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Das Herz wieder in Takt bringen

Medizin. In Deutschland leiden 1,3 Millionen Menschen an chronischer Herzinsuffizienz, Tendenz: stark steigend. Auf der diesjährigen in Düsseldorf wird als Weltneuheit ein System zur kardialen Resynchronisationstherapie präsentiert, das gegen die Herzschwäche helfen soll.

Von Mirko Smiljanic |
    Das System ist klein wie ein Herzschrittmacher, es wird wie ein Herzschrittmacher implantiert – aber es übernimmt andere Aufgaben.

    "Man muss sich das ungefähr vorstellen, wie ein Gerät, das Motormanagement in einem Motor macht, das macht dieses Gerät fürs Herz","

    nämlich dafür zu sorgen, fährt Andreas Bohne von der Medtronic GmbH Deutschland fort, dass die vier Herzkammern wieder synchron Blut in den Körper pumpen. Während klassische Herzschrittmacher die Pumpleistung beschleunigen, steht bei der kardialen Resynchronisationstherapie, kurz CRT, der Takt im Vordergrund. Herzinsuffizienz-Patienten leiden an einem holpernden und stolpernden Pumpschlag, eine komplexe Elektronik bringt das Herz wieder in einen gleichmäßigen Takt.

    ""Das funktioniert so, dass dieses Gerät elektrische Impulse, die im Herzen natürlicherweise erzeugt werden, aufnehmen kann, und falls diese dann fehlen, entsprechend reagiert mit der Abgabe dieser selbst erzeugten elektrischen Impulse","

    sagt Christoph Bojinski von Medtronic GmbH. Concerto - so heißt das Gerät - misst laufend die vorhandenen elektrischen Impulse, die jeden Pumpschlag des Herzens auslösen und berechnet daraus den Pumprhythmus der Herzkammern. Treten Lücken auf oder sind die Ströme zu schwach, werden gezielt Impulse über zwei feine Drähte in die rechte und linke Hauptkammer des Herzens geleitet. Den Vorgang steuert ein Chip, der wiederum seine Energie von einer ebenfalls implantierten Batterie erhält. Sechs bis acht Jahre hält sie, etwas kürzer als die Batterie eines Herzschrittmachers, der nicht dauerhaft arbeiten muss. Bei Concerto ist das anders, da

    Bohne: ""bei der Herzinsuffizienz die Synchronisation der Herzkammern dauerhaft gestört ist. Und das normalisiert sich nicht spontan. Das ist etwas, was das Leben der Patienten bedroht. und das kann man im Grunde nur dauerhaft mit einer solchen Therapie bekämpfen."

    Möglicherweise bleibt den Patienten sogar eine Herztransplantation erspart. Möglicherweise deshalb, weil es noch keine Erfahrungswerte gibt. Concerto wird zurzeit erstmalig an der Universitätsklinik Heidelberg eingesetzt.

    Keine Erfahrungswerte gibt es zudem mit einer weiteren Funktion: Das Gerät misst, ob sich Wasser in der Lunge staut. Dafür ermittelt es den elektrischen Widerstand zwischen dem Gehäuse des Geräts und den Elektroden im Herzen. Je geringer der Widerstand, desto mehr Wasser staut sich in der Lunge. Die Daten funkt ein Sender nach außen, wo der Patient einen Warnton hört. Die Daten selbst wandern per SMS an eine Notrufzentrale.

    Bohne: "Entscheidend dafür, dass das funktioniert ist, dass all diese Dinge personengemäß und individuell eingestellt werden: ein Prozess, der einige Kenntnis verlangt von einem Arzt und einem Techniker von uns. Diese Warnung, die dieser Wasserstandsmelder abgibt, soll nämlich nicht im letzten Moment erfolgen, sondern soll so zwei, drei Tage vorher erfolgen, bevor es im Ernstfall kritisch würde. Der Effekt ist, der Patient wird nicht notfallmäßig in die Klinik eingeliefert, sondern er kann seinen Arzt anrufen und kann sich Medikamente geben lassen und die Anweisung holen, komm morgen in meine Praxis. Das ist entschieden angenehmer, als auf die Intensivstation zu kommen."