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Das Herz der deutschen Wirtschaft

Fräsgeräusch. Das ist die Maschine, die zum Gotthard geht. Die hat einen Durchmesser von 8,83 Meter. Da sehen wir den Antriebsring, wo dann der Bohrkopf aufmontiert wird. Da werden ungefähr 60 Roll-Meißel draufsein, von denen jeder mit 25 Tonnen gegen den Fels gedrückt wird, und dann den Felsen abrollt. Quasi mit brachialer Gewalt den Fels auffräst.

Barbara Roth |
    Wo immer die monströse Maschine ans Werk geht, bleibt (buchstäblich) kein Stein mehr auf dem anderen. Unermüdlich wird sie sich mehr als 15 Meter pro Tag durch Gesteinsschichten graben und fräsen. Der gigantische Tunnelbohrer ist für den Gotthard in den Schweizer Alpen gedacht. Die Eidgenossen wollen vom Kanton Uri in den Kanton Tessin bis zum Jahr 2014 die mit 57 Kilometer längste Verkehrsröhre der Welt bauen.

    Mit Know-how aus Baden-Württemberg: Die Herrenknecht AG konstruiert und baut diese sogenannten Tunnelvortriebsmaschinen. Am Sitz des Maschinenbauers, im südbadischen Städtchen Schwanau, sind die Einwohner einiges gewohnt: Wenn die Ampeln entlang der Straßen abmontiert werden und die Polizei für ein absolutes Halteverbot sorgt, dann wissen sie: Es ist wieder ein Schwertransport von Herrenknecht unterwegs. Immer öfters werden kreisrunde Stahlkolosse von bis zu 14 Meter 20 Durchmesser auf der Straße zum Rhein ins nahe Kehl transportiert, von wo aus sie in die ganze Welt verschifft werden. Martin Herrenknecht fing vor 25 Jahren klein an; getrieben von der Idee, Tunnel maschinell zu bohren.

    Ich habe in der Schweiz acht Jahre gearbeitet, zwei Jahre in Amerika, dort im Tunnelbau tätig gewesen. Und dann eben die Vision: maschineller Tunnelvortrieb. Ich habe mit 50.000 DM damals begonnen. Bei den Banken meine Großmutter noch vorstellen müssen mit ihren Goldzähnen, das die bürgen konnte. Lacht. Und meine Idee war, mal selber 50 Leute zu beschäftigen und vor allem für die zu sorgen, dass man, sage ich mal, die Löhne sicher stellt, wofür ich so manches Risiko eingehen musste. Das es diese Dimensionen annimmt, hätte ich damals nie gedacht.

    Heute beschäftigt Herrenknecht weltweit an die 1.200 Mitarbeiter. Der Konzernumsatz kletterte im Jahr 2001 um fast 42 Prozent auf knapp 294 Millionen Euro – so hoch wie nie zuvor in der Firmengeschichte. Der Maschinenbauer darf sich ohne falsche Bescheidenheit in seinem Sektor Weltmarktführer nennen; hat er doch bei fast jedem größeren Tunnelprojekt seine Maschinen im Spiel. Berühmt wurde "Trude"; so nannte man fast liebevoll den Riesenbohrer, der beim Bau der vierten Elbtunnelröhre in Hamburg im Einsatz war. "Trude" fraß sich Ende 1997 in die schlammige Erde der Hansestadt und tauchte zweieinhalb Jahre später auf der anderen Seite der Elbe wieder auf. "Trudes" Schwestern bohren sich durch fast alle Arten von Gestein und Dreck, wo immer es eines Lochs bedarf: ob für eine U-Bahn in Peking, für einen Abwasserkanal in Hongkong oder für für einen Straßentunnel in Moskau.

    Auch beim Familienunternehmen Lewa stand am Anfang eine Idee. Zwei Freunde, die sich von einer Ingenieurschule kannten, ließen sich vor 50 Jahren mit einem Konstruktionsbüro in Leonberg bei Stuttgart nieder. Nur ausgestattet mit guten Einfällen legten die cleveren Tüftler in einer primitiven Hinterhof-Werkstatt den Grundstein für einen Betrieb, der heute mit hochspezialisierten Produkten am Weltmarkt tätig ist: Der Maschinenbauer Lewa Herbert Ott GmbH und Co. entwickelt und stellt Pumpen und Pumpenanlagen für die chemische Industrie sowie für die Produktion von Öl und Gas her; Pumpen, die unter hohem Druck Flüssigkeiten präzise dosieren können. Die erste Pumpe hat Herbert Ott mit dem Motorrad zu BASF nach Ludwigshafen transportiert. Der damals 24jährige musste sich Geld vom Onkel leihen, um sich den fahrbaren Untersatz kaufen zu können, erzählt Reinhard Dechow, Sprecher der Geschäftsführung bei Lewa.

