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Das fliegende Auge des Staates

Ferngelenkte Flugdrohnen, die unbemerkt "abnormales Verhalten" aufspüren: Dieses Szenario prüft die EU derzeit im Projekt INDECT. Die deutsche Polizei nutzt unbemannte Fluggeräte bereits als flexiblen und günstigen Hubschrauberersatz. Doch nicht nur Datenschützer warnen vor einem Überwachungsalbtraum.

Von Jeanette Seiffert | 19.10.2012
    Die Aufregung war groß, als vor einigen Monaten das INDECT-Projekt in den Fokus der Öffentlichkeit geriet. Knapp elf Millionen Euro lässt es sich die EU-Kommission kosten, von unterschiedlichen Forschungseinrichtungen und Privatfirmen untersuchen zu lassen, wie unterschiedliche Überwachungstechniken miteinander verknüpft werden können: die Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen, das Anzapfen von Computern und die Durchforstung sozialer Netzwerke.

    Das Ziel laut Projektbeschreibung: Das Aufspüren von "abnormalem Verhalten", das dabei helfen soll, Straftaten zu verhindern, bevor sie passieren. Und, für viele der vielleicht beängstigendste Teil der EU-Pläne: Ist eine Person in den Fokus von Europas "big brother" geraten, soll eine unbemannte und automatisch gesteuerte Drohne aufsteigen und den Verdächtigen verfolgen. Nicht nur für Datenschützer ein wahrer Überwachungs-Albtraum. Auch im Europaparlament regt sich fraktionsübergreifender Widerstand, etwa beim FDP-Politiker Alexander Alvaro:

    "Wenn Kameras im öffentlichen Raum zusammengeschaltet werden, wenn gleichzeitig Internetseiten durchforstet werden, gleichzeitig möglicherweise Drohnen über den Köpfen der Menschen kreisen, da sind Willkür Tür und Tor geöffnet. INDECT macht mir deshalb Sorgen, weil es ein enorm hohes Potenzial einer Grundrechtsgefährdung hat, nämlich die Privatsphäre."

    Wie bereits Ende Juli wollen auch morgen wieder tausende Menschen in ganz Europa gegen die Überwachungspläne des Industriekommissars Antonio Tajani protestieren. Gerade der Einsatz sogenannter Drohnen löst Ängste aus: Kennt man die Geräte doch vor allem aus dem militärischen Kontext. Die
    US-Armee etwa lässt in Pakistan und Afghanistan Terroristen von unbemannten Drohnen aufspüren und töten. Bei der
    EU-Kommission ist man daher bemüht, im Fall der zivilen Überwachungsdrohnen zu beschwichtigen.

    Er wolle daran erinnern, dass es sich lediglich um ein Forschungsprojekt handelt, versichert Marco Malacarne. Er ist bei der EU-Kommission zuständig für das Projekt. In einem Video, das auf der Internetplattform "Youtube" zu sehen ist und sich an die Kritiker von INDECT richtet, lädt er dazu ein, sich auf der öffentlichen Homepage des Projekts über alle Details zu informieren.

    Doch so groß die Aufmerksamkeit für INDECT auch sein mag: Eine viel konkretere Tatsache findet bislang nur wenig Beachtung. Auch über Deutschland kreisen nämlich bereits seit Langem Drohnen. Die Bundespolizei besitzt mehrere davon und überwacht damit das Grenzgebiet oder sichert Gleisanlagen der Bahn. Auch mehrere Bundesländer haben in den vergangenen Jahren Drohnensysteme angeschafft und setzen die unbemannten Fluggeräte für unterschiedliche Zwecke ein: In Sachsen beispielsweise fliegt seit einiger Zeit eine Drohne immer wieder über Fußballstadien. Die Polizei filmt Fans, um gegen die zunehmende Gewalt durch Hooligans vorzugehen.

    Auch Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen besitzen jeweils eine Polizeidrohne. Als erstes Bundesland hat sich Niedersachsen im Jahr 2008 an die neue Technologie herangewagt: Seitdem spürt man dort mithilfe der Drohne illegale Hanfplantagen auf, fotografiert Tatorte oder ermittelt Brandursachen, erklärt Marc Günther von der Zentralen Polizeidirektion in Hannover:

    "Dann sind so Einsatzgebiete wie Dokumentieren polizeilichen Handelns: Wenn wir Sperren aufbauen, zum Beispiel im Vorfeld von größeren Demonstrationsereignissen oder von größeren Spielereignissen wie Fußballeinsätze, machen wir Übersichtsaufnahmen über solche Sperren und können dann eben genau dokumentieren, wo die Polizei eben tätig geworden ist."

