Archiv


Das Ewige ermessen

Von Westen nach Osten fließt der Ganges, 2700 Flusskilometer sind es von der Quelle im Himalaja bis zum Mündungsdelta in Bengalen. Entlang seines Verlaufes durch Nordindien liegen die wichtiges Kultstätten der Hindus. Heute befinden sich dort die bevölkerungsreichsten und zugleich ärmsten Bundesstaaten Indiens.

Von Michael Magercord |
    Ortsbeschreibung: Himalaja, 4000 Höhenmeter, ein Tal, ein Bergpfad, im Hintergrund: schneebedeckte Gipfel. Wie erscheint in dieser Landschaft ein Reisender? Wie eine flüchtige Erscheinung. Ein Reisender auf der Reise am Heiligen Ganges zumal, der zu heiligen Stätten, heiligen Orten, einer ganzen, heiligen Stadt eilt - kann er, der Flüchtige, überhaupt das Ewige daran ermessen? Und wenn er trotzdem beides wagt: Eilen und bemessen, dann fragt er: "Was ist das hier vorn? Dieser Felsbrocken, bemalt mit zwei Farbklecksen?"

    "Auf diesem Fels befinden zwei Fußabdrücke. Einer stammt von Gott Vischnu, der andere ist von einem Teufel. Teufel sind riesig. Götter sind klein, so klein wie Menschen. Sie können in meinen Körper schlüpfen. Das ist der Beweis."

    Und da hinten, den heiligen Stein im Blick, in der Felswand, die Höhle, Stallanbauten daran, ein kleiner Garten davor?

    "Ein Mahatma-Sadu, ein Einsiedler, er lebte in der Höhle, Sommer wie Winter, 25 Jahre lang. Er bewarf alle, die hier herauf kamen, mit Steinen. Er dachte, sie würden ihn in seiner Schweige-Meditation stören."

    Unten im Tal fließt ein Bergbach. Darin, Wasser umschlungen, schimmert es rosig-orange. Was ist das?

    "Nun ist er tot, seine Leiche wurde in den Fluss geworfen. Die Geier werden sie fressen. Und im Frühling, wenn das Wasser wieder steigt, werden die Knochen in den Ganges gespült, und die Fische werden sie abnagen. Er war ein Gelehrter, und die werden nach der Hindu-Mythologie nicht verbrannt. Auch ich werde irgendwann begraben oder in den Ganges geworfen. Ich zöge den Ganges vor, denn im Ganges könnte ich sogar das Meer erreichen!"

    Kaum am Anfang, schon ans Ende gedacht? Nein, nicht wirklich, denn der Bergbach ist gar nicht der Ganges, der heilige. Noch nicht, einige hundert Höhenmeter tiefer erst fließt er da hinein. Auf 3.000 Metern, in Badrinath, dem letzten indischen Ort vor der Grenze zu Tibet.

    Eine Tempelanlage steht dort, farbenfroh, Glockengebimmel, eine lange Menschenschlange ist davor aufgereiht, auf Einlaß wartend. Und drinnen?

    "Das ist der Haupttempel. Gott Vischnu lebt hier darin", sagt der Tempelwächter.

    "Badrinath ist einer der vier besonders heiligen Stätten der Hindus", klärt der Ingenieur, der Arbeiten überwacht, die den Tempel erdbebensicher machen sollen. "Es ist der Ort, an dem man zu Gott Vischnu betet, um die Freiheit von allen materiellen Dingen zu erleben. Und alles, was der Mensch beeinflussen kann, ist materiell, Ängste, Freude, Geld", sagt er, "nur Gott nicht, denn seine Macht basiert nicht nur auf Glauben, sondern auf Assa. Das ist mehr als Glaube, es ist tiefer, sehr tief".

    Noch ein Tempel steht auf dem Gelände, ein Tempelchen, und davor, da stand Dimri, der 22jährige, der - irgendwann einmal - in Ganges geworfen werden will.

    "Ich bin Priester von Lakschmi. Sie ist die Göttin des Geldes. Was du diesem Tempel spendest, wird dir Gott zurückgeben. Du darfst aber Nichts erwarten, was immer und wann immer dir Gott etwas geben wird, es ist sein Geschenk. Doch Gott ist großzügig und allmächtig."

