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Das Ende der Freizügigkeit

Zu den beliebtesten Open-Source-Programmen überhaupt gehörte lange Zeit die Filesharing-Software BitTorrent. Damit dürfte nun aber Schluss sein, denn die gleichnamige US-Firma hält seit der aktuellen Version den Quellcode streng verschlossen. Die Fan-Gemeinde wittert dahinter kommerzielle Interessen.

Von Achim Killer |
    Es gibt eine Reihe von plausibel klingenden Gründen, weshalb die BitTorrent Incorporated den Quellcode der von den Unternehmensgründern entwickelten File-Sharing-Software nicht mehr veröffentlichen will. Das sei notwendig, um Missbrauch zu verhindern, sagt der Präsident Ashwin Navin.

    "Nachdem BitTorrent entwickelt war, gab es unglücklicherweise einige Leute in Deutschland, die sich die Domain BitTorrent.de registrieren ließen. Die nahmen den Client, den wir immer gratis angeboten haben, und verlangten Geld dafür."

    Auch Adware, Software, die Werbung einblendet, sei mit dem BitTorrent-Client schon gekoppelt worden. Geld bekommen habe dafür dann irgendjemand anderes, nicht aber diejenigen, die die Entwicklungsarbeit geleistet haben. Richtig ist, dass Software-Häuser, die Quelltexte unter Verschluss halten, eine sehr viel stärkere Kontrolle über ihre Programme ausüben können als Open-Source-Programmierer. Hinzu komme, dass es mit der Open-Source-Community bei BitTorrent nie soweit her gewesen sei.

    "Es gab nur gut eine Handvoll Leute, die 2001 an der Entwicklung beteiligt waren, vor allem natürlich Bram Cohen, der BitTorrent erfunden hat, und dann noch ein paar Freunde aus der Gegend. Alle diese Leute arbeiten jetzt für BitTorrent Incorporated. Unter diesen Umständen sehen wir keine Grund dafür, den Quellcode zu veröffentlichen."

    Den Ausschlag dafür aber, den Quelltext mit der Version 6.0 des Client nicht mehr zu veröffentlichen, hat sicherlich gegeben, dass die BitTorrent Incorporated im Dezember vergangenen Jahres das Unternehmen µTorrent übernommen hat. Das entwickelte den gleichnamigen alternativen Client. Der war zum einen sehr viel populärer als der so genannte Mainline Client von BitTorrent, und zum anderen nie quelloffen. Die Technik des µTorrent aber ist dann in die 6er Version des Mainline-Client integriert worden. So gesehen, hat sich eigentlich wenig geändert. Außerdem betont man bei dem Unternehmen, dass das BitTorrent-Protokoll weiterhin offen sei. Jenes ist ja insoweit einzigartig, als dass der Up- und Download sehr genau eingegrenzt wird. Man greift also nicht auf ein Verzeichnis zu, das irgendein obskurer Tauschbörsennutzer freigegeben hat und handelt sich dabei eventuell auch gleich Schadsoftware ein, sondern man bekommt genau die geprüfte Datei, die man möchte. BitTorrent ist wahrscheinlich das einzige File-Sharing-Protokoll, über das überwiegend legal Dateien rauf- und runtergeladen werden. Und dieses Protokoll soll weiterhin offen sein. Nun ist aber ein standardisiertes Protokoll eine Sache, seine konkrete Implementierung eine andere. Ashwin Navin allerdings sagt, dass auch Protokoll-Erweiterungen, die der BitTorrent-Client nutzt, veröffentlicht werden.

    "Der BitTorrent-Client wird immer das BitTorrent-Protokoll verwenden, wie es auf der Anwender-Site BitTorrent.org spezifiziert ist. Und jeder alternative Client kann diese Spezifikation verwenden. In diesem Sinne ist es ein offenes Protokoll. Und was die Protokoll-Erweiterungen anbelangt, die notwendig sind, um die Kompatibilität zu gewährleisten, so werden die dort ebenfalls dokumentiert werden, so dass Entwickler davon Gebrauch machen können."

    Das ist wichtig für die Vielfalt der BitTorrent-Clients, die sich mittlerweile herausgebildet hat. Sehr viele verschiedene Gratis- und zumeist Open-Source-Programme, die das Protokoll nutzen, stehen ja mittlerweile im Netz. Und was den eigenen, inzwischen proprietären Client anbelangt, so verspricht der BitTorrent-President:

    "Der BitTorrent-Client wird immer gratis sein. Und ich glaube, für 99,999 Prozent der Anwender ist das Wichtigste."

    So wird es sicherlich sein, schließlich kosten Internet-Clients heute nur noch selten Geld. Es bedeutet allerdings nicht, dass die BitTorrent Incorporated nicht doch versuchen wird, aus ihrer neu gewonnen Marktposition und aus ihrer Abkehr von der Open-Source-Politik Kapital zu schlagen.