    Und auch bei den umstrittenen Castortransporten kam die Drohne zum Einsatz: zum ersten Mal bei den Demonstrationen vor zwei Jahren – was seinerzeit heftige Proteste von Bürgerrechtlern auslöste. Dennoch ist man bei der niedersächsischen Polizei überzeugt von der Technologie. Für Marc Günther, der selbst Drohneneinsätze fliegt, ist es das Einsatzgerät der Zukunft: Wendig, flexibel, vielseitig – und eine schnelle und kostengünstige Alternative zum aufwendigen Hubschraubereinsatz: Ein Drohnensystem ist schon für einige tausend Euro zu haben. Bei Demos oder Großereignissen ist die Drohne häufig mit dabei, um sie bei Bedarf steigen zu lassen:

    "Also, wenn Steine oder sonstige Gegenstände auf Polizeibeamte geworfen werden, oder Randale und Krawall, wo Gegenstände zerstört werden, öffentliches Eigentum zum Beispiel, versuchen wir natürlich, Fotoaufnahmen der Straftäter herzustellen, um dann auch die Strafverfolgung zu gewährleisten. Also, die Option ist zumindest da, das Gerät einzusetzen. Wenn der Einsatzleiter dann entscheidet, es wäre jetzt eben wichtig, entsprechendes Fotomaterial herzustellen, dann steigen wir auf."

    Die Bezeichnung "Drohne" versucht man nach Möglichkeit zu vermeiden: Auch der Polizeibeamte Marc Günther weiß, dass der Begriff militärisch geprägt ist. Deshalb nennt man die Geräte in Niedersachsen "Drehflügler" – in Anlehnung an die vier Arme, an denen die Propeller kreisen. Das klingt zumindest harmloser. Die Aufregung um den Drohneneinsatz kann man weder in seiner Polizeidirektion noch im niedersächsischen Innenministerium nachvollziehen: Luftfahrtrecht und Datenschutz seien beachtet, die Einsätze zudem mit dem Datenschutzbeauftragten des Landes abgestimmt worden.

    "Es ist schade, dass man dieses hervorragende Einsatzmittel durch irgendwelche Scheuklappen, die aufgesetzt werden, den Bürgern irgendwie Angst zu machen: Das ist nicht nötig, wir bewegen uns in allen ganz normalen rechtlichen Grenzen, es gibt jede Menge Kontrollinstanzen, die aufpassen, dass da kein Schmu damit gemacht wird."

    In der Tat gibt es eine Vielzahl von Vorschriften, die einzuhalten sind: Unter anderem müssen Unbeteiligte auf den Fotos unkenntlich gemacht und die Aufnahmen nach der Auswertung wieder gelöscht werden – analog zur Videoüberwachung auf Plätzen oder vom Hubschrauber aus. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht bei der Drohne dennoch einige grundlegende Probleme im Unterschied zur stationären Videoüberwachung - vor allem dass die Drohne flexibel im Luftraum unterwegs ist:

    "Und dass insofern bestimmte Schutzmaßnahmen, die man treffen kann, indem man zum Beispiel den Aufnahmewinkel festlegt, bei so einer Drohne natürlich überhaupt nicht wirken werden. Von einem Hubschrauber unterscheidet sich eine Drohne dadurch, dass sie unbemannt ist und dadurch vielfältiger einsetzbar ist, und zweitens, weil sie aufgrund ihrer geringen Ausmaße leicht übersehen wird, und wenn die Aufnahmen aus einer gewissen Entfernung stattfinden, aus einer gewissen Höhe, ist sie praktisch unsichtbar."