    "Lakschmi ist eine Göttin, eine Form der Erscheinung von Gott. Sie lebt in diesem Tempel. Ich kann sie nicht sehen, nur manchmal kann ich spüren, dass sie sich im Tempel befindet und ich erkenne ihren Körper in der Steinstatue."

    "Ich bin ein Brahman-Tschari, ein Gelehrter. Nur ich darf in den Tempel hineingehen. Wenn ich meinen Dienst tue, darf mich niemand berühren. Gebe ich dir etwas, werfe ich es dir zu. Und ich muss unverheiratet sein. Wenn ein Mann Kontakt zu Frauen unterhält, wird er unrein."

    Aber mir werde er den Ort zeigen, gleich, in seiner Mittagspause.

    Badrinath ist Wallfahrtsort, Verkaufsstände bieten Souvenirs in allen Formen, Farben, Größen und quäkende DVDs von den heiligen Stätten.

    Früher war es ein Ort der Götter, dann kam die Straße, und darauf die Menschen in Jeeps und Bussen, sagt Dimri. Auch ich kam im Bus, sage ich, und er fügt hinzu, auch seine Familie betreibt einen Souvenir-Shop.

    Der junge Ganges, eng und wild, am Ufer Badestellen. Menschen überall, ärmlich gekleidete, Digi-Cam gerüstete. Priester halten Feiern ab, Ahnengedenken, Menschen hören zu, sprechen Formel nach. "Es sind Brahmanen der niedrigen Kategorie, sie machen es für Geld, ich aber mache es nur für Gott", sagt Dimri. Ich sage: Auch du nimmst Geld an deinem Tempel. "Ja", sagt er, "so ein altes Gebäude zu unterhalten ist teuer".

    Das Ufer ist seit kurzem mit Beton befestigt, Strom aus Generatoren gibt es seit drei, vier Jahren, und bald werde ein Damm gebaut, dann gibt's Elektrizität rund um die Uhr, sagt Dimri, und fügt hinzu: "Da ist kein Friede mehr".

    Am Abend, als die Generatoren laufen und Verstärker und Mikrophone betreiben, da sitzt Dimri wieder im Tempel. Er spielt Tabla und singt heilige Hymnen. Menschen überall, sitzend, singend, schwatzend.

    "Ich bin Priester im Lakschmi-Tempel und nur jemand aus meiner Dimri-Kaste kann darin Priester werden. Man muss der reinste Brahmane sein, von der höchsten Kaste. So ist Gottes Ordnung: Selbst innerhalb meiner Familie gibt es Kastenunterschiede. Wir können zwar untereinander heiraten, aber Priester könnten etwa meine Cousins in unserem Tempel nicht werden."

    "So mag es sein", sage ich und frage Dimri, ob er denn glaube, dass wenigstens noch alle Inder davon überzeugt seien und sich an Gottes Ordnung hielten?

    "Einige Inder schwelgen heute im Luxus, da vergessen sie Gott und seine Ordnung. Sie wollen wie Westler sein, aber sie sind bloß Affen. Sie äffen etwas nach, aber sie übernehmen es nicht ganz, denn diese modernen Inder kennen gar nicht wirklich, was sie nachmachen, und Halbwissen ist schlechter als gar keines. Sie sind zwischen den Kulturen verloren, doch sie sollten sich an Gott erinnern. Wir wissen nicht, was passiert, wenn wir sterben. Wir sollten Gott vertrauen. Darüber muss ich mich mit niemandem streiten, nicht mit diesen modernen Indern und nicht mit dir, denn ich weiß es genau, sonst würde ich nicht darüber sprechen."

    Er schenkte mir noch eine Vischnu-Anstecknadel mit Magnet, ein Souvenir aus dem Shop seiner Familie, es schütze den Reisenden. Am nächsten Morgen fuhr ich mit dem Bus hinunter ins Tal. Am Ganges entlang. Bis nach Rischikesch.

    Ortsbeschreibung: Stadt von 100.000 Einwohnern, Berge im Norden, Flachland im Süden, der Ganges tritt aus dem Himalaja in die nordindische Ebene, breit schon, aber immer noch schnell fließend. Auf einem Ufer die Stadt, der Markt, der Busbahnhof, und auf dem anderen?