    Mit diesen Anforderungen der BASF hat sich das Unternehmen dann eigentlich in eine andere Richtung entwickelt als es die Gründer vor hatten; sie wollten in die Wasseraufbereitung gehen, aber die Anforderungen der BASF, der Chemie, der Prozesstechnik, die gehen weit über das hinaus, was die Wasseraufbereitung erfordert. Und das war aber für diese beiden jungen Ingenieure attraktiv. Das heißt, sie haben sich angehört, was braucht die BASF und sie haben da gute Ideen gehabt und konnten der BASF, die ja auch in einer rasanten Entwicklungsphase war, Lösungen bieten und konnten diese Lösungen verkaufen. Und haben auf diese Art einen doch sehr flotten Start gehabt.

    Der ehemalige Zwei-Mann-Betrieb machte im Jahr 2000 mit 385 Mitarbeitern in Leonberg einen Umsatz von 53 Millionen Euro. In der Firmengruppe wurden weltweit mit 560 Mitarbeitern in über 60 Ländern 90 Millionen Euro umgesetzt.

    Schaffe, net schwätze.

    Das Credo eines schwäbischen Maschinenbauers, das die baden-württembergische Mentalität und Arbeitsauffassung präzise beschreibt. Der Mittelständler, mag er noch so innovativ sein, tritt nur sehr selten ins Rampenlicht; dass Unternehmen wie Herrenknecht und Lewa in ihren Produktfeldern zu den weltweiten Marktführern gehört, das wissen auch in ihrem Heimatland die Wenigsten.

    Der größte Industriezweig in Baden-Württemberg ist nicht etwa die Automobilbranche mit den Flagschiffen DaimlerChrysler und Porsche; sondern die Nummer Eins mit zur Zeit etwa 265.000 Beschäftigten in über 1.600 Unternehmen ist der Maschinen- und Anlagenbau. Im Südwesten gibt es kaum eine Gemeinde ohne ein "Fabrikle". "Wiege des Maschinenbaus", "Mekka der Fertigungstechnik" – das "Ländle" trägt die Titel voller Stolz.

    Die Zahlen sprechen für sich: 32 Prozent aller, mit der Marke "Made in Germany" produzierten Maschinen entstehen zwischen Main und Bodensee. Nach den Angaben des Landesverbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau, VDMA, erwirtschafteten die Unternehmen im Südwesten im Jahr 2001 einen Umsatz von 47,5 Milliarden Euro. Mehr als die Hälfte davon – knapp 30 Milliarden Euro - wurde im Ausland gemacht. Wegen des im Laufe der Jahre enorm gestiegenen Auslandsanteils eilt Baden-Württemberg der Ruf des "Exportweltmeister" voraus.

    Diese Leistung ist um so beachtlicher, da der hiesige Maschinenbau eine Mittelstandsbranche par excellence ist. Der Durchschnittsbetrieb zählt 280 Mitarbeiter; über 95 Prozent der Betriebe beschäftigen weniger als 500 Beschäftigte. VDMA-Präsident Dieter Brucklacher:

    Die Stärke des baden-württembergischen Maschinenbaus sehe ich in der Tatsache, dass wir viele Unternehmen haben, die heute noch Familienunternehmen sind. Die zeichnet aus, dass sie über ein Langfristdenken verfügen, dass bei ihnen nicht kurzfristige Gewinnmaximierung und Ausschüttungspolitik im Vordergrund steht, sondern dass auch die Wertentwicklung eines Unternehmens über einen längeren Zeitraum eines der prinzipiellen Unternehmensziele ist.

