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Das Gentechnik-Gesetz im Bundestag

Kurz vor der Verabschiedung des Gesetzes zeigen sich die Gegner der Gentechnik zuversichtlich. Nun soll das Nebeneinander von gentechnisch veränderten und von Gentechnik freien Pflanzen so geregelt sein, dass das Verursacherprinzip gilt. Das heißt, dass wer mit dieser Technologie Geschäfte macht, Vorsorge dafür tragen muss, dass die herkömmliche Landwirtschaft nicht geschädigt wird, etwa dadurch, dass die Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen durch unkontrollierte Auskreuzung ihr Erbgut in andere, unmanipulierte Saaten eintragen. Außerdem gibt es Abbruchkriterien, die dafür sorgen, dass wenn das Nebeneinander nicht funktioniert, der Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen in einer Region abgebrochen werden muss. Besonders zufrieden ist man mit den Haftungsregelungen, so auch Heike Moldenhauer, Gentechnik-Expertin beim Bund für Umwelt und Naturschutz.

Von Andreas Baum |
    Ich finde ganz wunderbar an diesem Gesetz, dass diejenigen, die mit dem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen Geld erwirtschaften wollen, auch für die Folgen verantwortlich sind. Das heißt, wenn sie ihre Nachbarn schädigen, insofern, dass die Nachbarn ihre Ernte nicht mehr ungekennzeichnet verkaufen können und damit einen wirtschaftlichen Schaden erleiden, dass diejenigen die den Schaden verursachen, dafür auch finanziell gerade stehen.

    Genau an diesem Punkt herrscht Unversöhnlichkeit zwischen den Interessengruppen. Der deutsche Bauernverband argumentiert, dass die Risiken für die Gentechnik verwendenden Bauern unkalkulierbar groß seien, weil sie bei jeder Verunreinigung von anderen Saaten haften müssten, auch wenn die Schuld gar nicht zweifelsfrei geklärt ist. Versicherungen würden solche Risiken nicht mehr übernehmen, sagt Helmut Born vom Deutschen Bauernverband, das Gesetz sei faktisch ein Gentechnikverhinderungsgesetz.

    Dieses Gentechnikgesetz ist deshalb misslungen, weil es die eigentliche Aufgabe, die drinsteckt, die Koexistenz zu regeln, gar nicht anpackt, sondern das ganze versucht, über eine Haftungsregelung ein streitiges, ein emotional befrachtetes Thema dadurch zu lösen, dass eine derart strikte Haftungsregelung denjenigen bedroht, der Gentechnik anbaut, dass in Deutschland mit diesem Gesetz grüne Gentechnik nicht stattfinden kann.

    Die Landwirte sehen allerdings auch, dass es in Deutschland gar keinen Markt für gentechnisch veränderte Lebensmittel gibt. Die Vorbehalte der Verbraucher sind zu groß. Dennoch wäre es gut gewesen, wenn Deutschland in der Biotechnologie wenigstens hätte forschen können, um sich nicht die Möglichkeit zu verbauen, auf wissenschaftlichem Gebiet Anschluss etwa an die Vereinigten Staaten zu halten. Jetzt aber, so Helmut Born, drohe die Abwanderung von führenden Firmen der Pflanzenzüchtung.

    Ich fürchte, dass der Aderlass an Forschungskapazitäten sich fortsetzen wird. Und wir erleiden hier auf Dauer wahrscheinlich einen Wettbewerbsnachteil, einen Standortnachteil, der sich dann schmerzhaft bei Arbeitsplätzen, nicht nur innerhalb der Landwirtschaft, sondern auch außerhalb, bemerkbar machen wird.

    Klar, dass die Gentechnik-Gegner diese Ansicht nicht teilen. Sie sagen, ganz im Gegenteil, diese Technologie verspricht keine Gewinne in der Zukunft, weil sie sich nicht durchsetzen wird, deshalb, so Heike Moldenhauer vom BUND, könnte Deutschland fast froh sein für jeden Euro, der nicht in die Biotechnologie investiert werde.

    Dass Gentechnik eine Zukunftstechnologie ist, hören wir natürlich immer von interessierter Industrie. Wir sehen das aber nicht so, es ist so, dass es bisher noch überhaupt keine Produkte auf dem Markt gibt, die wir innovativ finden, es gibt ja bisher da nur herbizidresistente Pflanzen und insektengiftige Pflanzen, und wir haben ja in Europa dafür überhaupt keinen Markt. Wenn diese Forschung nicht weitergetrieben wird, sagen wir natürlich: Ganz wunderbar, dass damit nicht irgendwelche Investitionsruinen geschaffen werden.

    Die Befürworter der Gentechnik haben bereits angekündigt, in Karlsruhe überprüfen zu lassen, ob insbesondere die Haftungsregelungen mit dem Grundgesetz vereinbar sind.