    "Kommen Sie, Schauen Sie, dieser Tempel, so schön, schöner als die anderen. Hier die bunten Figuren der Götter: Ganga, Schiva, Krischna, Buddha ..."

    Jeden Abend, direkt am Ufer findet eine Feuerfeier statt. Fackelschalen werden berührt und weitergereicht.

    "Ach, es ist ja so friedlich in Rischikesch", brüllt ein umstehender Mann, "Ich komme jedes Jahr für eine Woche, um meinen Guru zu sehen. Ich betreibe ein Geschäft, ach, welch Ärger jeden Tag, mein Guru sagt: Was gibt dir das? Gib es auf, suche Gott, ziehe umher, werde ein Sadu-Baba." Und? "Ich werde es tun, wenn meine Frau und Kinder versorgt sind, dann ja". Und was meint Ihre Familie dazu? "Nichts, nichts hat die zu meinen, es ist eine Sache nur zwischen mir und Gott."

    Tempel, Pilger ... Heilige Kühe. Das gibt es in Rischikesch, auf der anderen Seite des Ganges. Und was noch?

    In langen Reihen sitzen Sadu-Babas vor den Tempeln, Münzen von Pilgern klimpern in ihren Blechnäpfen...

    "Meine Mutter ist der Ganges, Vater der Gott Schiva", sagt ein junger Mann in orangener Kutte, hält seine Bettelschale hin, dem Reisenden entgegen, und fügt hinzu: "Ten Rupees, please." Zehn Rupien, staunt der Reisende: "So viel?" - "Ich bin ein Sadu-Baba, ich will zur Quelle meiner Mutter fahren, meinen Vater finden." Ein Gottsucher, na schön, sagt sich der Reisende, dann nimm eine Rupie. "Das ist zu wenig." Zu wenig? fragt der Reisende nun, und sagt: Dann gib sie zurück. "Zurück?", fragt nun der Gottsucher, und sagt: "Nein!"

    "Wie viele von diesen Typen hast du gesehen? 200 sagst du. Nein, 2.000 sind es! Und wie viele Menschen leben in Indien? Eine Milliarde. Wieviel Prozent unserer Bevölkerung sind also unproduktiv? Nur ganz wenige. Und woher willst du überhaupt wissen, dass sie unproduktiv sind? Sie sind viel produktiver, als ihr Westler. Bei eurer Produktivität seid ihr ständig verbissen. Diese Leute besitzen nichts, aber sie sind froh. Sie versprühen gute Laune, jedenfalls mehr als du. Und nach deinen Maßstäben gelte ja wohl auch ich als unproduktiv, denn auch ich sitze nur rum."

    Die "Gesellschaft für göttlichen Leben" unterhält ein Aschram, eines der vielen Meditations-Klöster in Rischikesch. Schweigemeditation, Gottesdienste und Vorlesungen - von Swami Padmana-Bhananda.

    Tempel, offene Meditationshallen - und ein Reisender, der nur schnell fragen wollte: "Woher nimmt Indien eigentlich diese Toleranz gegenüber dem Unproduktiven?" - wie erscheint solch ein Reisender in dieser Umgebung?

    "Das grundlegende Begriff unserer Philosophie ist Reinheit von Angst. Schon euer westliches Zeitkonzept von Zukunft und Gegenwart ist aus Angst geboren. Dabei ist, was heute Zukunft ist, morgen schon gestern. Wer das ernst nimmt, hat Angst. Aber Angst gibt es gar nicht. Diese Angst ist deine eigene Kreation, das muss man überwinden. Manchmal passiert was, meist nichts. Es lässt sich jedenfalls nichts vorhersagen, und das ist auch exakt der Grund, warum man keine Angst haben muss, sondern optimistisch sein kann. Warum etwa macht dieser Affe so ein Geschrei?"

    "Er ist optimistisch, dass wir ihm was zu essen geben werden. Er hat keine Angst, er ist optimistisch. Ihr im Westen solltet ebenso optimistisch sein, hier fürchten sich nicht einmal die Affen."

    "Der Fluss fließt. Das Fließen ist wie der Prozess des Denkens. Du erwartest was, es passiert was, es wird Vergangenheit und Erinnerung. Aber ich selbst bin nicht im Fluß, ich sitze am Ufer auf einer Bank, ich bin bloß Beobachter meiner Gedanken."

