Dirk Müller: Das einzige was zählt ist, dass wir weiterhin regieren werden, war gestern aus der Union zu hören. Es reicht für Schwarz-Gelb, weil gelb so gut gepunktet hat, weniger die Schwarzen. Knapp 34 Prozent, das schlechteste Ergebnis seit 1949. Vor vier Jahren, 2005, hatte Angela Merkel bereits die CDU/CSU mit ihren Stimmenanteilen in den Keller geführt, aber eben auch an den Regierungstisch. Eine Diskussion über das schlechte Abschneiden hat es in den zurückliegenden Jahren nicht wirklich gegeben, höchstens insoweit, dass Friedrich Merz entschieden hat, seine Koffer zu packen. Jetzt also erneut ein schwaches Ergebnis der alten und der neuen Kanzlerin für ihre Partei. Am Telefon ist nun der CDU-Politiker Josef Schlarmann, Vorsitzender der Mittelstandsvereinigung der Union. Guten Morgen!
Josef Schlarmann: Guten Morgen, Herr Müller.
Müller: Herr Schlarmann, wie gut ist die CDU wirklich?
Schlarmann: Die CDU steht sehr gut da. Sie hat von drei Wahlzielen zwei erreicht. Die Große Koalition ist beendet worden. Das ist eine ganz wichtige Entscheidung. Das zweite Wahlziel war, mit der FDP eine Regierung zu bilden. Auch das wird sich einstellen. Das dritte Wahlziel war, ein Ergebnis von 40 plus X nach Hause zu fahren. Das hat sich leider nicht bewahrheitet und das ist der Wermutstropfen.
Müller: Ein Wermutstropfen, mit dem die Partei aber gut leben kann?
Schlarmann: Es sieht so aus und ich glaube, das hat auch seinen Grund. Die Union hat ja in der Großen Koalition mehrere Probleme gehabt. Das war nicht die Lieblingskonstellation, sie passte auch nicht zur Union mit ihren unterschiedlichen Flügeln, und ich bin ziemlich zuversichtlich, dass mit der neuen Regierung auch die Partei sich neu einstellen wird. Wir brauchen keine parteiinterne Diskussion, das wird sich im Laufe der nächsten Jahre von selbst ergeben.
Müller: Jetzt bemerkte gestern ein Kommentator, Angela Merkel ist gut für Deutschland, aber eben nicht für die CDU.
Schlarmann: Das würde ich so nicht sagen. Wir haben ja in Deutschland eine sehr schwierige Konstellation. Wenn Sie die Lager mal in mitte/links und mitte/rechts einteilen, dann haben wir in etwa gleiche Stärken, und bei diesem Verhältnis des Wählerwillens ist es natürlich schwierig, immer Regierungen zu bilden, die handlungsfähig sind, die sicher sind, nicht nur kurzfristige Überlebensdauer haben. Der Wähler hat entschieden, dass wir aus der Großen Koalition eine bürgerliche Regierung bekommen. Die Entscheidung ist, glaube ich, auch richtig, angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise, in der wir uns befinden. Der Wähler hat sehr klug entschieden. Die Parteien werden entsprechend darauf reagieren und ich glaube, wir werden vier Jahre eine sehr stabile Regierung aus Union und FDP bekommen.
Müller: Sie galten ja, Herr Schlarmann, jedenfalls für die Medien und auch für viele Zuhörer in den vergangenen Jahren als der Kanzlerkritiker innerhalb der Union. Sind Sie jetzt ein bisschen weichgespült durch das Ergebnis?
Schlarmann: Nein. Die Medien haben möglicherweise missverstanden, dass meine Kritik der Großen Koalition und der Politik der Großen Koalition gegolten hat, nicht der Kanzlerin. Die Kanzlerin hat natürlich die Politik der Großen Koalition nach außen vertreten und auch verteidigen müssen, und insofern ist die Kritik, die ich an der Großen Koalition geübt habe, auch immer als Kritik an der Kanzlerin verstanden beziehungsweise missverstanden worden. Ich glaube, wir werden zukünftig nicht eine neue oder eine veränderte Kanzlerin erleben, aber wir werden eine Regierung erleben, die die Weichen anders stellt.
Müller: Sie haben aber auch immer wieder gesagt, die CDU muss sich auch den Beschlüssen des Leipziger Parteitages besinnen, also wirtschaftspolitische, wirtschaftsliberale Beschlüsse. Die sind jetzt zumindest aus Sicht der CDU wieder nicht vorhanden.
