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Das Ende des Krieges

Schon Wochen zuvor kursierten an der Front die Gerüchte von einem baldigen Kriegsende. Am 11. November 1918 wurde in Compiègne endlich der Waffenstillstand besiegelt. Doch hohen Verluste, Hunger und Not blieben. Der verwundete Leutnant Hermann Richter schreibt nach seiner Rückkehr aus dem Krieg: "Dass sie einem den Flügel lahmgeschossen haben, ist zu ertragen! Aber hier drinnen! Da ist etwas entzweigegangen! Irgend etwas!"

    8. August 1918 - der alliierte Angriff bei Amiens wird zum "schwarzen Tag des deutschen Heeres". Der Kaiser wird mit den Worten zitiert: "Der Krieg muss beendigt werden." Wenige Wochen später: Matrosenaufstand in Kiel - Wilhelm II. dankt ab. Am 11. November 1918 wird in Compiègne der Waffenstillstand besiegelt.

    Seit dem Hochsommer 1918 rücken die Alliierten vor. Der Brandenburger Erich Sidow schreibt am 8. Oktober:

    "Schreckliche Tage und ein trauriger Rückmarsch liegen hinter uns, denn über die Hälfte unserer Kameraden fehlte uns. Der deutsche Soldat kennt keine Ruhe mehr. Die feindliche Übermacht ist zu groß. Wir machen nun schon seit dem 2. August Tag für Tag mit, ohne Pause. Das geht auf den Geist und auf den Körper. Hoffentlich werden wir bald von all dem Übel erlöst. Alle warten mit Sehnsucht und versteckter Freude auf den Tag, der die Welt neu erstehen läßt. Und dann können wir sagen, es muss sich alles, alles wenden.""

    14 Tage später schickt er die kurze Mitteilung nach Hause:

    "Ich habe gestern das Eiserne Kreuz erhalten. Wie ich darüber denke, wißt Ihr ja. Lieber daheim sein, als derartiger Tand."

    Am Tage des Waffenstillstandes schreibt der französische Offizier Charles René Menard:

    " Nantes, 11. November 1918

    Mein Liebling,

    In einem kleinen bretonischen Dorf, St. Vincent , habe ich das Antlitz Frankreichs glücklich gesehen. Ich bin um 9 Uhr von Nantes abgefahren. Man hatte dort gesagt, dass der Waffenstillstand unterzeichnet wäre. Seit drei Tagen ging unaufhörlich dieses Gerücht und unaufhörlich hat es sich verstärkt; aber die Glocken blieben stumm, man musste die offizielle Bestätigung abwarten. Daher herrschte auch heute morgen in der Stadt noch Ruhe. Die Flaggen waren schon zahlreicher aber man stellte sich darauf ein, mit den für diesen Abend vorbereiteten Illuminierungen noch zwölf Stunden zu warten.

    Um die Mittagszeit verfehlen wir auf unserer Fahrt die Landstraße, die nach links geht, wo wir hätten abbiegen müssen. Wir befinden uns nun in einem Dorf. Rechts das Rathaus, beflaggt, im Hintergrund die beflaggte Kirche und während der Motor des stehenden Wagens keucht: Glocken in vollem Lauf, und eine Schar Kinder, die aus der Kirche kommen: Sechzig, vielleicht hundert kleine Franzosen.

    Herzliche Umarmung mit dem Pfarrer, dessen zitternde Hand die gelbe Depesche hält: "Der Waffenstillstand ist unterzeichnet. Die Kampfhandlungen werden heute um 2 Uhr eingestellt". Händeschütteln mit dem Bürgermeister, man läßt unsere Verbündeten hochleben. "Es lebe Frankreich und es lebe Amerika! Es lebe Foch, es lebe Joffre!" Man dankt Gott und den Poilus; und der Pfarrer zeigt seine große Herz-Jesu-Fahne, die triumphierend über dem Kirchplatz weht.

    Jeder denkt an diejeniegen unter den Seinen, die mit ihrem Opfer diese Stunde ermöglicht haben. Die Tränen rinnen, ohne dass man sie zu verbergen sucht, aber die Gesichter lachen: Das Angesicht Frankreichs ist heiter."

    Der Erste Weltkrieg ist zu Ende. Leutnant Hermann Richter, vier Jahre zuvor als Freiwilliger eingerückt, kommt verwundet nach Hause:

    ""Es war eine trostlose Rückkehr. Die Truppe müde, die Führer verbittert. Letztes Antreten zum Schlussappell in der Garnison. Zum letzten mal "Guten Morgen Leute". Dann fährt ein jeder dahin, wo seine Heimat ist. Ist sie es noch? Auf dem Bahnhof prangen noch die Worte "Seid willkommen, tapfere Krieger" - genauso wie damals, als man zuletzt auf Urlaub war. Aber es ist alles so schmutzig, so träge und so voll Hohn.

    Dass sie einem den Flügel lahmgeschossen haben, ist zu ertragen! Aber hier drinnen! Da ist etwas entzweigegangen! Irgend etwas!"