Das Bild zeigt die perfekte Familie - zumindest auf den ersten Blick: der stolze Vater, die freundlich lächelnde Ehefrau, im Arm ein schlafendes Baby, vor sich einen niedlichen kleinen Sohn. Der zweite Blick lässt das Blut in den Adern gefrieren. Der sympathisch-biedere Ehemann hält ein Armeegewehr in der Hand - eines, wie es wohl Hunderttausende Schweizer zu Hause aufbewahren. Der Lauf der Waffe ist auf das Gesicht der Frau gerichtet.
Das aufrüttelnde Plakatmotiv ist Teil einer Kampagne der Schweizer Frauenzeitschrift "Annabelle". "Keine Schusswaffen zu Hause", lautet die Forderung der Journalistinnen. Von der Diskussion, die sie damit in Gang gesetzt haben, ist Helene Aecherli, eine der Redakteurinnen von "Annabelle" selbst überrascht.
"Ich muss ehrlich sagen, das hat uns überrollt. Wir haben zwar gedacht, das könnte schon noch Aufsehen erregen. Waffen sind in der Schweiz ein sehr heikles, höchst emotionales Thema. Aber dass es derart hohe Wellen schlagen würde, hätten wir nie gedacht."
Helene Aecherli hat die Schusswaffengeschichte für "Annabelle" recherchiert. Auslöser war der Mord an der Skirennfahrerin Corinne Rey-Bellet im Frühjahr. Weil sich die junge Mutter von ihrem Mann trennen wollte, griff der zur Waffe - seiner Armeepistole. In der Schweiz werden jedes Jahr rund 80 Menschen ermordet - eine vergleichsweise geringe Zahl. Was aber aufschreckt, ist der hohe Anteil der Beziehungstaten. Mehr als die Hälfte dieser Morde geschehen in der Familie oder in Partnerschaften, und in 40 Prozent der Fälle greift der Täter zur Waffe.
Helene Aecherli hat noch etwas bewegt: Schilderungen von Frauen, die sich nach ihrem Artikel in der Redaktion meldeten. Die erzählten, wie sie oft jahrelang mit einer Waffe bedroht wurden.
"Frauen erzählten zum Beispiel, dass sie mit der Offizierspistole an der Schläfe zum Geschlechtsverkehr gezwungen wurden, dass ihr Mann das Sturmgewehr zum Beispiel für die Kaninchenjagd im Garten verwendete und dann das geladene Gewehr im Rasen liegen ließ. Es gab auch Frauen, die erzählten, dass die Männer nur darauf hinweisen, was da oben im Schlafzimmerschrank steht - im Fall, dass sie nicht gehorchen."
Auch andere Zahlen lassen aufhorchen. Die Schweiz hat eine der höchsten Suizidraten der Welt. Jedes Jahr setzen rund 1400 Menschen ihrem Leben ein Ende, jeder Vierte greift zur Schusswaffe. Je leichter der Zugang zu den Waffen, desto häufiger benutzen die Betroffenen sie, hat der Zürcher Soziologe Vladeta Ajdacic-Gross in einer Studie nachgewiesen. Von einem strengeren Zugang zu den Waffen erwartet der Wissenschaftler, dass es weniger Tötungsdelikte gibt.
"Die These, wer sich umbringen will, der tut das, ist relativ unbedacht. Wer, um Gottes Willen, möchte sich denn schon umbringen? Nur bei einem kleinen Teil der Suizidenten, bei den Bilanzsuiziden, die vielleicht 10 bis 20 Prozent aller Suizidenten ausmachen, nur bei diesen ist der Entscheid sehr stark definitiv. Bei allen anderen, bei 80 Prozent, spielt die Ambivalenz, spielt die Verfügbarkeit der Methoden eine große Rolle. "
Ajdacic gehört wie die "Annabelle"-Reporterinnen zu denen, die einen erschwerten Zugang zu Schusswaffen fordern. Dagegen aber formiert sich Widerstand. Sportschützen, Waffenvereine und Politiker laufen Sturm. Vom Angriff auf den waffenfähigen Mann, der Haus und Familie zu verteidigen hat, spricht etwa Claudio Zanetti von der Schweizerischen Volkspartei.
"Es ist nicht nur Landesverteidigung. Es ist der bewaffnete Mann, der eine Waffe zu Hause hat, der sich auch verteidigen kann. Es ist nicht nur so, dass der Staat einem ein Gewehr gibt. Nein. Er bringt ihm das Vertrauen entgegen, überträgt ihm aber auch eine große Verantwortung. Und 99,9 Prozent der Männer in der Schweiz üben diese Verantwortung auch gewissenhaft aus. "
Darauf wollen sich Frauen wie Helene Aecherli lieber nicht verlassen. Neun Kartons mit mehr als 17.000 Unterschriften hat "Annabelle" dem Parlament in Bern übergeben. Auch dank ihrer Petition werden sich die Abgeordneten nun bald erneut mit dem Waffenrecht beschäftigen. Die "Weiber", wie sie von empörten Leserbriefschreibern beschimpft wurden, werden Armeepistolen und Sturmgewehre weiterbekämpfen - mit den eigenen Waffen.