    Wer sitzt neben mir auf einer Bank am Gangesufer? "Laden Sie mich zum Essen ein", fragte er, und stellte sich vor: Nirenjen Singh heiße er, früher sei er Swami in einem Aschram gewesen, seit fünf Jahren lebt er in Rischikesch auf der Straße. Wovon? Vom Betteln, vom Schnorren, für Faulpelze sei Indien, sagt er, eben ein gutes Land.

    "Das Leben ist ein Witz. Ernsthaftigkeit brauchten wir nur, solange wir Affen waren, und uns ums nackte Überleben kümmern mussten. Aber in unseren vorherigen Leben haben wir Hunger verspürt. Dieser Hunger spielt in diesem Leben noch immer eine Rolle. In kritischen Momenten steigt er wieder auf in der Form von Angst, Gleichgültigkeit und Depression, und die brauchen unser ganzes Essen auf. Dieser Hunger muss bewältigt werden, der einzige Weg ist es, ihn zu erkennen. Beobachte also deine eigenen Gedanken und Erinnerungen, werde bloß zum Zuschauer deiner selbst und ignoriere den Appetit."

    "Na, wie sieht's aus?" fragt er dann den Reisenden, "Gehen wir nun endlich was essen?" Am nächsten Morgen fuhr ich mit dem Zug weiter am Ganges entlang. Nach Osten wendet er sich, Zufluss bekommt er, immer breiter wird er, und träger.

    Ortsbeschreibung: Breiter Fluss - träge. Große Stadt - quirlig. Dazwischen das Ufer, die Ghats, wo Menschen zu Waschungen in den heiligen Fluss steigen und in offenen Krematorien Leichen verbrannt werden. Auf dem Weg dahin ... ja, ist hier Rot oder Grün?

    Hier ist gar nichts mehr. Diese Ampel funktioniert nicht mehr. Nur lose Drähte staken aus der Fassung. Vor Jahren installiert, um den Verkehr in der Millionen-Stadt zu leiten. Und nun? Autos, Mopeds, Fahrrad-Rikschas, Fußgänger, heilige Kühe, alles durcheinander.

    "Die Idee, Ampeln zu installieren, war Quatsch", sagt da ein junger Mann, "So ein Ordnungssystem funktioniert bei uns nicht. Vorn standen Fahrrad-Rikschas, es wurde grün, und bis die in Gang kamen, war's wieder rot. Also rasten die Autofahrer rücksichtslos, um überhaupt mal hinüber zu kommen". Und nun? "Ist es wie früher, alle fahren gleichzeitig, jeder in seinem Tempo - und es funktioniert. Das ist", sagt der junge Mann, "unser System".

    Varanasi, die heiligste Stadt unter den Heiligen. Ort der rituellen Reinwaschung im Heiligen Ganges - und dieses urbane Chaos aus eilenden Menschen, trottenden Wasserbüffeln und Autos, die von ganz allein zu hupen scheinen. Und der Reisende, wie erscheint er in diesem Durcheinander, wenn er fragt: Wo geht's hier zum Ganges?

    "Einmal musste auch ich im Ganges baden, meine Mutter war gestorben, ihre Asche in den Fluss gestreut, da sagte mein Vater: Nun tauch wenigstens kurz einmal hinein, so will es das Ritual. Meines Vaters Befehle waren zu befolgen, als tauchte ich ganz kurz ein. Das würde ich nicht noch einmal tun, der Ganges ist so dreckig. Alles wird hinein geworfen, die Menschen sind völlig gleichgültig geworden. Die Mutter Ganges wird beleidigt, so sollte man eigentlich keinen heiligen Ort behandeln. Viele Menschen nehmen trotzdem ein Bad darin, um ihre emotionalen Bedürfnisse zu befriedigen. Aber kaum Zuhause, duschen sie. Das ist strikt verboten, aber sie tun es. Kaum haben sie sich also von allen Sünden reingewaschen, laden sie sich wieder eine auf."

    Hier entlang? Also zunächst über diesen Markt?

    "Eine Holzklarinette soll ich kaufen? Nein, vielen Dank, brauche ich nicht, bin unmusikalisch."