Schlarmann: Das wird sich herausstellen. Leipzig hat natürlich für die CDU einen wichtigen Akzent gesetzt. Es ging damals darum, den Reformstau zu analysieren und auch zu beseitigen. Inzwischen ist ja sehr viel Wasser die Elbe heruntergelaufen und die Dinge müssen neu definiert werden, wenn ich nur den Arbeitsmarkt sehe. Wenn ich die Zeit von den Leipziger Beschlüssen bis heute nehme, dann hat sich sehr viel auf dem Arbeitsmarkt geändert. Vieles ist wesentlich flexibler geworden und dort müssen wir einen neuen Anlauf machen, aber der wird nicht bei Leipzig wieder anfangen, sondern der wird zunächst mal analysieren müssen, wie ist die Situation heute, was sind die Ziele und die Sicherheitsbedürfnisse auch der Arbeitnehmer, und dann wird man auch dort ein neues Konzept machen müssen. Also die Zeit bleibt ja nicht stehen, sondern läuft weiter. Man kann nicht zu Leipzig zurück. Das ist ein Parteitag gewesen, der in einer ganz bestimmten Situation Antworten auf Probleme der Zeit gegeben hat. Wir müssen heute neue Antworten finden.
Müller: Das war auch in der Zeit der Opposition. Das heißt, wenn man in der Regierung ist, ist alles anders?
Schlarmann: Das gilt ganz allgemein. Man kann natürlich in der Opposition Positionen klarer und deutlicher beschreiben. Wenn man dann Regierungsverantwortung übernimmt, dann taucht neben dem Programmatischen natürlich die pragmatische Seite auf und dort wird dann eben das nicht eins zu eins umgesetzt werden können, sondern man muss auch geeignete Kompromisse schließen können, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren. Was ich der Großen Koalition ja vorgeworfen habe ist, dass pragmatisch entschieden wurde, ohne dass die großen Ziele noch im Blickpunkt geblieben sind.
Müller: Herr Schlarmann, wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, dann gehen Sie davon aus, dass mit Hilfe der FDP die CDU wieder auf den richtigen Pfad kommt?
Schlarmann: Nicht mit Hilfe der FDP, aber mit Hilfe einer Regierung, die aus Union und FDP gebildet wird. Das war bei unionsgeführten Regierungen immer der Fall. Die Regierung bestimmt auch maßgeblich das Leben in der Partei und nicht umgekehrt. Die Union ist ja immer eine Partei gewesen, die von der Regierungsebene agiert hat und auch von der Regierungsebene - das war unter Kohl so, unter Adenauer so - in die Partei hineingewirkt hat, und ich bin ziemlich zuversichtlich, dass sich das auch in den nächsten vier Jahren wieder ergeben wird, so dass wir eine große parteiinterne Richtungsdiskussion, vor allem keine Personaldiskussion brauchen.
Müller: Und Sie vermissen jetzt nicht mehr ein klares politisches Profil von Angela Merkel?
Schlarmann: Das wird sich im Laufe der nächsten Zeit schon etwas deutlicher zeigen. Sie müssen wissen, wir kommen aus vier Jahren Große Koalition. Frau Merkel hat diese Große Koalition geführt und der Wähler hat die Große Koalition abgewählt. Die Umstellung, der Umstellungsprozess wird natürlich eine gewisse Zeit brauchen. Man kann sich nicht von allen Positionen von heute auf morgen verabschieden. Aber wir werden eine neue Richtung bekommen und ich bin da ziemlich zuversichtlich, dass diese Richtung wieder mehr Union im alten Sinne zeigen wird, und das ist ja auch das, was Frau Merkel gestern angekündigt hat, als das bisher der Fall gewesen ist.
Müller: Sie sagen, das wird sich zeigen, das wird jetzt kommen. Das heißt, jetzt ist das Profil noch nicht da?
Schlarmann: Noch steht das neue Regierungsprogramm oder der Koalitionsvertrag nicht.
Müller: Aber es ging ja um das Profil der Kanzlerin, Herr Schlarmann.
Schlarmann: Ja. Es gibt ein Regierungsprogramm, das leider in der Öffentlichkeit zu wenig bekannt ist, aber dieses Regierungsprogramm, an dem wir ja mitgewirkt haben und das wir auch mittragen, kann man schon das neue Profil der Union erkennen. Die Union ist in den Wahlkampf nicht mit einem Programm der Großen Koalition gegangen, sondern mit einem Programm, das die neue Koalitionsregierung mit der FDP vorbereiten sollte.
