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Das französische Lager Sangatte

Wo ist Dover? Nur 25 Minuten von hier mit dem Schiff. Aber es gibt keine Chance dorthin zu kommen. Das ist sehr hart.

Michael Fischer | 30.12.2002
    Am Ufer des kleinen Städtchens Sangatte in Nordfrankreich sitzt eine Gruppe illegaler Einwanderer in olivgrüne Militärparkas eingehüllt. Sehnsüchtig blicken die Männer übers Meer. Bei guter Sicht kann man von hier aus die weißen Kreidefelsen von Dover sehen kann. Sie beobachten die Fähren, die vom benachbarten Hafen Calais aus nach England übersetzen.

    Jeden Tag kommen sie hierher, sagt Achmed aus Bagdad, um Hoffnung zu schöpfen. Doch auch das Meer spendet kaum mehr Trost. Über 2000 Menschen aus 55 Nationen – darunter viele Iraker, Afghanen und Sudanesen - warten in dem größten Flüchtlingslager Frankreichs bei Sangatte darauf, in das in ihren Augen "gelobte England" zu kommen.

    Das Lager wird gerade geschlossen. Darauf einigten sich der britische Innenminister David Blunckett und sein französischer Kollege Nicolas Sarkozy Anfang Dezember. Noch vor einem Jahr schafften es immer wieder gleich mehrere hundert Flüchtlinge auf einmal, mit dem Zug durch den Tunnel oder mit der Fähre übers Meer nach England zu fahren und dort Asyl zu beantragen. Diese angeblich von französischer Seite organisierten Massenabschiebungen wollte die britische Regierung nicht mehr länger hinnehmen und drängte seit dem Frühsommer auf eine Lösung des Flüchtlingsproblems in Sangatte.

    Doch auch der französischen Regierung sei an der Schließung gelegen, denn das Lager war den letzten Jahren zu einem Symbol für die Schwierigkeiten Frankreichs und der EU im Umgang mit den illegalen Einwanderern geworden, sagt der für Flüchtlingsfragen zuständige Europaabgeordnete Martin Schulz:

    Es ist ein Symbol dafür, dass die Asylpolitik immer noch nicht abschließend von den Zuständigkeiten her geklärt ist. Es ist uns allen klar: Es ist ein europäisches Phänomen, aber seine Lösung ist nach wie vor nationalstaatlich. Das führt eben dann auch dazu, dass ein Auftreten des Problems wie in Sangatte, wo über Frankreich einreisende Flüchtlinge nach Großbritannien wollen, durch eine bilaterale Übereinkunft zweier Staaten, die beide die Flüchtlinge nicht wollen, jetzt zu Lasten Dritter einen zwischenstaatlichen Akt auch außerhalb der EU machen, um dieses Lager dicht zu machen. Damit ist allerdings das Problem der Flüchtlinge, die ja physisch vorhanden sind, nicht bewältigt.

    Die Schließung des Lagers bei Calais war ursprünglich für Ende April nächsten Jahres geplant. Dass der Termin vorgezogen wurde, überrascht die Flüchtlinge. 1200 von ihnen bekommen von England Aufenthaltspapiere, 350 sollen in Frankreich Asyl erhalten. Die Gruppe der Afghanen soll, so der Tenor des Abkommens zwischen der afghanischen Regierung und der EU,

    zu einer freiwilligen Rückkehr in ihr Land ermutigt werden.

    Was mit den übrigen Lagerbewohnern passieren wird, ist unklar.

    Was nutzt, wenn die Lager zuschließen. Wir bleiben immer hier, wegen der Kälte, wenn es regnet. Ach. Das ist überhaupt kein gutes Heim. Leben ist so. Was wollen die mit den Leuten machen? Abschieben? Einen Arschtritt, los, raus! Nein.

    Was wird mit uns passieren, fragen sich Mohamed und seine Kollegen aus der kurdischen Stadt Kirkuk im Nordirak.

    Diese Zeit ist für uns ist sehr schwierig, weil es draußen sehr kalt ist. Aber auch in der Halle ist es zu kalt. Es gibt zu viele Leute hier. Es gibt Streitereien. Wir können nicht hier bleiben. Wir wollen nach England. Das lässt man uns nicht. Aber Asyl in Frankreich zu beantragen ist schwierig. Das funktioniert nicht.

