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Das juristische Gerangel um einen Hassprediger in Großbritannien

Nach 20 Jahren wurde der islamistische Hassprediger Abu Qatada nach Jordanien abgeschoben. Er gilt in Großbritannien als geistiger Kopf der extremistischen islamischen Szene.

Von Jochen Spengler | 07.07.2013
    Nun ist er ist weg. Viele Jahre lang bemühten sich verschiedene britische Regierungen vergeblich darum, Abu Qatada nach Jordanien abzuschieben. Heute Nacht aber endete die Abschiebungsschlacht vor britischen und europäischen Gerichten um genau 2:45 Uhr, als ein Flugzeug mit dem islamistischen Hassprediger an Bord vom Luftwaffenstützpunkt Northolt in Richtung Amman startete. Nicht zuletzt ein politischer Sieg für die Regierung von David Cameron

    "Ich bin hocherfreut. Das hat diese Regierung versprochen und wir haben es gehalten. Dieser Fall hat mein Blut genauso zum Kochen gebracht wie das vieler Landsleute. Dass es so schwierig war und so lang gedauert hat, diesen Mann, der kein Recht hat hier zu bleiben und der eine Bedrohung für uns war, abzuschieben."

    Abu Qatada war im September 1993 mit einem falschen Pass nach Großbritannien gekommen und erhielt Asyl, da er geltend machte, in seinem Heimatland Jordanien gefoltert worden zu sein. Er wurde rasch zu einer wichtigen Figur in der Londoner Islamistenszene und fiel den Sicherheitsbehörden durch seine Hasspredigten auf. So rechtfertigte er Selbstmordattentate und lehrte, es sei statthaft, Frauen und Kindern von Abtrünnigen des Islam zu töten. 1998 wurde er in Amman wegen einer Reihe von Bombenanschlägen in Abwesenheit zum Tode verurteilt. Vielen Experten galt Abu Qatada als geistlicher Kopf der Extremisten in Großbritannien mit engen Verbindungen zum Terrornetzwerk Al Kaida. In einem BBC-Interview im Jahr 2001 erklärte er:

    "Bin Laden ist aus meiner Sicht ein Mann, der die Sache seiner Nation gegen die Feinde verteidigt und der von jedem Muslim unterstützt werden sollte."

    2002 tauchte er unter, wurde aber von Scotland Yard rasch aufgespürt und in Haft genommen. Die Regierung Tony Blairs betrieb seine Ausweisung, aber erst 2009 entschied Großbritanniens Oberster Gerichtshof, dass der Islamist nach Jordanien abgeschoben werden könne. Abu Qatada wehrte sich und zwei Jahre später verbot der Europäische Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg seine Auslieferung, da ihm in Jordanien ein unfairer Prozess drohe. Als Abu Qatada dann sogar aus der Abschiebehaft entlassen werden musste, kannte die Empörung keine Grenzen. Der konservative Abgeordnete Peter Bone schimpfte:
    "Ich würde dem Premierminister tatsächlich raten: Denk zuerst an das britische Volk, stecke diese Person heute Nacht noch ins Flugzeug – zurück nach Jordanien: Und sage dem Europäischen Gerichtshof: Du kannst mich mal."

    Zwar will die Regierung Cameron ihr Verhältnis zum Straßburger Gericht auf eine neue, weniger verbindliche Grundlage stellen, sie beachtete aber dessen Rechtsprechung und schloss mit Jordaniens Regierung ein Abkommen, in dem diese zusicherte, Abu Qatada nach rechtstaatlichen Maßstäben zu behandeln. Damit war am Ende auch der Hassprediger selbst zufrieden. Er verzichtete auf weitere Rechtsmittel und hat nun Großbritannien nach 20 Jahren Aufenthalt verlassen.

    "Ich bin genauso frustriert wie die Öffentlichkeit, dass das alles so lang gedauert hat. Wir haben es jetzt zwar erreicht und sind ihn los, aber wir werden als Regierung die Abschiebungsverfahren verändern, sodass wir künftig Leute schneller abschieben können."

    Verspricht Innenministerin Theresa May. Insgesamt hat das juristische Hin und Her um Abu Qatada den britischen Steuerzahler zwei Millionen Euro gekostet.