    Einen solchen heimlichen Einsatz gebe es bei der niedersächsischen Polizei nicht, widerspricht Marc Günther:

    "Die Geräuschkulisse ist durchaus da, und wir werden auch bemerkt. Wir gehen aber auch offensiv damit um: Bei solchen Einsätzen würde das also vorher angekündigt. Also, wir machen das jetzt nicht konspirativ, dass wir in Zivilkleidung oder in zivilen Fahrzeugen unterwegs sind, sondern wir sind ganz normal als Polizeibeamte zu erkennen. Das ist ein ganz normales Einsatzmittel, wie ein Fotoapparat, bloß dass wir halt eine andere Trägerplattform sind – nicht mehr und nicht weniger."

    Nicht überall geht man so offen mit dem Drohneneinsatz um wie in Niedersachsen: Das hessische Innenministerium wollte auf Anfrage nicht einmal bestätigen, überhaupt eine Drohne zu besitzen. Aus ermittlungstechnischen Gründen, wie es aus der Pressestelle offiziell heißt. Noch nicht einmal eine parlamentarische Anfrage der Grünen-Fraktion konnte die hessische Polizei dazu bewegen, offenzulegen, wann und unter welchen Umständen die Drohne in Hessen eingesetzt wird. Der grüne Bundestagsabgeordnete Konstantin von Notz – er ist netzpolitischer Sprecher seiner Fraktion - beklagt ebenfalls, dass der Drohneneinsatz bislang weitgehend unter der Decke gehalten wird:

    "Bisher hat man das Gefühl, dass weil dieses Thema in der Öffentlichkeit noch nicht so stark hochgekocht ist, fliegt sozusagen diese ganze Drohnenproblematik unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung. Und die hardlinigen Innenpolitiker sagen: Das ist uns ganz recht, so lange können wir das einfach mal ein bisschen einsetzen. So darf es nicht sein."

    Die Politik allerdings muss sich ganz zwangsläufig immer häufiger mit der Thematik befassen: Anfang des Jahres hat der Bundestag das Luftfahrtgesetz geändert, um den Einsatz von Drohnen erstmals rechtsverbindlich zu regeln – allerdings ohne öffentliche Diskussion. Damit können die "unbemannten Luftfahrtgeräte", wie sie im Gesetz heißen, nun ganz offiziell im deutschen Luftraum verkehren.

    Privatpersonen, Unternehmen oder staatliche Institutionen brauchen dafür nur eine Genehmigung der zuständigen Länderbehörde: Sie entscheidet auch, welche Bedingungen und Einschränkungen dafür gelten. Nur die Linken-Fraktion hat das Gesetz damals abgelehnt, Union, FDP und SPD stimmten dafür. Die Grünen hätten zwar grundlegende Bedenken gegen den Einsatz von Überwachungsdrohnen zu Protokoll gegeben, erklärt Konstantin von Notz – egal ob die Polizei, ob Firmen oder Privatleute Drohnen nutzen. Dennoch habe seine Fraktion nicht gegen das Gesetz stimmen wollen:

    "Wir haben uns enthalten, weil es Drohneneinsatz gibt, zum Beispiel von der Feuerwehr, der hochsinnvoll ist, weil die Feuerwehr diese Drohnen einsetzt, um zu prüfen, ob aus Schornsteinen giftige Gase kommen. Wir haben Verhandlungen geführt, und es war sogar ein großer Erfolg, dass wir dem zuständigen Ministerium abverhandeln konnten, dass der Bundesdatenschutzbeauftragte bei den Regelungen miteinbezogen wird und diese Dinge nur datenschutzkonform eingesetzt werden dürfen."

    Dieser Zwiespalt zwischen der Angst vor der totalen Überwachung einerseits und dem sinnvollen Einsatz andererseits kennzeichnet die Debatte um die Zivildrohnen – und macht pauschale Urteile so schwierig.

    Eine Wiese am Rande eines Wohngebiets nahe Siegen, hinter dem Gebäude der Firma Microdrones. Links und rechts stehen Einfamilienhäuser, auf einer Koppel grasen Pferde - ein idyllischer Anblick. Hier werden unter anderem die Drohnen des Typs MD 4 200 hergestellt, die bei der niedersächsischen Polizei zum Einsatz kommen. Auf dem Gelände ist genug Platz, um die Flugkörper unter Realbedingungen testen zu können. Das Gerät hat einen Durchmesser von etwa einem Meter und besteht hauptsächlich aus Carbon, einem kohlenstoffverstärkten Kunststoff. Dieser macht die Drohne unschlagbar leicht, erklärt Michael Thoss, der Marketingchef von Microdrones. Vor ihm auf dem Boden eine Drohne, die für den Testflug vorbereitet wird.