    Eine Familie steht in der Regel auch in Krisenzeiten zum eigenen Unternehmen. Und zu ihren Mitarbeitern. Unter den Gesichtspunkten des Shareholder Value oder hire and fire zu handeln, verbietet sich in einem familiären Umfeld, wo jeder jeden kennt; wo es bodenständig zugeht - vom Chef bis hinunter zum Mann hinter der Werkbank und am Schreibtisch. In einem Familienunternehmen wie Lewa etwa, in dem schon der Großvater des Auszubildenden für den inzwischen verstorbenen Firmengründer gearbeitet hat, nimmt der Chef die Verantwortung für seine Leute sehr, sehr ernst.

    Auch wenn die Generation der Tüftler den Ton nicht mehr angibt, weil der Betrieb an die Erben übergegangen ist, besonders erfolgreich sind die baden-württembergischen Maschinenbauer, für die Innovation Chefsache ist. Eine VDMA-Studie vom vergangenen Jahr unterstreicht die Theorie des Lewa-Geschäftsführer Dechow :

    Wo der Unternehmer der Motor ist, wo der Unternehmer auch der Know-how-Träger zum Teil noch ist, und wo der Unternehmer und seine Familie das Unternehmen weiter entwickeln. Und ich glaube, dass das das Typische ist an einem baden-württembergischen mittelständischen Unternehmen. In unserem Unternehmen beispielsweise ist noch nie betriebsbedingt gekündigt worden in der gesamten Geschichte des Unternehmens. Und es gab auch noch nie Kurzarbeit. Das heißt, wir haben es immer geschafft, unsere Mitarbeiter zu beschäftigen, denn wir arbeiten mit Mitarbeitern zusammen, die ein Know-how aufgebaut haben, von dem das Unternehmen lebt. Es ist in der Tat so, dass man sich mit der Firma identifizieren muss im Mittelstand, das geht nicht anders. Das gilt auch für die Mitarbeiter, denen Fleiß, Flexibilität und vor allem Loyalität abverlangt wird. Bis heute bereut es Martin Herrenknecht nicht, sich in der südbadischen Provinz, in seinem Geburtsort Schwanau, angesiedelt zu haben:

    Weil man da auch, sage ich mal, in kritischen Situationen nie den Schwanz einziehen konnte. Wenn ich einen Monteur entlasse, kommt die Großmutter bei mir vor der Kirche vorbei am Sonntag, und scheißt mich zusammen und dann muss ich den am Montag wieder einstellen. Das heißt, es ist diese Verbundenheit mit den Mitarbeitern, die ist viel stärker ausgeprägt wie wenn man irgendwo in der Großstadt wäre, anonym; und dann sagen könnte, wenn die Zahlen nicht stimmen, man macht zu. Man fängt viel mehr an zu fighten in einer schwierigen Situationen.

    Geschenkt wird den Machern nichts. Der Maschinenbau ist ein typisch zyklischer Sektor. Die enge Verzahnung mit anderen Wirtschaftszweigen macht ihn extrem abhängig von den konjunkturellen Hochs und Tiefs. Schon die erste Gewitterwolke am Konjunkturhimmel lässt die Branche im Regen stehen: Die Auftragsbücher bleiben dann leer.

    Zwischen 120.000 und einer halben Million Euro muss der Kunde für eine Druckgießmaschine aus dem Hause Oskar Frech GmbH und Co. hinblättern. Eine Investition, die seine Kundschaft natürlich nur tätigt, wenn sie in naher Zukunft auf eigene Umsatz- und Gewinnaussichten hoffen kann, weiß Michael Marks, der Sprecher der Geschäftsführung. Auf den Anlagen des Werkzeugmaschinenherstellers aus Schorndorf nahe Stuttgart werden etwa Chassis für Mobiltelefone, Notebookgehäuse, sogar Spielzeugeisenbahnen gegossen oder für die Automobilindustrie Zylinderkopfdeckel.

    Hier kommt das Werkzeug rein. Eine Hälfte wird da aufgespannt, eine Hälfte wird hier aufgespannt. Dann wird von der Seite drüben das flüssige Metall eingespritzt. Die Form hat rund 200 Grad, das Metall zwischen 420 und 650, kommt auf die Art des Metalls an. Das heißt, wenn es in eine nur 200 Grad heiße Form kommt, erstarrt das. Dann macht die Form auf und das Teil fällt entweder raus oder es gibt Entnahmegeräte. Ein Großteil unserer Produkte geht zu sogenannten Kundengießern. Das sind Gießereien, die für die verschiedensten Industrien tätig werden. Und ich weiß, dass dieser Kunde sehr stark im Beschlag, im Möbelbeschlag tätig ist. Da werden also Schlösser, Scharniere für Kleiderschränke , für Küchen usw. gemacht.

