Jörg Biesler: Gestern war Bildungsgipfel in Berlin, Angela Merkel traf sich mit den Ministerpräsidenten der Länder und die Bildung allein stand nicht auf der Tagesordnung, sondern wurde verquickt mit dem morgen dem Bundesrat zur Entscheidung vorliegenden Wachstumsbeschleunigungsgesetz.
Also, ein Gipfel war es schon, aber die Bildung selbst kam doch vor allem in Zahlen vor. Wie viel Geld soll dafür ausgegeben werden und wie viel davon trägt der Bund als Ausgleich für die Steuerausfälle der Länder bei der Wachstumsbeschleunigung? Am Telefon ist jetzt Professor Doktor Rolf Dobischat, der Präsident des Deutschen Studentenwerks. Guten Tag, Herr Dobischat!
Rolf Dobischat: Schönen guten Tag, Herr Biesler!
Biesler: Über die Finanzen hat man sich ja offenbar weitgehend geeinigt gestern, aber noch nicht, was eigentlich mit dem Geld passieren soll. Fehlt da ein Konzept?
Dobischat: Ja, ich befürchte es. Ich denke, dieser Bildungsgipfel war überschattet eigentlich von dem, was morgen ansteht, nämlich, dass sich eigentlich morgen ein Deal zwischen den Ländern und dem Bund entwickelt. Die Länder stimmen den Steuersenkungsbemühungen zu und der Bund hat sich bei der Bildung darauf jetzt eingelassen, mehr zu finanzieren, also 40 Prozent der Mittel von diesen 13 Milliarden.
Wenn man aber mal bedenkt, Herr Biesler, dass wir auf dem Bildungsgipfel in Dresden noch jährlich von 60 Milliarden gesprochen haben, so zeigt sich, dass eigentlich ... dass viele, die da sich jetzt mehr erwartet hatten, eigentlich mit Zitronen gehandelt haben und jetzt warten wir wieder. Der Nebel ist nicht gelichtet, alle stochern rum, die entscheidenden Fragen sind nicht beantwortet.
Biesler: 60 Milliarden haben Sie jetzt gesagt, über zwölf bis 13 Milliarden spricht man im Augenblick. Reicht das denn oder ist das dann viel zu wenig und man muss im Grunde noch weitere Anstrengungen unternehmen?
Dobischat: Also, die 60 Milliarden, die seinerzeit in Dresden diskutiert worden sind, die waren schon ziemlich realistisch, aber da hatten wir eine andere Wirtschaftslage. Ich halte 13 Milliarden für überhaupt nicht angemessen, die Unterfinanzierung der Hochschulen überhaupt in einen vernünftigen Angriff zu nehmen.
Biesler: Wie kann man so etwas denn eigentlich feststellen, also, wie ist die Bedarfslage, was wird tatsächlich zum Beispiel an den Hochschulen gebraucht, und wie viel davon könnte man zusammenbekommen? Also, das sind Zahlenspiele im Augenblick, wo eigentlich mittlerweile jeder die Übersicht verloren hat und gar keiner mehr weiß: Wohin geht das Geld eigentlich und woher kommt es?
Dobischat: Das sehe ich genauso. Also, über die Verteilung, also über die konkreten Anlässe, über was im Grunde genommen Geld über ... für was Geld ausgegeben wird, hat man sich ja überhaupt nicht geeinigt. Völlig offen ist: BAföG, Stipendiensysteme, alle die Dinge, Strukturreform Bachelor, Master, all die Dinge, die in den letzten Wochen ja intensiv diskutiert worden sind und auch von den Studierenden beklagt worden sind, und zwar zu Recht beklagt worden sind und mit Protesten unterlegt worden sind. Zu denen ist überhaupt nichts gesagt worden.
Im Grunde genommen, die wesentlichen Punkte sind außen vor gelassen und es wird ein Summenspiel betrieben, ohne zu wissen, wie sich das konkretisiert. Ich hätte mir gewünscht, dass was zu den angekündigten Stipendien gesagt wird. Ich hätte mir gewünscht, dass was zur Finanzierung der Infrastruktur der Hochschulen gesagt wird.