Müller: Der CDU-Politiker Josef Schlarmann bei uns im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch.
Schlarmann: Gerne! Ich bedanke mich auch, Herr Müller.
Müller: Auf Wiederhören!
Josef Schlarmann: Guten Morgen, Herr Müller.
Müller: Herr Schlarmann, wie gut ist die CDU wirklich?
Schlarmann: Die CDU steht sehr gut da. Sie hat von drei Wahlzielen zwei erreicht. Die Große Koalition ist beendet worden. Das ist eine ganz wichtige Entscheidung. Das zweite Wahlziel war, mit der FDP eine Regierung zu bilden. Auch das wird sich einstellen. Das dritte Wahlziel war, ein Ergebnis von 40 plus X nach Hause zu fahren. Das hat sich leider nicht bewahrheitet und das ist der Wermutstropfen.
Müller: Ein Wermutstropfen, mit dem die Partei aber gut leben kann?
Schlarmann: Es sieht so aus und ich glaube, das hat auch seinen Grund. Die Union hat ja in der Großen Koalition mehrere Probleme gehabt. Das war nicht die Lieblingskonstellation, sie passte auch nicht zur Union mit ihren unterschiedlichen Flügeln, und ich bin ziemlich zuversichtlich, dass mit der neuen Regierung auch die Partei sich neu einstellen wird. Wir brauchen keine parteiinterne Diskussion, das wird sich im Laufe der nächsten Jahre von selbst ergeben.
Müller: Jetzt bemerkte gestern ein Kommentator, Angela Merkel ist gut für Deutschland, aber eben nicht für die CDU.
Schlarmann: Das würde ich so nicht sagen. Wir haben ja in Deutschland eine sehr schwierige Konstellation. Wenn Sie die Lager mal in mitte/links und mitte/rechts einteilen, dann haben wir in etwa gleiche Stärken, und bei diesem Verhältnis des Wählerwillens ist es natürlich schwierig, immer Regierungen zu bilden, die handlungsfähig sind, die sicher sind, nicht nur kurzfristige Überlebensdauer haben. Der Wähler hat entschieden, dass wir aus der Großen Koalition eine bürgerliche Regierung bekommen. Die Entscheidung ist, glaube ich, auch richtig, angesichts der Wirtschafts- und Finanzkrise, in der wir uns befinden. Der Wähler hat sehr klug entschieden. Die Parteien werden entsprechend darauf reagieren und ich glaube, wir werden vier Jahre eine sehr stabile Regierung aus Union und FDP bekommen.
Müller: Sie galten ja, Herr Schlarmann, jedenfalls für die Medien und auch für viele Zuhörer in den vergangenen Jahren als der Kanzlerkritiker innerhalb der Union. Sind Sie jetzt ein bisschen weichgespült durch das Ergebnis?
Schlarmann: Nein. Die Medien haben möglicherweise missverstanden, dass meine Kritik der Großen Koalition und der Politik der Großen Koalition gegolten hat, nicht der Kanzlerin. Die Kanzlerin hat natürlich die Politik der Großen Koalition nach außen vertreten und auch verteidigen müssen, und insofern ist die Kritik, die ich an der Großen Koalition geübt habe, auch immer als Kritik an der Kanzlerin verstanden beziehungsweise missverstanden worden. Ich glaube, wir werden zukünftig nicht eine neue oder eine veränderte Kanzlerin erleben, aber wir werden eine Regierung erleben, die die Weichen anders stellt.
Müller: Sie haben aber auch immer wieder gesagt, die CDU muss sich auch den Beschlüssen des Leipziger Parteitages besinnen, also wirtschaftspolitische, wirtschaftsliberale Beschlüsse. Die sind jetzt zumindest aus Sicht der CDU wieder nicht vorhanden.