    Wie heutzutage das Gros der Maschinenbauer hat die Firma Frech sich in ihrem Beritt Spezialwissen erarbeitet und sich so eine Nische erobert, die dem 1949 gegründeten Familienunternehmen das Überleben garantiert. Keine Maschinen wird auf Halte, sondern nur auf Bestellung und im direkten Dialog mit dem Kunden produziert. Jede Anlage, die das Werk in Schorndorf verlässt, ist dem Produkt des Kunden bildlich gesprochen auf den Leib geschneidert.

    Qualität ist heute ein Thema, über das man eigentlich heute nicht mehr spricht, das setzt man voraus. Und bei einem deutschen Maschinenbauer sowieso. Wir sind den Weg gegangen, dass wir versuchen einmal eine komplette Problemlösung anzubieten, also nicht nur die Maschine sondern auch das Werkzeug und die entsprechenden Geräte um die Maschine, um möglichst zu einer automatischen Gießzelle wie wir es nennen zu kommen. Darüber hinaus ist sicherlich ein ganz entscheidender Kriterium das After-Sales-Geschäft, also der Service, den Kundendienst, den sie anbieten können. Denn es hat natürlich seinen Vorteil, dass man in der Nische seinen Wettbewerb und auch sein Kundenspektrum sehr gut, persönlich kennt meistens sogar. Es hat den Nachteil, dass man natürlich in schwächeren Phasen nicht ausweichen kann in andere Bereiche hinein. Sondern sie sind natürlich mit ihrem Produkt in der Nische dann gefangen.

    Der Trend hin zu mehr Service rund um das klassische Firmenprodukt wirkt sich positiv aus. Die Branche erzielt mittlerweile über 20 Prozent ihres Umsatzes mit Dienstleistungen rund um die von ihr verkauften Maschinen.

    Die Konkurrenz schläft nicht. Um bei dem hohen Spezialisierungsgrad noch profitabel arbeiten zu können, sind bestimmte Mindestproduktionsmengen erforderlich. Mengen, die der heimische Markt gar nicht aufnehmen kann, was erklärt, warum für die Maschinenbauer der Export existenznotwendig ist. Zwei von drei Maschinen aus Baden-Württemberg werden mittlerweile ins Ausland verkauft.

    Deutscher "Exportweltmeister" zu sein, ist nicht immer von Vorteil. Besonders hart getroffen wurde die Maschinenbaubranche von der Krise Anfang der neunziger Jahre. Die Unternehmen steckten in der schwersten Rezession der Nachkriegszeit. Die Konjunkturkrisen in den USA und in Westeuropa drückten auf die Umsätze.

    Kein anderes Bundesland verzeichnete in dieser Zeit so hohe Umsatzeinbrüche wie Baden-Württemberg: Von 1992 auf `93 Minus 9,3 Prozent; von 62 sackten die Umsätze auf 55 Milliarden damals noch D-Mark ab. Die Maschinenbauer reagierten mit massivem Stellenabbau: Minus 10 Prozent allein in Baden-Württemberg; in dem einen Jahr waren über 30.000 Arbeitsplätze wegrationalisiert worden. Auch Frech musste sich damals "gesund schrumpfen", erinnert sich Michael Marks:

    Aber nach dem alten Motto "jede Krise ist auch eine Chance" haben wir es angepackt und haben unsere Hausaufgaben – glaube ich – richtig gemacht. Wir haben unsere Flexibilität erhöht ein Mal im Hinblick auf den Einsatz unserer Mitarbeiter, durch hohe Qualifikation der Leute, das heisst die können verschiedene Aufgabenbereiche erfüllen. Und wir haben im Produktbereich erhebliche Anstrengungen unternommen, um unsere Maschinenreihen zu überarbeiten in der Richtung, dass wir heute modulare Systeme in der Richtung haben, die sehr schnell abänderbar sind, mit denen wir sehr flexibel auf Nachfrageschwankungen reagieren können. Und dann natürlich wurde die Internationalisierung weitergeführt, dadurch dass man ausländische Montagestätte eingerichtet hat und damit natürlich auch einen besseren Ausgleich zu dem schafft, was sich in Deutschland abspielt.

