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Das HapMap-Projekt

Genforschung. - Groß wurde sie gefeiert, die Buchstabierung des menschlichen Erbgutes. Groß waren auch die Hoffnungen, was die Nutzbarkeit der Daten für die medizinische Forschung angeht. Doch inzwischen hat sich Ernüchterung unter Forschern und der Biotechnologie-Branche breit gemacht. Die Daten helfen zwar bei der Forschung, aber unterm Strich ist doch alles viel komplizierter als gedacht. Nichtsdestotrotz geht jetzt ein internationales Konsortium mit einem Folgeprojekt an den Start, das die Unterschiede zwischen den Menschen leichter erforschbar machen soll. HapMap-Projekt heißt es und ist in der Genetiker-Szene heiß umstritten.

von Grit Kienzlen |
    HapMap – das klingt nicht nach einem 100 Millionen Dollar Projekt, ist es aber. Ein internationales Konsortium, stark angelsächsisch dominiert und ohne deutsche Beteiligung will die Haplotype Map, zu deutsch Haplotyp Karte erstellen. David Bentley, Koordinator des Projekt am britischen Sanger-Institut informiert die Wissenschaftlergemeinde heute im Fachmagazin nature über Details:
    Die Haplotyp Karte wird eine Karte vom menschlichen Erbgut sein, die in diesem Fall das Muster genetischer Unterschiede zeigt, wie sie in der gesamten Weltbevölkerung vorkommen. So wird sie in erster Näherung die Beschaffenheit der 0,1% des Erbguts beschreiben, in denen wir uns unterscheiden und zwar basierend auf den Daten des Humangenoms, das die 99,9 % charakterisiert, in denen wir exakt übereinstimmen.

    Für das Projekt sollen die Erbgutdaten von 90 europäischstämmigen Amerikanern analysiert werden, von 90 Mitgliedern der Joruba-Volksgruppe in Nigeria, von 45 Japanern und 45 Chinesen. In ihrem Erbgut identifizieren die Forscher solche Abweichungen, die in der Weltbevölkerung besonders häufig vorkommen und daher wahrscheinlich schon seit hunderttausenden Jahren vererbt werden. Dabei gehen sie davon aus, dass die meisten Erbgut-Variationen in allen Bevölkerungsgruppen zu finden sind, aber nicht immer in derselben Häufigkeit. Die Haplotyp Karte soll letztlich zeigen, welche Variationen besonders oft in Kombination auftreten. Eine solche Kombination von Erbgut-Variationen ist dann ein Haplotyp des Menschen.

    Die Idee dahinter: Wenn ein Forscher ein bestimmtes Merkmal oder Krankheitsbild untersucht und ihm fällt auf, dass das Erbgut aller Patienten zum selben Haplotyp gehört, dann müsste die genetische Ursache für ihre Krankheit mit diesem Haplotyp zusammen hängen. Soweit Sogut.
    Kritiker an dem Projekt befürchten, dass Menschen eines Tages aufgrund ihres Haplotyps stigmatisiert werden könnten. Allerdings ist bisher sehr fraglich, wie groß die Aussagekraft solcher Haplotypen überhaupt sein kann, zumal die Massenkrankheiten wie Krebs oder Diabetes nur teilweise genetische Ursachen haben und wenn die Ursache genetisch ist, gibt es wiederum viele verschiedene Defekte, die verantwortlich sein können oder sogar zusammen spielen. Deshalb räumt David Bentley ein:

    Es ist viel diskutiert worden, ob wir aufgrund der Karte Krankheitsgene finden können oder nicht und wenn ja, welche. Aber ich meine, es ist falsch, damit so streng zu sein, denn darum geht es nicht in dem Projekt. Wir versuchen nicht, Krankheitsgene zu finden, sondern wir stellen ein Werkzeug zur Verfügung mit dessen Hilfe andere herausfinden können, wie man Krankheitsursachen entdeckt.

    Ein reichlich teures Werkzeug allerdings. Der Statistiker Joe Terwilliger von der Columbia Universität in New York bemängelt genau dies, dass enorme Summen amerikanischer und britischer Steuergelder in ein Werkzeug fließen, dessen Nutzen möglicherweise in keinem Verhältnis zu den Kosten steht. Aus seiner Sicht geht es darum, die großen Sequenzier-Zentren ausgelastet zu halten nachdem das Humangenomprojekt zu Ende ist.

    Ich denke, sie wollen mit den Kapazitäten, die sie sich aufgebaut haben, lieber Werkzeuge erstellen, anstatt Versprechungen darüber zu machen, welchen Nutzen die Werkzeuge haben. Ein Werkzeug kann man herstellen, sie werden ihre Karte erfolgreich erstellen und es wird ein gewisses Interesse daran geben. Sie werden damit nur nicht die Gesundheitsprobleme lösen, die eigentlich der Grund waren, warum sie die Projektförderung erhalten haben.

    Die Organisatoren des HapMap-Projektes reagieren angesäuert auf solche Nörgeleien. Denn derlei Einwänden haben sie wenig entgegenzusetzen außer dem Totschlagargument für alle Grundlagenforschung, dass man vorher nie wissen kann, was sie an Fortschritt bringt. Die Haplotyp-Karte ist auf alle Fälle beschlossene Sache, die Vorarbeiten abgeschlossen, sagt David Bentley vom Sanger Institut:

    Wir sind jetzt an dem Punkt wo das Projekt richtig los geht, die ersten Datensätze sind da, wir kennen unsere Marschrichtung, aber nicht jede Einzelheit davon und ich habe versucht, das diese Woche in unserer Veröffentlichung darzustellen.