    "Und die Schlange, die lassen wir mal besser im Topf, bitte. "

    Weiter, vorbei am Kassettenladen und dem Gott-Schiwa-Geplärre ...

    ... und der langen Reihe von Sadu-Babas mit ihren Bettelschalen am Weg zum Fluß.

    "Die sozialen Unterschiede, die man zu sehen meint, sind bloß materielle Unterschiede. Du bist ein Priester aus der Brahmanen-Kaste, kannst ein armer Tropf sein, trotzdem wirst du dich gesellschaftlich höher stehend fühlen, als ein Generaldirektor. Geld ist noch kein sozialer Maßstab in Indien. Das liegt am Kastensystem. Aber auch das ändert sich. Das Kastensystem spielt zwar noch eine große Rolle in der politischen Diskussion, aber in unserem Privatleben nimmt auch seine Bedeutung langsam aber stetig ab. Im täglichen praktischen Leben denken wir sowieso kaum an die religiösen oder philosophischen Grundsätze. Wenn ich einen Bettler sehe, dann sage ich nicht: der ist arm, weil er im vorherigen Leben Schlechtes tat, sondern ich denke, er ist Analphabet oder ein fauler Kerl."

    Ein Mädchen. Namaste, willkommen heißt du mich? Danke, mein armes Kind, und nimm die Rupie ... Wie, ihr auch noch alle? Aber ich doch nicht ganz Indien durchfüttern. Fragt mal eure neureichen Landsleute ...

    "Hallo ...."

    Noch ein Mädchen? Für dein Götterbild mit der bunten Lichterkette drumrum soll ich was spenden? Was hab ich damit zu tun? ...

    "Für einen Hindu ist es letztlich egal, ob er an Gott glaubt, er folgt den Ritualen und Bräuchen, und ist ein Hindu. Du kannst Atheist sein, und bist trotzdem ein Hindu. Ich kannte einen, der früher Fabrikdirektor in Bombay war, ein reicher Mann. Er stattete seine Ehefrau und die Kinder aus, kleidete sich in ein Leintuch, setzte sich in den Zug nach Varanasi, und von dem Tage an bettelte er, aß, was er kriegen konnte, und schlief, wo's ging. Er hat nicht Gott gesucht, er wollte nur etwas loswerden: nämlich die Sorge um die Familie, das Eigentum oder darüber, ob das Hemd auch gut gebügelt ist."

    Das Ufer des Ganges. Treppenstufen führen hinunter zum Fluß, zu den Ghats, den Ort der rituellen Waschungen ...

    Ein Boot soll ich mir mieten? Um die Leichenverbrennung vom Wasser aus besser beobachten zu können? Nein danke.

    Am Ende der Treppe, sieht man Holzstege übers Wasser erbaut, den ganzen Abend lang werden dort Pujas, heilige Feiern, abgehalten, Priester Menschen um sich scharen, die ihnen zuhören und singen.

    Und das ist also der Ganges an seiner heiligsten Stelle, ein Bad darin führt direkt zur Erlösung ... in dieser Brühe, worin die Kühe, die Hunde, wo Kadaver und Leichen ...

    Und schön soll das auch noch sein. Aber wie erscheint es dem Reisenden? Was könnte der am Ende seiner Reise zu den heiligen Stätten, Orten und Städten am heiligen Ganges noch ermessen. Doch wie erscheint es Doktor Raman, dem einstigen Professer an der philosophischen Fakultät der Hindu-Universität von Varanasi: Was ist es denn nun, das Ewige daran?

    "Freiheit. Es gibt keinen Zwang. Man fühlt sich hier so frei. Wenn man im Ausland ist, will man wieder zurück, weil es so frei ist. So viele Tiere leben auf der Straße, Kühe, Hunde, Wasserbüffel, alle sind frei. Frei wie die Menschen: Jeder kann sich kleiden, wie er will, seine Religion ausüben, denken, lesen, schreiben, wonach ihm der Sinn steht. Soviel Freiheit herrscht in Indien, wie nirgendwo sonst auf der Welt. Wenn man diese Freiheit gewöhnt ist, dann herrscht natürlich keine erkennbare Disziplin. Alles erscheint als Durcheinander. Aber wenn Indien solange auf diese Weise überleben konnte, kann es auch noch 1000 Jahre so weiter machen."