Wir machen ja Bachelor, Master im Moment kostenneutral, und da hätte ich schon wirklich vom gestrigen Gipfel - der für mich überhaupt kein Gipfel war, das war eine Zwischenmeldung, die aktuellen politischen Entwicklungen geschuldet war -, da hätte ich mir mehr erwartet und da ist nichts gekommen. Insofern halte ich das für eine relativ unwürdige Provinzposse, was wir da gestern erlebt haben.
Biesler: Ist denn die Geschwindigkeit, mit der jetzt etwas passieren sollte, entscheidend?
Dobischat: Ja, natürlich. Die Studenten haben protestiert und ich denke auch, der Studentenprotest wird nicht abebben, falls man das in der Politik erwarten sollte, denn die Punkte, die die Studierenden auf ihre Agenda geschrieben haben, sind alle berechtigt. Und wir hören jedes Wochenende in allen Sonntagsreden, wie wichtig Bildung ist und dass wir Investitionen brauchen. Und diese Investitionen kommen nicht, weil wir zurzeit darüber diskutieren, ob wir die Mehrwertsteuer für Hotel- und Gaststättengewerbe senken. Das ist einfach unwürdig. Wir haben ein drängendes Problem im deutschen Bildungssystem und es wird nicht gehandelt.
Biesler: Jetzt war eigentlich für gestern ein Bildungsgipfel angesagt, es war beschlossen worden, dass eine Reihe wichtiger Entscheidungen fallen. Jetzt sind die nicht gefallen. Was bedeutet das denn?
Dobischat: Ich kann Ihnen nur eins sagen: Ich mache das ja jetzt seit Jahren. Ich bin einfach nur sauer und geladen, weil ich das einfach für unwürdig empfinde, was da gestern passiert ist, und das ist wirklich, wenn wir überlegen, dass wir in einem der reichsten Länder dieser Welt wohnen, dass wir seit Jahren über Bildung und die Notwendigkeit von Bildung reden, dann ist dies eigentlich ein unwürdiger Vorgang.
Biesler: Rolf Dobischat, der Präsident des Deutschen Studentenwerks, zu den Ergebnissen des Bildungsgipfels bei Kanzlerin Angela Merkel. Vielen Dank!
Also, ein Gipfel war es schon, aber die Bildung selbst kam doch vor allem in Zahlen vor. Wie viel Geld soll dafür ausgegeben werden und wie viel davon trägt der Bund als Ausgleich für die Steuerausfälle der Länder bei der Wachstumsbeschleunigung? Am Telefon ist jetzt Professor Doktor Rolf Dobischat, der Präsident des Deutschen Studentenwerks. Guten Tag, Herr Dobischat!
Rolf Dobischat: Schönen guten Tag, Herr Biesler!
Biesler: Über die Finanzen hat man sich ja offenbar weitgehend geeinigt gestern, aber noch nicht, was eigentlich mit dem Geld passieren soll. Fehlt da ein Konzept?
Dobischat: Ja, ich befürchte es. Ich denke, dieser Bildungsgipfel war überschattet eigentlich von dem, was morgen ansteht, nämlich, dass sich eigentlich morgen ein Deal zwischen den Ländern und dem Bund entwickelt. Die Länder stimmen den Steuersenkungsbemühungen zu und der Bund hat sich bei der Bildung darauf jetzt eingelassen, mehr zu finanzieren, also 40 Prozent der Mittel von diesen 13 Milliarden.
Wenn man aber mal bedenkt, Herr Biesler, dass wir auf dem Bildungsgipfel in Dresden noch jährlich von 60 Milliarden gesprochen haben, so zeigt sich, dass eigentlich ... dass viele, die da sich jetzt mehr erwartet hatten, eigentlich mit Zitronen gehandelt haben und jetzt warten wir wieder. Der Nebel ist nicht gelichtet, alle stochern rum, die entscheidenden Fragen sind nicht beantwortet.
Biesler: 60 Milliarden haben Sie jetzt gesagt, über zwölf bis 13 Milliarden spricht man im Augenblick. Reicht das denn oder ist das dann viel zu wenig und man muss im Grunde noch weitere Anstrengungen unternehmen?