    In dem riesigen Hangar einer ehemaligen Fabrik campen die illegalen Einwanderer auf einer Fläche von vier Fußballfeldern. Sie werden vom französischen Roten Kreuz betreut. Die große Mehrheit der Flüchtlinge, alleinstehende junge Männer, hausen auf Klappbetten in Militärzelten oder direkt unter der hohen, unbeheizten Wellblechkuppel. Die wenigen Familien leben in beheizten Wohncontainern. Für 2000 Menschen gibt es 14 Duschen, einige Toiletten, eine Krankenstation und drei Mahlzeiten pro Tag. Das sei unzumutbar, kritisiert Lagerleiter Michel Derr:

    Das ist nicht vernünftig. Das habe ich schon immer gesagt, Es ist nicht vernünftig, hier so viele Leute unter solchen Bedingungen unterzubringen. Das ist eine ehemalige Fabrik und keine Herberge. Eine Fabrik kann sicher mal als provisorische Lösung dienen, aber dieses Provisorium dauert jetzt schon dreieinhalb Jahre. Wir haben einige Zelte mit Platz für 12 Klappbetten. Aber sie reichen nicht. Deswegen schlafen viele Leute ohne Schutz in der ungeheizten Halle. Wir haben jedoch genügend Decken. Die vergangenen Winter hatten wir keine größeren Probleme, obwohl die Leute kälteempfindlich sind. Wenn es ihnen kalt ist, verlangen sie halt mehr Decken oder warme Kleidung. So schlimm kann es also nicht sein: Schließlich kommen sie immer noch sehr zahlreich.

    Sangatte ist ein Durchgangslager für illegal eingereiste Flüchtlinge. Als solches ist es einzig in der EU. Es gibt zwar eine Vielzahl unterschiedlicher Lager für Asylsuchende in der EU, die jeder Mitgliedstaat nach eigenem Gutdünken organisiert und verwaltet. Die Besonderheit von Sangatte ist jedoch, dass die Flüchtlinge sich hier bislang ganz legal mit Hilfe des französischen Staates auf die Fortsetzung ihrer Reise nach England vorbereiten können. Dazu beschlagnahmte die französische Regierung im September 1999 die leer stehende Halle der Eurotunnelgesellschaft und beauftragte das Rote Kreuz mit der Betreuung der Flüchtlinge.

    Zuerst waren es Kosovoalbaner, die vor der Fahrt nach Großbritannien in den Parks von Calais campierten. Danach kamen Roma, Bosnier, Afghanen und Kurden. Über 65.000 Leute haben inzwischen das Lager durchlaufen. Am Anfang blieben die Flüchtlinge nur ein paar Tage, bevor ihnen die Überfahrt gelang. Doch nun wohnen einige von ihnen schon mehrere Monate und länger hier und haben sich in der Misere häuslich eingerichtet, sagt Michel Derr. In einer Ecke der Halle ist mit mehreren tragbaren Metallzaunelementen eine kleiner Platz abgetrennt.

    Es gibt auch eine Moschee. Die verschiedenen Volksgruppen und Glaubensrichtungen haben sie selbst geschaffen und organisieren die Benutzung unter sich. Einen Imam gibt es aber glaube ich aber nicht.

    Vor dem Hangar stehen mehrere Bürocontainer, in denen einige Polizistinnen Wache schieben. Auf einem der Bildschirme der Videoüberwachung bewegt sich plötzlich etwas: Eine Gestalt robbt im Graben neben den Eisenbahngleisen des Eurostars entlang. Per Funk alarmiert eine Polizistin ihre Kollegen, die den Bahnbereich patrollieren. Wenig später wird der Flüchtling festgenommen. Er lässt sich widerstandslos abführen. Für beide Seiten ist dies Routine. Jede Nacht marschieren die Flüchtlinge einzeln oder in Gruppen zum mehrere Kilometer entfernten Fähren-Hafen oder zum Bahnhof des Schnellzugs Eurostar, wo sie in Flutlicht getauchte Stacheldrahtzäune, bellende Hunde und uniformierte Wächter erwarten.

