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Das elektronische Ohr

Medizin. - Cochlea-Implantate sind elektronische Innenohrprothesen, die hochgradig Schwerhörigen und Tauben wieder eine Chance auf das Hören ermöglichen. Jetzt entwickelten Dresdener Forscher eine neue Generation der Prothesen, die erstmals den Schall im Ohr aufzeichnen.

Von Mirko Smiljanic |
    Die winzigen Mikrophone von Cochlea-Implantaten sind nicht gerade das, was Kinder mögen. Hinters Ohr geklemmt, stören sie einfach nur: Beim Sport und im Bett, beim Raufen und auf dem Spielplatz. Immer wieder gehen die Geräte kaputt und werden repariert oder komplett ersetzt. Die Lösung des Problems ist in Grundzügen bekannt: HNO-Ärzte müssen das Mikrophon implantieren. Wissenschaftler arbeiten zurzeit an drei Verfahren. Beim einfachsten setzen sie das Mikro direkt unter die Kopfhaut, was allerdings Nachteile hat: Kau- und andere Körpergeräusche werden mit übertragen, ebenso Muskelbewegungen. Aufwändiger und erfolgversprechender ist Variante zwei. Dabei detektieren Mediziner der Schall an einem der Gehörknöchelchen mit Laserlicht.

    "Laserlicht ist ja mit einer Wellenlänge versehen, da kann ich Schwingungen von Oberflächen relativ gut detektieren, indem ich die Überlagerungen dieser Lichtwellen, die reflektiert werden, registriere und auswerte. Und diese Schwingungen der Oberflächen sind natürlich dieselben Schwingungen, die wir als Schallschwingungen außerhalb haben. Und so, wie wir die Überlagerung nachmessen können, so können wir das wieder rücktransformieren in elektrische Signale, die dem Schall entsprechen,"

    sagt Hannes Seidler, Akustik-Ingenieur am Universitätsklinikum Dresden. Beim dritten Verfahren schließlich wird ein winziges Mikrophon ins Mittelohr implantiert.

    "Wir gehen den Weg, dass wir direkt ins Mittelohr ein Mikrophon einsetzen, eigentlich ein Schwingungsaufnehmer, der die Schallwellen, die aus dem Außenohr über das Trommelfell in das Mittelohr kommen, direkt abgreift. Auf diese Weise können wir alle Vorteile des Ohres nutzen, sprich Richtwirkung, sprich die Selektion der Vorne-Hinten-Ortung und alles, was dazugehört."

    Bei dieser Methode umgehen die Mediziner zwar das Mittelohr mit seinen trickreich angeordneten Gehörknöchelchen, nutzen aber die Filterfunktion des Schalls durch die Ohrmuschel. Allerdings müssen sie eine Reihe von Problemen lösen. Das erste betrifft die Leistungsfähigkeit.

    "Da geht es darum, dass die Aufnahmemechanik, die Aufnahmeelektronik empfindlich genug ist, entsprechend wenig Rauschen erzeugt, denn wir wollen ja bei sehr geringen Pegeln eine gutes Mikrophonsignal haben, und wir wollen natürlich bei sehr lauten Pegeln ein sicheres Mikrophonsignal ermöglichen. Das zweite ist, ich habe hier ein Implantat im Mittelohr, das ist bezüglich der Materialien sehr kritisch, ich bin vom Mittelohr aus natürlich sehr schnell im Bereich des Gehirns, dort gibt es eigentlich nur zwei Membranen, die dazwischen liegen. Das bedeutet erhebliche Ansprüche an die Materialien, sie müssen biokompatibel sein, eine entsprechende Dichtheit gewährleisten, damit keine Feuchtigkeit beispielsweise in den Sensor hinein kommt und die Materialien, die im Sensor verwendet werden, nicht aus der Kapsel heraus kommen."

    Und zwar über Zeiträume von mindestens fünfzehn Jahren, immerhin sind aufwändige Operationen notwendig, würde wirklich das Mikrophon oder die Steuerelektronik undicht sein. Gleiches gilt für die Funktionstüchtigkeit des Elektronischen Ohrs. Hannes Seidler nutzt für den Notfall eine ohnehin vorhandene Verbindung, über die er unter anderem das Implantat programmiert. Fällt beispielsweise das Mikrophon oder die Stromversorgung aus,…

    "…kann ich ein externes Gerät wieder ans Ohr setzen und über die selbe Schnittstelle die Signale, wie wir es bisher kennen, weiter übertragen, sodass die Lebensdauer des Implantates viel höher sein kann, als es eigentlich in dem Fall wäre."

    Der Patient hätte dann zwar wieder ein Außenmikrophon, könnte aber hören! Ein Problem entfällt übrigens fast vollständig. Es werden zwar überwiegend Babys und Kleinkinder mit Cochlea-Implantaten versorgt, ihr Wachstum macht den Medizinern aber keine Sorgen.

    "Das Wachsen ist im Bereich des Ohres glücklicherweise kaum ein Problem, weil die Strukturen des Mittel- und des Innenohres bereits mit der Geburt in nahezu in ihrer Originalgröße angelegt sind, sodass wir dort relativ gut implantieren können, wir müssen nur geringe mechanische Sicherheiten vorsehen und können dann eigentlich damit rechnen, dass es lange existiert und lange funktioniert."