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Das Geschäft mit dem Versetzen

Etwa eine Million Menschen gehen zum Pfandleiher, wie der Jahresbericht des Zentralverbandes zeigt. Die Gründe sind vielfältig. Der sinkende Goldpreis macht dem Gewerbe dabei derzeit zu schaffen.

Von Michael Braun |
    Gehaltsnachweis, Schufa-Auskunft, das alles interessiert das Pfandkreditgewerbe nicht. Das hinterlegte Pfand ist die einzige Sicherheit für den ausgezahlten Kredit. Brillanten werden gern genommen, Nobeluhren auch, denn deren Marktwert sinkt kaum mit, wenn der Goldpreis fällt. Dass der in diesem Jahr so eingeknickt ist, macht den Pfandleihern zu schaffen. Denn ihre Sicherheiten, das Gold und der Schmuck, dürften nun deutlich weniger erbringen, wenn sie im Notfall versteigert werden:

    "Das wollen viele Kunden nicht wahrhaben. Die Mitarbeiter im Kundenverkehr haben es dadurch richtig schwierig bekommen. Wir hatten es aber auch zehn Jahre leicht gehabt, weil der Goldpreis immer stieg."

    Das gibt Joachim Struck zu, der Vorsitzende des Zentralverbandes des Deutschen Pfandkreditgewerbes. Rund 120 Unternehmen haben sich in diesem Verband zusammengeschlossen, knapp 80 Prozent aller Leihhäuser. Nach drei Jahren mit im Schnitt zehn Prozent Wachstum, stehen nun stagnierende Umsätze ins Haus. Es liegt vor allem am Goldpreis. 90 Prozent alle Kredite werden durch Gold und Schmuck abgesichert. Weil der Goldpreis fällt, sinkt der Wert des Pfandes, also auch die Kreditsumme. Zumal in solch unsicheren Zeiten der Pfandleiher lieber 25 als 15 Prozent Abschlag vom Marktwert festsetzt, um die Kreditsumme zu berechnen. Doch werden auch andere Gegenstände als Pfad akzeptiert:

    "In unserem Betrieb haben wir sogar schon ein Flugzeug als Pfand akzeptiert und an die Kette gelegt."

    Auch Oldtimer, edle Cabrios und Motorräder werden gern akzeptiert. Dann bleibt es natürlich nicht nur bei den Zinsen für den Kredit von einem Prozent pro Monat. Die Standgebühr für den Oldtimer kommt hinzu, die Gebühren, die bei Krediten von mehr als 300 Euro frei aushandelbar sind, der Unkostenbeitrag von leicht drei Prozent pro Monat. Die möglichen Gewinne hätten Anbieter angezogen, mit denen die etablierten Pfandleiher nichts zu tun haben wollen. Solche etwa, die Autos als Pfand annehmen und gleich zurückvermieten.

    "Dabei schreibt die Pfandleiherverordnung unmissverständlich vor, dass Sicherheiten bei Kreditgewährung einbehalten und verwahrt werden müssen."

    Der Verbandsvorsitzende Struck berichtete, die niedrigen Zinsen hätten den Pfandleihern kaum Konkurrenz beschert. Denn ersten hätten die Banken das Konkurrenzprodukt, den Dispokredit, kaum verbilligt. Und zweitens hielten die Banken schon beim kleinsten Risiko die Taschen zu:

    "Mit dem niedrigen Zinsniveau ist ja auch verbunden, dass die Banken Kreditnehmer suchen, wo sie die loswerden. Und überall, wo ein leichtes Risiko ist: Die Kreditentscheidung heißt null Euro. Diese Zurückhaltung der Banken im Moment, dass sie nicht wissen, wohin mit dem Geld, weil sie nicht genügend gute Kreditnehmer haben – wenn sie die alle als schlechte Kreditnehmer bezeichnen, denen sie nichts geben wollen, das ist enorm. Und das lässt uns einiges offen."

    Vor allem bei Ausländern. Etwa die Hälfte der Kundschaft habe keinen deutschen Pass. Mehr als eine Million Menschen holen sich Geld gegen Pfand. Die Kreditsummen schwanken zwischen zehn und mehreren 10.000 Euro. 92 Prozent aller Kredite werden binnen vier Monaten zurückgezahlt. Nur acht Prozent der hinterlegten Gegenstände werden versteigert.