Schlarmann: Das wird sich herausstellen. Leipzig hat natürlich für die CDU einen wichtigen Akzent gesetzt. Es ging damals darum, den Reformstau zu analysieren und auch zu beseitigen. Inzwischen ist ja sehr viel Wasser die Elbe heruntergelaufen und die Dinge müssen neu definiert werden, wenn ich nur den Arbeitsmarkt sehe. Wenn ich die Zeit von den Leipziger Beschlüssen bis heute nehme, dann hat sich sehr viel auf dem Arbeitsmarkt geändert. Vieles ist wesentlich flexibler geworden und dort müssen wir einen neuen Anlauf machen, aber der wird nicht bei Leipzig wieder anfangen, sondern der wird zunächst mal analysieren müssen, wie ist die Situation heute, was sind die Ziele und die Sicherheitsbedürfnisse auch der Arbeitnehmer, und dann wird man auch dort ein neues Konzept machen müssen. Also die Zeit bleibt ja nicht stehen, sondern läuft weiter. Man kann nicht zu Leipzig zurück. Das ist ein Parteitag gewesen, der in einer ganz bestimmten Situation Antworten auf Probleme der Zeit gegeben hat. Wir müssen heute neue Antworten finden.
Müller: Das war auch in der Zeit der Opposition. Das heißt, wenn man in der Regierung ist, ist alles anders?
Schlarmann: Das gilt ganz allgemein. Man kann natürlich in der Opposition Positionen klarer und deutlicher beschreiben. Wenn man dann Regierungsverantwortung übernimmt, dann taucht neben dem Programmatischen natürlich die pragmatische Seite auf und dort wird dann eben das nicht eins zu eins umgesetzt werden können, sondern man muss auch geeignete Kompromisse schließen können, ohne das Ziel aus den Augen zu verlieren. Was ich der Großen Koalition ja vorgeworfen habe ist, dass pragmatisch entschieden wurde, ohne dass die großen Ziele noch im Blickpunkt geblieben sind.
Müller: Herr Schlarmann, wenn ich Sie jetzt richtig verstanden habe, dann gehen Sie davon aus, dass mit Hilfe der FDP die CDU wieder auf den richtigen Pfad kommt?
Schlarmann: Nicht mit Hilfe der FDP, aber mit Hilfe einer Regierung, die aus Union und FDP gebildet wird. Das war bei unionsgeführten Regierungen immer der Fall. Die Regierung bestimmt auch maßgeblich das Leben in der Partei und nicht umgekehrt. Die Union ist ja immer eine Partei gewesen, die von der Regierungsebene agiert hat und auch von der Regierungsebene - das war unter Kohl so, unter Adenauer so - in die Partei hineingewirkt hat, und ich bin ziemlich zuversichtlich, dass sich das auch in den nächsten vier Jahren wieder ergeben wird, so dass wir eine große parteiinterne Richtungsdiskussion, vor allem keine Personaldiskussion brauchen.
Müller: Und Sie vermissen jetzt nicht mehr ein klares politisches Profil von Angela Merkel?
Schlarmann: Das wird sich im Laufe der nächsten Zeit schon etwas deutlicher zeigen. Sie müssen wissen, wir kommen aus vier Jahren Große Koalition. Frau Merkel hat diese Große Koalition geführt und der Wähler hat die Große Koalition abgewählt. Die Umstellung, der Umstellungsprozess wird natürlich eine gewisse Zeit brauchen. Man kann sich nicht von allen Positionen von heute auf morgen verabschieden. Aber wir werden eine neue Richtung bekommen und ich bin da ziemlich zuversichtlich, dass diese Richtung wieder mehr Union im alten Sinne zeigen wird, und das ist ja auch das, was Frau Merkel gestern angekündigt hat, als das bisher der Fall gewesen ist.
Müller: Sie sagen, das wird sich zeigen, das wird jetzt kommen. Das heißt, jetzt ist das Profil noch nicht da?
Schlarmann: Noch steht das neue Regierungsprogramm oder der Koalitionsvertrag nicht.
Müller: Aber es ging ja um das Profil der Kanzlerin, Herr Schlarmann.
Schlarmann: Ja. Es gibt ein Regierungsprogramm, das leider in der Öffentlichkeit zu wenig bekannt ist, aber dieses Regierungsprogramm, an dem wir ja mitgewirkt haben und das wir auch mittragen, kann man schon das neue Profil der Union erkennen. Die Union ist in den Wahlkampf nicht mit einem Programm der Großen Koalition gegangen, sondern mit einem Programm, das die neue Koalitionsregierung mit der FDP vorbereiten sollte.
Müller: Der CDU-Politiker Josef Schlarmann bei uns im Deutschlandfunk. Vielen Dank für das Gespräch.
Schlarmann: Gerne! Ich bedanke mich auch, Herr Müller.
Müller: Auf Wiederhören!