    Jede Nacht riskieren einige von ihnen beim Versuch ihr Leben, sich auf LKWs zu verstecken, die auf die Überfahrt nach England warten oder auf vorbeifahrende Züge aufzuspringen, bevor sie in den Tunnel unter dem Ärmelkanal fahren. Jede Nacht werden die meisten von ihnen aufgegriffen und anschliessend mit Polizeieskorte ins Zentrum bei Sangatte zurückgeschickt. "Police-Taxi" nennen die Flüchtlinge ironisch diesen Bus, erzählt Achmed aus Palästina. Seine Familie hat alle Ersparnisse geopfert und sich in Schulden gestürzt, um die lange Reise zu finanzieren, um die Schlepper zu bezahlen und Schiffkapitäne, Lastwagenfahrer oder korrupte Beamten zu schmieren. Versteckt auf Ladeflächen von LKWs, im Kofferraum eines Autos, im Laderaum eines Schiffes und zu Fuß hat er sich seinem Ziel bis auf 30 Kilometer genähert.

    Wir versuchen es. Es ist schwierig, aber manchmal haben einige von uns Glück. Es sind nur 30 Minuten, aber diese 30 Minuten kommen uns vor wie 30 Jahre.

    Ich suche ein besseres Leben, sicher und ohne Krieg, sagt Achmeds Kollege aus dem Irak. Warum ausgerechnet in England? Dafür gibt es zwei Gründe. Erstens ist uns die Sprache schon bekannt. Und zweitens fühle ich mich in England nicht als Ausländer, weil schon so viele Iraker dort leben.

    Warum die Kurden aus dem Irak fliehen, erklärt Martin Schulz:

    Die hatten früher zwei Probleme: Als Kurden waren sie in Türkei unerwünscht. Und als Kurden waren sie verfolgt unmittelbar im Irak. Die Türkei hat ihre Politik den Kurden gegenüber deutlich verbessert. Zumindest bekämpft sie die nicht mehr. Und im Irak ist nach wie vor das Problem so, dass die Kurden große Probleme haben, insbesondere deshalb, weil sich die bisher verfeindeten kurdischen Führer im Norden Irak jetzt mit den Amerikanern gegen Saddam verbünden, was nach natürlich den Hass des Saddam-Regimes gegen die erst richtig schürt und die Verfolgung noch weiter zunimmt. Das ist der Grund, warum die über 1000 Kilometer durch die Türkei durchkommen, irgendwo in den Hafen kommen, in Izmir oder Istanbul und dann plötzlich mim Schiff in Griechenland oder in Süditalien auftauchen.

    Auch Afghanen hätten gute Gründe zu fliehen, sagt Jens Modvig vom Internationalen Rat für die Rehabilitierung von Folter-Opfern:

    Mit Hilfe lokaler Medizinstudenten interviewten wir in drei verschiedenen Flüchtlingslagern in Pakistan - eines nahe der afghanischen Grenze, eines bei Islamabad und eines in Haripur - 477 Haushalte, um herauszufinden, wie viele Menschen Folter ausgesetzt waren. Das vorläufige Ergebnis zeigt, dass mindestens 30 Prozent der Flüchtlinge Opfer verschiedener Formen psychischer oder physischer Folter mit starken Auswirkungen auf ihre Gesundheit geworden sind.

    Zwischen 500.000 und 700.000 Flüchtlinge kommen jedes Jahr illegal in die EU, schätzen Experten - viele von ihnen per Schiff über das Mittelmeer. Griechenland, Italien und Spanien sind die Ankunftsländer, wo die Aufgegriffenen in Lager untergebracht werden, sagt Martin Schulz:

    Ich kenne Lager in Süditalien, wo also Kurden, die über diese berühmten Geisterschiffe verschleppt werden, an Land gehen, die da versorgt werden, am Anfang noch ziemlich solidarisch, inzwischen aber auf Grund der grossen Masse von Italienern doch zunehmend unwillig. Die sind eingezäunt, die werden bewacht, die haben keine Bewegungsfreiheit und vegetieren teilweise unter doch sehr bedenklichen sanitären und menschlichen Bedingungen. Die Italiener, auch in Deutschland oder hier in Belgien, da werden Einzelfallprüfungen soweit wie möglich vorgenommen, aber in der Regel wird doch nach einer gewissen Zeit zur Abschiebung wieder gegriffen. Also eine geordnete Flüchtlingspolitik, die humanitären Grundsätzen und einer sachorientierten Einzelfallprüfung Rechnung trägt, davon ist Europa relativ weit entfernt.

