Archiv


"Das ist schon ein Fulltime-Job"

Der Vorsitzende der kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung, Jürgen Fedderwitz, hat Kritik an den Gehältern von Zahnarztfunktionären zurückgewiesen. Es habe im vergangenen Jahr keine Gehaltssteigerung gegeben, vielmehr sei das ehemalige Ehrenamt nun in eine hauptamtliche Tätigkeit umgewandelt worden. Das sollte auch angemessen honoriert werden, so Fedderwitz.

Moderation: Elke Durak |
    Durak: Gehälterexplosion in den kassenzahnärztlichen Vereinigungen, Steigerungen um mehr als 300 Prozent, die Schlagzeilen gestern und auch heute wieder. Nach der heftigen Kritik an Funktionären der Kassenärzte in gleicher Angelegenheit stehen nun offensichtlich auch die Zahnarztfunktionäre in der Kritik. Tatsache ist wohl, dass die Gehälter einiger Landesfunktionäre und auch in der Bundesvereinigung im vergangenen Jahr deutlich gestiegen sind. Das Beispiel meines Gesprächspartners jetzt soll so sein: Anstieg von zuvor 73.600 Euro auf 220.000 Euro, übrigens hat er weniger als sein Kollege, der nur den Bereich Westfalen-Lippe bearbeitet. Am Telefon ist der Vorsitzende der kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung Jürgen Fedderwitz, guten Morgen.

    Fedderwitz: Guten Morgen, Frau Durak.

    Durak: Stimmt denn die genannte Summe?

    Fedderwitz: Die 220.000 stimmen, aber eines ist nicht so ganz richtig, dass es eine Gehaltssteigerung von 73.000 auf 220.000 ist. Sehen Sie, der Gesetzgeber hat uns ja gleichgestellt mit den gesetzlichen Krankenkassen und vorher waren wir ehrenamtlich tätig. Ich hatte also meine Praxis noch, in der ich überwiegend noch tätig sein konnte, das heißt, ich hatte die Möglichkeit, dort mein Einkommen überhaupt mal zu verdienen. Das habe ich jetzt nicht mehr, ich bin jetzt gerade noch mal anderthalb Tage in der Praxis, wenn es hoch kommt und bin hauptamtlich tätig - nicht unsere Idee übrigens, sondern Idee des Ministeriums oder der Politik.

    Durak: Das Gesundheitsministerium hatte ja sozusagen auf hauptamtliche Tätigkeit gedrängt, weil, so lautete die Begründung, die Arbeit professionalisiert werden sollte. Ist das jetzt damit gewährleistet?

    Fedderwitz: Zumindest merken wir erst mal, wie viel Arbeit uns tagtäglich erwartet. Wir waren vorher in unserem Vorstand zehn, die das ehrenamtlich gemacht haben, jeder hatte sein Ressort. Heute sind wir drei im Vorstand der kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung und das ist schon ein Fulltime-Job, der manchen Samstags-, aber auch manchen Sonntagstermin noch nach sich zieht.

    Durak: Also ist es nur eine zeitliche Frage gewesen, keine inhaltliche?

    Fedderwitz: Inhaltlich schon. Wir haben eine höhere Verantwortung, sind jetzt auch persönlich haftbar für potentielle Fehlleistungen, wenn sie uns unterlaufen. Aber es ist so, dass wir jetzt hier natürlich die Dinge machen, die vorher eine Geschäftsführung für uns erledigen konnte.

    Durak: Für welche Fehler können Sie haftbar gemacht werden?

    Fedderwitz: Wir müssen ja die ganzen Verträge für rund 55.000 Vertragszahnärzte machen mit den gesetzlichen Krankenkassen und wenn wir dort Verträge abschließen, die möglicherweise rechtlich nicht ganz in Ordnung sind oder Verträge machen, die sich später aufgrund irgendwelcher anderen Entwicklungen zu einem finanziellen Schaden für die Krankenkassen oder aber für den Zahnarzt ausweiten, dann haben wir die persönliche Haftung wie das bei den Spitzen der gesetzlichen Krankenkassen auch ist.

    Durak: Wer setzt denn diese Summen fest, die Gehälter der Vorständler?