Dobischat: Also, die 60 Milliarden, die seinerzeit in Dresden diskutiert worden sind, die waren schon ziemlich realistisch, aber da hatten wir eine andere Wirtschaftslage. Ich halte 13 Milliarden für überhaupt nicht angemessen, die Unterfinanzierung der Hochschulen überhaupt in einen vernünftigen Angriff zu nehmen.
Biesler: Wie kann man so etwas denn eigentlich feststellen, also, wie ist die Bedarfslage, was wird tatsächlich zum Beispiel an den Hochschulen gebraucht, und wie viel davon könnte man zusammenbekommen? Also, das sind Zahlenspiele im Augenblick, wo eigentlich mittlerweile jeder die Übersicht verloren hat und gar keiner mehr weiß: Wohin geht das Geld eigentlich und woher kommt es?
Dobischat: Das sehe ich genauso. Also, über die Verteilung, also über die konkreten Anlässe, über was im Grunde genommen Geld über ... für was Geld ausgegeben wird, hat man sich ja überhaupt nicht geeinigt. Völlig offen ist: BAföG, Stipendiensysteme, alle die Dinge, Strukturreform Bachelor, Master, all die Dinge, die in den letzten Wochen ja intensiv diskutiert worden sind und auch von den Studierenden beklagt worden sind, und zwar zu Recht beklagt worden sind und mit Protesten unterlegt worden sind. Zu denen ist überhaupt nichts gesagt worden.
Im Grunde genommen, die wesentlichen Punkte sind außen vor gelassen und es wird ein Summenspiel betrieben, ohne zu wissen, wie sich das konkretisiert. Ich hätte mir gewünscht, dass was zu den angekündigten Stipendien gesagt wird. Ich hätte mir gewünscht, dass was zur Finanzierung der Infrastruktur der Hochschulen gesagt wird.
Wir machen ja Bachelor, Master im Moment kostenneutral, und da hätte ich schon wirklich vom gestrigen Gipfel - der für mich überhaupt kein Gipfel war, das war eine Zwischenmeldung, die aktuellen politischen Entwicklungen geschuldet war -, da hätte ich mir mehr erwartet und da ist nichts gekommen. Insofern halte ich das für eine relativ unwürdige Provinzposse, was wir da gestern erlebt haben.
Biesler: Ist denn die Geschwindigkeit, mit der jetzt etwas passieren sollte, entscheidend?
Dobischat: Ja, natürlich. Die Studenten haben protestiert und ich denke auch, der Studentenprotest wird nicht abebben, falls man das in der Politik erwarten sollte, denn die Punkte, die die Studierenden auf ihre Agenda geschrieben haben, sind alle berechtigt. Und wir hören jedes Wochenende in allen Sonntagsreden, wie wichtig Bildung ist und dass wir Investitionen brauchen. Und diese Investitionen kommen nicht, weil wir zurzeit darüber diskutieren, ob wir die Mehrwertsteuer für Hotel- und Gaststättengewerbe senken. Das ist einfach unwürdig. Wir haben ein drängendes Problem im deutschen Bildungssystem und es wird nicht gehandelt.
Biesler: Jetzt war eigentlich für gestern ein Bildungsgipfel angesagt, es war beschlossen worden, dass eine Reihe wichtiger Entscheidungen fallen. Jetzt sind die nicht gefallen. Was bedeutet das denn?
Dobischat: Ich kann Ihnen nur eins sagen: Ich mache das ja jetzt seit Jahren. Ich bin einfach nur sauer und geladen, weil ich das einfach für unwürdig empfinde, was da gestern passiert ist, und das ist wirklich, wenn wir überlegen, dass wir in einem der reichsten Länder dieser Welt wohnen, dass wir seit Jahren über Bildung und die Notwendigkeit von Bildung reden, dann ist dies eigentlich ein unwürdiger Vorgang.
Biesler: Rolf Dobischat, der Präsident des Deutschen Studentenwerks, zu den Ergebnissen des Bildungsgipfels bei Kanzlerin Angela Merkel. Vielen Dank!