszenieren und beobachten können – um dann wieder in den bedrohlichen dunklen Videokabinen zu verschwinden. Dort fühlt man sich wie im Bauch eines Wals – und dort werden Tomahawkraketen nachgeahmt oder Theaterklassiker abgespielt.
Das ist Samuel Becketts Video "Not I" von 1977, ein Mund auf der verzweifelten Suche nach sich selbst. Keine Angst, es kann noch schlimmer kommen, zum Beispiel, wenn die Hysteriker von Tim Etchells "Void Story" das Studio betreten. Oder wenn Rasa Todosijevic beharrlich fragt: Was ist Kunst?
Das Einzige, was man der Ausstellung vorwerfen kann, ist ihre Heterogenität. Aber so ist nun mal die Lage bei Sprachinstallationen. Der Besucher muss sich selber durchwursteln, sagt Kuratorin Iris Dressler.
"Was uns interessiert hat, ist die Beziehung zwischen dem Ästhetischen, dem Politischen und dem Performativen der Stimme. Die Stimme, die ja nicht nur etwas bezeichnet, sondern die tut ja auch etwas."
Das ist der politische Aspekt – das ist vor allem die Dritte Welt, auch die kommt weidlich vor. Ja, die Stimme tut etwas, sie kolonisiert, sie organisiert Protest und Widerstand, sie politisiert, sie verhört, spricht Urteile und macht Liebeserklärungen. Alles in dieser Ausstellung ...