    "Durch das Piepen teilt uns das Gerät mit, wann es sich in das GPS eingebucht hat. Sobald der Doppelpiep kommt, wissen wir, das Gerät ist jetzt im GPS, und dann können wir starten."

    Es dauert nur ein, zwei Sekunden, dann ist die Drohne in der Luft, mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 Stundenkilometern und gesteuert über eine Software auf einem Laptop. Bestückt ist sie mit einer handelsüblichen Kamera, die den Flug aufzeichnet und die Bilder in Echtzeit auf den Rechner schickt. Theoretisch kann ein Gerät dieses Typs mehrere hundert Meter hoch fliegen, aus rechtlichen Gründen darf sie in Nordrhein-Westfalen aber nicht höher als 150 Meter aufsteigen.

    Bei der Firma Microdrones ist man sich sicher, auf einen Zukunftsmarkt gesetzt zu haben: Abnehmer sind nicht nur Behörden wie Feuerwehr oder Polizei, auch private Unternehmen und Forschungseinrichtungen nutzen die Technik mittlerweile, um etwa Gebiete zu kartieren oder Industrieanlagen zu bewachen.

    Auch Versorgungsunternehmen setzen Drohnen ein, die mit Gasdetektoren ausgestattet sind: Sie fliegen Pipelines ab und messen die Schadstoffkonzentration in der Luft, um Lecks so frühzeitig zu entdecken. Die Geräte besitzen eine offene Schnittstelle: Das heißt, was am Ende an der Plattform hängt, ob Messgerät oder Wärmebildkamera, entscheidet allein der Nutzer. Die Drohne kann auch selbstständig fliegen, indem vorher über ein GPS-Ortungssystem Wegpunkte festgelegt werden. Letzteres aber ist in Deutschland in der Regel nicht erlaubt: In den meisten Bundesländern darf selbst die Polizei nicht quasi blind, sondern nur in Sichtweite fliegen. Technisch sei die Möglichkeiten ohnehin längst noch nicht ausgereizt, meint Michael Toss:

    "Das wird eben noch viel weiter ausgebaut, da sind wir auch gerade an den Anfängen. Weil das eben auch nur momentan aufgrund der Gesetzeslage bestimmten Rahmenbedingungen unterliegt. Das ist wirklich ein limitierender Faktor: Also, unsere Systeme können technisch sehr, sehr viel. Dürfen aber nicht so viel."

    Wer am Ende die Genehmigung erhält, mit einer Drohne aufzusteigen, entscheiden die zuständigen Behörden in den Bundesländern. Und das oftmals sehr unterschiedlich:

    "Baden-Württemberg ist da recht restriktiv. Da ist es dann schon mal schwierig, wirklich für gewerbliche Zwecke Aufstiegsgenehmigungen einzuholen. In Bayern oder NRW ist das recht, wenn man so sagen darf, recht liberal. Also, da zeigen sich die Behörden, ich will nicht sagen flexibel, aber bereit, auch in diese Technologie, oder innerhalb der Technologie auch zu unterstützen. Natürlich auch mit Auflagen, aber Sicherheit geht ja vor, ganz klar."

    Auch im Ausland verkauft sich die Drohnentechnologie hervorragend: Microdrones liefert über Partnerfirmen etwa in die USA, wo die Flugobjekte unter anderem zur Grenzüberwachung eingesetzt werden – und auch nach China. Rückendeckung bekommen die Hersteller dabei vom Bundeswirtschaftsministerium, das die Produktion von Zivildrohnen als einen der großen Wachstumsmärkte ansieht. Bedenken, was mit dieser Technik in weniger demokratischen Staaten angerichtet werden könnte, scheinen dabei eine untergeordnete Rolle zu spielen.

    Unternehmen wie Microdrones wissen, dass ihre Produkte unter einem Akzeptanzproblem leiden – auch hierzulande: Michael Thoss verweist deshalb auf die bisherigen Erfolge der Drohnentechnik: Der Einsatz in Sachsen etwa zur Beobachtung von Hooligans bei Fußballspielen habe sich bewährt:

    "Also, die Sachsener Polizei hat da wirklich hervorragende Ergebnisse mittlerweile. Und sie sagen, seitdem das System schwebt, und selbst ob die Kamera an ist oder nicht – sieht man ja nicht – sind die ruhig. Die Drohne wird durchaus auch in den Fokus ganz bewusst gesetzt, um zu zeigen: Wir sind da, wir haben ein Auge, also benehmt euch!"