    Zwar ist die Gestaltung der Bereiche Asyl, Flucht- und Arbeitsmigration mit dem Vertrag von Amsterdam größtenteils bereits seit 1999 in die Kompetenz der EU übergegangen. Doch Papier sei geduldig, weiß Martin Schulz. Solange die vielen verschiedenen Richtlinienvorschläge der EU-Kommission zu dem Thema im Ministerrat nicht verabschiedet werden, regelten die Regierungen den Bereich weiterhin national.

    Wir bräuchten längst eine europäische Lösung gerade für den Küstenschutz. Griechenland, Südspanien, Italien. Italien hat 8000 Kilometer Küste zu schützen. Der Schutz der italienischen Küste ist auch der Schutz des dänischen Territoriums, der Schutz des deutschen Territoriums, das ist auch der Schutz von Österreich und der Niederlande. Aber die machen sich natürlich einen schlanken Fuß und sagen: Was haben wir mit der italienischen Küste zu tun. Ist schön zum Urlaub machen. Sollen die mal gucken, wie sie klarkommen.

    In den letzten Jahren hat die EU-Kommission Vorschläge zu einem gemeinsamen europäischen Asylsystem, zu Mindestnormen für die Aufnahme von Asylbewerbern, zu gemeinsamen Regeln beim Massenzustrom von Vertriebenen, zur Zusammenführung von Flüchtlingsfamilien und zur Behandlung illegaler Einwanderer erarbeitet. Alle Gesetzesentwürfe passierten bereits das Europäische Parlament und werden teilweise schon seit Jahren den EU-Innenministern regelmäßig bei ihren Sitzungen vorgelegt – mit magerem Ergebnis. Dass die meisten Vorschläge im EU-Ministerrat auf Eis liegen, hat mehrere Gründe, die teilweise mit der eigentlichen Frage der Zuwanderung nichts zu tun haben.

    Eine Übertragung der Zuständigkeiten für die Sicherung der Außengrenzen werde zum Beispiel von den Regierungen Frankreichs und Großbritanniens abgelehnt, so Martin Schulz, weil sie darin einen weiteren Schritt in Richtung europäischer Bundesstaat sehen. Erschwert werde die Diskussion aber auch, weil seit ein paar Jahren ein Rechtsrutsch in Europa festzustellen sei. Länder wie Spanien, Frankreich, Italien, Österreich und Dänemark werden inzwischen von konservativen Regierungen geführt.

    Die einen sagen wir sind keine Einwanderungsländer. Was hohn ist, wenn man die Lager .. natürlich sind wir Einwanderungsländer. Wir sind illegale Einwanderungsländer, weil man bei uns nur ganz schwer legal einwandern kann. Da gibt’s eben die in der Regel politische Linke, die sagt: Nun lasst uns das anerkennen, wir sind Einwanderungsländer und da muss man das geordnet machen. Und da gibt’s die politische Rechte, die sagt: Wir sind keine Einwanderungsländer und wir wollen die Leute auch gar nicht hier haben. Also, wenn wir das entideologisiert hätten, wären wir einen Schritt weiter. Da das nicht so ist, kommt man auch nicht zu der praktischen Erkenntnis, dass man Zuwanderung so steuern muss, wie die grossen Einwanderungsländer dieses Welt das alle machen, dass man im Rahmen der eigenen Möglichkeiten der kommunalen, der regionalen, der nationalen und des jeweiligen Arbeitsmarkts Zuwanderung ermöglicht. Und die legale normale Einwanderung, die wir übrigens auch demographischen Gründen auch brauchen, trennen von der Asylpolitik. D.h. wir bekennen uns dazu, dass es Leute gibt, die ihr einwandern wollen, weil sie hier leben, und das auch können sollen auf Antrag und nach Verfahren, dann hat man den Bereich, was man heute Wirtschaftsflucht nennt, ausgegliedert von der tatsächlichen politischen Verfolgung.