    Fedderwitz: Ich bin sehr dankbar, dass Sie das fragen. Das sind keine Versichertengelder, keine Beiträge der Patienten, sondern es sind die Gelder der Zahnärzte und das Zahnärzteparlament, also die gewählten Vertreter der Zahnärzte haben diese Beträge festgesetzt, in Westfalen-Lippe wie auf Bundesebene. So gesehen ist das offensichtlich ein Betrag, den dieses Parlament für angemessen hält.

    Durak: Auch ich habe einen sehr netten und guten Zahnarzt, aber kann mit trotzdem nicht vorstellen, dass er oder andere Zahnärzte sozusagen die Gehälter aus dem ganz eigenen Beutel bezahlen. Will sagen, die Kosten werden doch ganz sicher umgelenkt auf die Patienten, also bezahlt der Patient doch?

    Fedderwitz: Nein, das geht ja gar nicht, denn die Honorare, die Ihr netter Zahnarzt bekommt, sind vertraglich vereinbart und unabhängig von jeglicher Höhe. Die ganze Geschichte läuft so, dass der Zahnarzt einen gewissen Teil seines Umsatzes, den er mit einer kassenzahnärztlichen Vereinigung macht, das ist etwa ein Prozent, abführt und dafür wird für ihn die gesamte Konto- und Vertragsführung und so weiter bezahlt und unter anderem wird davon auch der Vorsitzende der kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung bezahlt.

    Durak: Und das sind die einzigen Einkünfte für Zahnärzte?

    Fedderwitz: Das sind die einzigen zahnärztlichen Einkünfte, die da die Grundlage sind, genau.

    Durak: Finden Sie diese Höhen angemessen?

    Fedderwitz: Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, ich finde sie mittlerweile nicht nur angemessen, sondern bin auch der Meinung, dass man sie offensiv, in Anführungsstrichen, verteidigen sollte. Ich als niedergelassener Zahnarzt, ohne mein damaliges Ehrenamt, konnte mir meine Zeit einteilen, da hatte ich auch nur eine 38- bis 40-Stunden-Woche. Jetzt mache ich meistens mehr als das Doppelte. Das habe ich mir zwar persönlich ausgesucht, aber ich meine, das sollte auch angemessen honoriert werden.

    Durak: Die Sozialministerin Frau Schmidt will diese Gehälter bei den Zahnarztfunktionären, Kassen und kassenärztlichen Vereinigungen, den Funktionären, prüfen. Haben Sei irgendetwas zu befürchten?

    Fedderwitz: Nein, ganz sicherlich nicht, ich habe ja einen Arbeitsvertrag und ich weiß nicht, auf welcher rechtlichen Grundlage man das prüfen will. Nun will ich Frau Schmidt auch keine Vorwürfe machen, aber ich glaube, diese ganze Geschichte ist natürlich auch ein bisschen politisch lanciert. Sie haben zu Beginn gesagt, dass jetzt auch die Kassenzahnärzte in der Kritik stehen, vorher waren es nur die Kassenärzte. Wir haben ja vor zwei oder drei Monaten unsere Gehälter auf grundgesetzlicher Grundlage veröffentlichen müssen. Das haben wir auch getan, darum wundert es mich, dass die Aufregung sich erst heute bei den Zahnärzten wieder findet. Die hätte man eigentlich auch schon von acht Wochen bei uns finden können. Damals war das wohl kein Thema, weil man sich mit den etwas höheren Beträgen bei den Ärzten aufgeregt hat. Es muss wohl ein bisschen ein politisches Ablenkungsmanöver sein.

    Durak: Weshalb glauben Sie denn versucht Frau Schmidt, da aktiv zu werden, obwohl sie wahrscheinlich keine Chance hat, denn die Länder sind ja für Sie zuständig?

    Fedderwitz: Ich will gar nicht sagen, dass das Frau Schmidt versucht. Ich bin natürlich nur der Meinung, irgendjemand muss ja meinen, man könnte daraus jetzt ein Thema machen in einer vermeintlichen Nachrichten-Sauregurkenzeit. Ich gehe mal davon aus, dass es hier eine Thematik ist, über die sich trefflich diskutieren lässt.

    Durak: Eine Neidkampagne, wie Ihr Kollege aus dem Bereich Westfalen-Lippe sagt?

    Fedderwitz: Sagen wir mal so: In den USA gilt jemand als sehr erfolgreich und kompetent, wenn er ein gewisses Einkommen hat. In Deutschland muss man gewisse Einkommenshöhen immer sehr verteidigen.