Das aufrüttelnde Plakatmotiv ist Teil einer Kampagne der Schweizer Frauenzeitschrift "Annabelle". "Keine Schusswaffen zu Hause", lautet die Forderung der Journalistinnen. Von der Diskussion, die sie damit in Gang gesetzt haben, ist Helene Aecherli, eine der Redakteurinnen von "Annabelle" selbst überrascht.
"Ich muss ehrlich sagen, das hat uns überrollt. Wir haben zwar gedacht, das könnte schon noch Aufsehen erregen. Waffen sind in der Schweiz ein sehr heikles, höchst emotionales Thema. Aber dass es derart hohe Wellen schlagen würde, hätten wir nie gedacht."
Helene Aecherli hat die Schusswaffengeschichte für "Annabelle" recherchiert. Auslöser war der Mord an der Skirennfahrerin Corinne Rey-Bellet im Frühjahr. Weil sich die junge Mutter von ihrem Mann trennen wollte, griff der zur Waffe - seiner Armeepistole. In der Schweiz werden jedes Jahr rund 80 Menschen ermordet - eine vergleichsweise geringe Zahl. Was aber aufschreckt, ist der hohe Anteil der Beziehungstaten. Mehr als die Hälfte dieser Morde geschehen in der Familie oder in Partnerschaften, und in 40 Prozent der Fälle greift der Täter zur Waffe.
Helene Aecherli hat noch etwas bewegt: Schilderungen von Frauen, die sich nach ihrem Artikel in der Redaktion meldeten. Die erzählten, wie sie oft jahrelang mit einer Waffe bedroht wurden.
"Frauen erzählten zum Beispiel, dass sie mit der Offizierspistole an der Schläfe zum Geschlechtsverkehr gezwungen wurden, dass ihr Mann das Sturmgewehr zum Beispiel für die Kaninchenjagd im Garten verwendete und dann das geladene Gewehr im Rasen liegen ließ. Es gab auch Frauen, die erzählten, dass die Männer nur darauf hinweisen, was da oben im Schlafzimmerschrank steht - im Fall, dass sie nicht gehorchen."
Auch andere Zahlen lassen aufhorchen. Die Schweiz hat eine der höchsten Suizidraten der Welt. Jedes Jahr setzen rund 1400 Menschen ihrem Leben ein Ende, jeder Vierte greift zur Schusswaffe. Je leichter der Zugang zu den Waffen, desto häufiger benutzen die Betroffenen sie, hat der Zürcher Soziologe Vladeta Ajdacic-Gross in einer Studie nachgewiesen. Von einem strengeren Zugang zu den Waffen erwartet der Wissenschaftler, dass es weniger Tötungsdelikte gibt.
"Die These, wer sich umbringen will, der tut das, ist relativ unbedacht. Wer, um Gottes Willen, möchte sich denn schon umbringen? Nur bei einem kleinen Teil der Suizidenten, bei den Bilanzsuiziden, die vielleicht 10 bis 20 Prozent aller Suizidenten ausmachen, nur bei diesen ist der Entscheid sehr stark definitiv. Bei allen anderen, bei 80 Prozent, spielt die Ambivalenz, spielt die Verfügbarkeit der Methoden eine große Rolle. "
Ajdacic gehört wie die "Annabelle"-Reporterinnen zu denen, die einen erschwerten Zugang zu Schusswaffen fordern. Dagegen aber formiert sich Widerstand. Sportschützen, Waffenvereine und Politiker laufen Sturm. Vom Angriff auf den waffenfähigen Mann, der Haus und Familie zu verteidigen hat, spricht etwa Claudio Zanetti von der Schweizerischen Volkspartei.
"Es ist nicht nur Landesverteidigung. Es ist der bewaffnete Mann, der eine Waffe zu Hause hat, der sich auch verteidigen kann. Es ist nicht nur so, dass der Staat einem ein Gewehr gibt. Nein. Er bringt ihm das Vertrauen entgegen, überträgt ihm aber auch eine große Verantwortung. Und 99,9 Prozent der Männer in der Schweiz üben diese Verantwortung auch gewissenhaft aus. "
Darauf wollen sich Frauen wie Helene Aecherli lieber nicht verlassen. Neun Kartons mit mehr als 17.000 Unterschriften hat "Annabelle" dem Parlament in Bern übergeben. Auch dank ihrer Petition werden sich die Abgeordneten nun bald erneut mit dem Waffenrecht beschäftigen. Die "Weiber", wie sie von empörten Leserbriefschreibern beschimpft wurden, werden Armeepistolen und Sturmgewehre weiterbekämpfen - mit den eigenen Waffen.