Dienstag, 07. Mai 2024

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Das Erichsen-Gutachten und die Folgen

Den Hochschulen in Schleswig-Holstein - und somit auch den Studierenden und ihren Professoren - stehen unsichere Zeiten bevor. Gerade hat die Experten-Kommission unter Leitung von Professor Hans-Uwe Erichsen ihr Gutachten zur Entwicklung der Hochschulen im Land vorgelegt. Aufgabe war, die überregionale Konkurrenzfähigkeit sicherzustellen und gleichzeitig Geld einzusparen. Die Quadratur des Kreises also. Manche meinen, dies sei auch - fast - gelungen, allen voran die schleswig-holsteinische Wissenschaftsministerin Ute Erdsiek-Rave (SPD). Andere - besonders kleinere Hochschuleinrichtungen - fürchten um ihre Existenz. Wie das Flensburger Institut für internationales Management mit dem Studiengang Energie- und Umweltmanagement.

09.05.2003
    Dieser Studiengang ist einmalig in der Bundesrepublik: Energie- und Umweltmanagement an der Flensburger Uni. Einmalig ist der fächerübergreifende Schwerpunkt auf dem Gebiet der regenerativen Energien, einmalig ist auch die hochschulübergreifende, internationale Ausrichtung - es besteht eine enge Kooperation mit der Fachhochschule Flensburg und mit der Syddansk Universitet im dänischen Sonderburg. Nun soll der Uni-Studiengang laut Empfehlung des Erichsen-Gutachtens ganz an der Fachhochschule angesiedelt werden. 150 angehende Wirtschaftsingenieure wehren sich dagegen. Sie sind einst aus der ganzen Republik in den hohen Norden gekommen - für dieses Studium.

    Bei einer Verlegung der Studiengangs Energie- und Umweltmanagement an die Fachhochschule ginge der wissenschaftliche Teil der Ausbildung verloren. Die Möglichkeit zu promovieren gäbe es für die Studierenden des Fachbereichs nicht mehr. Was aus der C 4-Professoren-Stelle würde, ist unklar.

    Professor Olav Hohmeyer bezweifelt, dass der Studiengang diese Veränderungen überstehen würde. Wir würden 80 Prozent unserer Studierenden verlieren.

    Das Erichsen-Gutachten bescheinigt zwar dem Studiengang eine hohe Qualität der Ausbildung. Es kritisiert aber, dass die Flensburger Universität letztlich finanziell nicht ausreichend ausgestattet sei, um Wirtschaftsingenieursstudiengänge auch langfristig auf Universitätsstandard halten zu können. Deshalb sei eine Anbindung an die FH ratsam. Die Uni- und FH-Rektoren brüten nun über möglichst kostenneutralen Alternativen, die mit dem Ministerium in Kürze verhandelt werden sollen. Und die Studierenden lassen das Telefon von Hochschulstaatssekretär Hellmut Körner Sturm klingeln:

    Die Studierenden machen eine gute Lobby, wir werden die Vorschläge prüfen, wie alle anderen auch.

    Denn nicht nur den Flensburgern, der ganzen Hochschullandschaft in Schleswig-Holstein stehen einschneidende Veränderungen bevor. Das Uniklinikum Kiel-Lübeck, das bislang rund 40 Prozent des Gesamtetats verschlang, soll Betten abbauen und Studienplätze streichen. Einige kleinere Hochschulstandorte sollen ganz geschlossen werden. Die Kieler Uni büßt voraussichtlich rund 2000 Studienplätze ein. Gewinnerin ist Flensburg: Die Uni soll die gesamte Lehrerausbildung im Land bekommen, die FH mehr Maschinenbau machen - und Energie- und Umweltmanagement unterrichten, was selbst den Rektor der FH-Flensburg Werner Schurawitzki überrascht hat. Er betont, die heutigen Studierenden werden in jedem Fall einen universitären Abschluss machen können, die Veränderungen betreffen erst die nachfolgenden Semester:

    Hochschulministerin Ute Erdsiek-Rave hat zwar schon angekündigt, dass sie die Vorschläge der unabhängigen Erichsen-Kommission möglichst vollständig realisieren wolle. Trotzdem hoffen die Studierenden auf die Einsicht der Politik und kämpfen weiter - wie der Münchner Student Sebastian Meyer, 4. Semester:

    Es macht Spaß, mit vielen für eine Sache zu kämpfen, und ein Erfolg wäre eine Bestätigung, dass man etwas erreichen kann in der Politik für den Umweltschutz und für den Klimaschutz.

    Autorin: Karla Frieben