    Selbst die konservativen Regierungen seien neuerdings an einer Harmonisierung der europäischen Flüchtlingspolitiken interessiert, sagt die Europaabgeordnete der Region Calais, Helen Flautre, allerdings auf niedrigstem Niveau.

    Mit der Blockadepolitik verfolgen die Regierungschefs eine Strategie, die sich an den kürzlich getroffenen Entscheidungen mehrerer Länder beobachten lässt, die Aufnahmebedingungen für Asylsuchenden immer weiter zu verschlechtern. Und erst wenn die Bedingungen in den Augen der Regierungschefs schlecht genug sind, werden sie vielleicht eine Harmonisierung ins Auge fassen. Außerdem wird versucht, für Flüchtlinge ein Auffangbecken an den Außengrenzen zu schaffen, also sie abzufangen, bevor es ihnen gelingt, in die EU zu kommen. In den Verträgen mit Drittländern werden dazu jetzt immer Klauseln ausgehandelt, die diese Länder zwingen, den Flüchtlingsstrom einzudämmen und zu kontrollieren.

    Denn eine Abschiebung ist oft unmöglich, auf jeden aber umständlich und teuer. Bislang ist es einfacher, den Flüchtlingen, die sich bereits auf EU-Territorium aufhalten und aufgegriffen werden, ein Papier in die Hand zu drücken, auf dem steht, dass sie das Land in fünf Tagen verlassen haben müssen. Rein rechtlich dürfen sie in kein anderes EU-Land außer England, das nicht Mitglied des Schengener Abkommens über gemeinsame Grenzkontrollen ist. Da sie in der Regel nicht die Mittel haben, in ihr Herkunftsland zurückzufliegen. Bleibt ihnen nur, unterzutauchen und alleine oder mit Hilfe von Schleppern weiterzureisen. Werden sie unterwegs angehalten, wiederholt sich das Spiel. Die Polizei fordert sie auf, das Land binnen fünf Tagen zu verlassen.

    So kommt es, dass die verschiedenen nationalen Polizeien die selben illegalen Einwanderer mehrere Male hintereinander festnehmen und dann aber – mangels Alternative – wieder laufen lassen. Das ist auch Praxis bei der französischen Polizei. Die rund 300 Flüchtlinge, die sich in den Parks von Calais aufhalten und im Freien schlafen, seit das Lager Sangatte für Neuankömmlinge geschlossen ist, werden aufgegriffen und wenig später mit der ihnen bereits wohlbekannten Auflage wieder laufen gelassen - wie schon in der Zeit, bevor es das Lager gab, kritisiert Helen Flautre:

    Wenn Sie das Lager schließen, aber nichts an der Situation für Asylsuchende weder in Frankreich noch in Europa ändern, wird das in einer akuten humanitären Krise enden, außer man setzt massiv Polizeikräfte ein, um die Flüchtlinge zu zerstreuen und so das Problem unsichtbar zu machen. Und das passiert nun: Massive Polizeieinsätze in der Region Calais, aber auch in ganz Nordfrankreich an den Zufahrtswegen nach Calais. Damit will man die Leute daran hindern, nach Calais zu kommen. Trotzdem gelingt es einigen. Jeden Tag kommen 100 bis 150 Leute zum Rathausplatz von Calais, um sich Essen zu holen, das von lokalen Hilfsorganisationen verteilt wird. Genau das haben wir vorhergesagt, weil die Situation, wie sie zu Beginn des Lagers bestand, nicht verändert wurde. Sicher: Auch wir sind nicht für den Weiterbestand des Lagers. Es ist schließlich kein Drei-Sterne-Hotel. Die Lebensbedingungen dort sind sehr schwierig. Auch wir sind für eine Schließung des Lagers, aber erst, wenn entsprechende Voraussetzungen erfüllt sind.