    Ob die Bürger eine solche Technik letztlich akzeptieren, hängt nach Ansicht von Hans-Ludger Dienel, Leiter des Berliner Zentrums für Technik und Gesellschaft, vor allem vom Nutzen für den Einzelnen ab: So sei es bereits bei der Videoüberwachung gewesen, und so werde es vermutlich auch bei den Polizeidrohnen sein:

    "Wir waren in unseren Projekten zur Videoüberwachung überrascht, wie hoch die Akzeptanz von Videoüberwachung ist – jedenfalls, solange sie in staatlicher Hand ist. Das Überraschende, jedenfalls in den westlichen Demokratien, ist das gewachsene Vertrauen in den Staat. Im Vergleich etwa zu den 80er-Jahren, wo etwa beim Volkszählungsboykott manifester war als heute. Diejenigen, die noch Datenschutz gegen den Staat durchsetzen wollen, repräsentieren in gewissen Weise eine Datenschutzvorstellung der Vergangenheit."

    Das habe hierzulande auch mit einer neuen Generation, mit den heute unter 30-Jährigen zu tun, die beim Thema Überwachung nicht mehr an die negativen Erfahrungen einer SED-Diktatur denken.

    "Wir haben einerseits einen Generationswechsel, der mit der positiven Erfahrung mit dem Staat insgesamt zu tun hat. Und auch neuer gestiegener Erwartungen gegenüber dem Staat: Heute wollen wieder mehr Leute als etwa in den 90er-Jahren wieder einen starken Staat. Das ist natürlich eine Frage, die von den Alterskohorten unterschiedlich beantwortet wird: Bei jüngeren Menschen ist die Haltung gegenüber Videoüberwachung im Vergleich zu den älteren weniger kritisch."

    Bei der Drohnenüberwachung allerdings könnte das anders aussehen: Der Wissenschaftler hält es durchaus für möglich, dass ein zusätzliches Kameraauge in der Luft bei vielen Ängste wachrüttelt:

    "Alleine der Name: Drohne – oder dieses Verfolgungspotential in privateste Räume hinein. Und dann ist es natürlich auch ein militärisch geprägter Begriff. Das schwingt ja bei dem Begriff mit. Und weckt natürlich auch zusätzliche Ängste. Ähnlich übrigens auch bei dem Projekt INDECT, das klingt ja ein bisschen wie Insekt, also allein von der Angst, die über das Wort auch erzeugt werden kann."

    Das sehen wohl auch die Gegner des EU-Projekts so, die morgen wieder auf Europas Straßen präsent sein werden mit dem Ziel, INDECT zu stoppen, bevor die Überwachungsszenarien real werden. Doch das Forschungsprojekt INDECT, auch darüber wird aktuell nur wenig diskutiert, ist letztlich nur eines von rund 130 Projekten mit ähnlichen Zielen auf EU-Ebene, die derzeit gefördert werden: Deutlich mehr Forschungsgelder fließen etwa in ein Projekt zur halbautomatischen Überwachung von Grenzen mit Hilfe von Patrouillerobotern und Überwachungsdrohnen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar glaubt, dass es am Ende zwei Möglichkeiten gibt, auf diese neuen Überwachungsszenarien zu reagieren: Entweder mit Verdrängung, in dem Bewusstsein es ohnehin nicht verhindern zu können, permanent beobachtet zu werden. Oder aber mit Anpassung:

    "Und beide Verhaltensweisen scheinen mir eigentlich unangemessen. Denn erstens ist es so, dass eben vieles passieren kann. Auf der anderen Seite ist aber eben auch diese Anpassung, finde ich, nicht richtig, weil das nur zu einem Streamlining der Gesellschaft führt, dass man sich im Grunde nur noch so verhält, wie das andere von einem erwarten. Und dieses erwartungskonforme Verhalten, überall, ist letztlich etwas, was mit Freiheitswahrnehmung, was mit Entfaltung von Persönlichkeit überhaupt nicht in Übereinstimmung zu bringen ist."