    Auch die Gewerkschaft spielte mit. Unterstützt von der IG Metall vereinbarte Michael Marks damals mit dem Betriebsrat neue Arbeitszeitmodelle. Sogenannte Zeitkonten, die in Hoch-Zeiten Mehrarbeit über die 35-Stunden-Woche hinaus erlauben, verhelfen der Firma bis heute zu einem Puffer in wechselnden konjunkturellen Situationen. Ist weniger zu tun ist, feiern die 380 Mitarbeiter die auf den Konten angesammelten Überstunden ab.

    Es überlebte die Krise, wer den Strukturwandel annahm, die Weichen für die Zukunft rechtzeitig stellte. Viele Maschinenbauer haben damals erkannt, dass sie ihren Kunden, ihren Märkten folgen müssen – wenn es sein muss bis nach Asien. Die baden-württembergische Landesregierung half bei diesem Sprung: Auf Wunsch der Politik baute die Landesbank sogenannte Deutsche Häuser, um den Mittelständlern unter anderem in Singapur den Start zu erleichtern. Die bezogen in den Zentren Quartier, bis sie den fremden Markt erkundet hatten.

    Fleiß, Innovationskraft, Zuverlässigkeit und Qualitätsstreben – die Tugenden der Gründergeneration werden im Südwesten noch heute verehrt und hervorgehoben. Die Lust am Tüfteln, die Spürnase für den Markt, die Bereitschaft zum Risiko – heißt es allenthalben – habe aus vielen Hinterhof-Werkstätten mittelständische Multis gemacht. Mit Michael Marks übernahm die dritte Generation das Familienunternehmen Frech, das heute einen Umsatz von 110 Millionen Euro im Jahr macht. Der 48jährige, der mit der Enkelin des Firmengründers verheiratet ist, stammt nicht aus Baden-Württemberg. Sein Eindruck:

    Insbesondere der Maschinenbau - und hier war das noch ausgeprägter als in anderen Ländern hat sehr stark die technische Machbarkeit in den Vordergrund gestellt, das heißt die berühmten Entwickler und Tüftler haben immer versucht, die letzten technischen Entwicklungen auch in ihren Produkten umzusetzen, haben dabei aber das eine oder andere Mal den Markt aus den Augen verloren, in dem Sinne, dass sie nicht darauf geachtet haben, ob der Markt überhaupt bereit war, diese Dinge aufzunehmen. Das heißt, die Ingeniere auf der einen Seite und die Kunden auf der anderen Seite, die ein Produkt gesucht haben, mit denen ihre Aufgaben erfüllt werden konnte, nicht mehr und nicht weniger, haben doch häufiger aneinander vorbei geredet. Und ich glaube, fast alle Maschinenbauer das daraus gelernt, dass sie sich mit ihren Entwicklungen sehr nah am Markt orientieren müssen. Nicht das technisch Machbare unbedingt nur bieten sollten, sondern das bieten sollten, was nachgefragt wird.

    Ausruhen darf sich der Maschinenbau auf seinen Lorbeeren nicht. Wer am Weltmarkt Erfolg haben will, muss immer wieder mit neuen Produkten und Verfahrenstechniken glänzen.

    An pfiffigen Ideen mangelt es nicht. Der Montagespezialist Oku zum Beispiel nahm sich des schwäbischen Urgebäcks, der Brezel, an. Der Maschinenbauer aus Winterbach entwickelte einen Automaten, der das Brezelschlingen übernimmt; bisher muss der Bäcker das Laugengebäck per Hand in seine typische Form bringen. Projektleiter Claus Keck erklärt die Maschine.

    Im Prinzip ist sie eine Problemlösung, wie wir sie täglich erarbeiten. Es gab einfach die Aufgabe, es gibt hier ein Produkt, das bisher manuell montiert oder gehandhabt wird. Beim Schlingen ist es so, die Bäcker fangen an vielleicht mit 700 oder 800, dann gehen sie hoch auf 900, dann im Bio-Rhythmus fallen sie ab. Die Maschine aber arbeitet immer durch.

    Und bringt es auf 4.500 Brezeln in der Stunde. Der künstliche Bäckergeselle mit dem Namen BSA 3000 sei nicht nur fleißiger, er stehe auch ohne Murren in aller Herrgottsfrühe auf, schmunzelt Keck. Fehlt nur noch die Maschine, die die Brezeln mit Butter bestreicht. Die Baden-Württemberger sind dran.