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Das Klima-Problem wird begraben

Kohlendioxid aus Kraftwerken muss nicht unbedingt in die Luft geblasen werden. Die Energiewirtschaft setzt große Hoffnungen auf unterirdische Speicher für Treibhausgase. Einer der ersten wird derzeit in Ketzin in Brandenburg erkundet. Die erste Bohrung ist bereits abgeschlossen, die Anlage, die das Gas in den Speicher pumpen soll, wird gebaut. Nun beraten Wissenschaftler beim Geoforschungszentrum in Potsdam über das weitere Vorgehen.

Von Claudia van Laak |
    Die politischen Erwartungen sind hoch. Damit die Europäische Union ihre selbst gesteckten Klimaschutzziele erreichen kann, ist die Abscheidung und Speicherung von CO2 eine notwendige und hilfreiche Technologie. Deshalb ist auch der EU-Kommissar für Energie Andris Piebalgs heute nach Potsdam ins Geoforschungszentrum gekommen:

    " Das ist kein normaler Workshop, es ist etwas, das nicht nur für das Land Brandenburg, für Deutschland wichtig ist, sondern auch für China, für die Vereinigten Staaten. Wenn wir erfolgreich sein und gegen den Klimawandel kämpfen wollen, dann haben wir keine andere Möglichkeit, als mit dieser neuen Technologie erfolgreich zu sein - mit der Abscheidung und Speicherung von CO2."

    Das Geoforschungszentrum Potsdam koordiniert das Forschungsprojekt CO2-Sink - die Verpressung und unterirdische Lagerung von Kohlendioxid. Finanziell beteiligt sind daran die Bundesregierung, die EU und verschiedene Energiekonzerne. Vattenfall baut derzeit im Süden Brandenburgs eine Pilotanlage für ein Kraftwerk, bei dem das CO2 abgetrennt und anschließend verpresst werden kann. Joachim Würmeling, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, nennt die offenen Fragen:

    " Es fehlt uns noch Klarheit über die Sicherheit der technologieschen Option, und dann brauchen wir natürlich in Deutschland verlässliche Angaben über das technisch nutzbare Speicherpotential, wir müssen die Auswirkungen auf das Verhalten der Speicherstrukturen und ihre abdichtenden Ton- und Salzformationen klären, wir müssen die Langzeitsicherheit klären usw. usw. "

    Um wie viel Cent erhöht sich der Preis einer Kilowattstunde Strom, wenn das CO2 abgeschieden, anschließend verpresst und gelagert wird? Diese Frage interessiert besonders die Energiekonzerne, aber auch das Bundeswirtschaftsministerium. Staatssekretär Würmeling:

    " Und deswegen ist es von ganz entscheidender Bedeutung für uns, dass im Laufe der Forschungsarbeiten, im Laufe dieses Workshops, im Laufe der Erprobungen in Ketzin, sich auch Potenziale ergeben, die die Verluste an Wirkungsgrad durch die CO2-Abspeicherung minimieren, denn was nützt uns die schönste CO2-Abspeicherung, wenn sich das Ganze nicht rechnet. "

    EU-Kommissar Piebalgs fordert eine umfassende Öffentlichkeitsarbeit rund um die Erforschung und Entwicklung der neuen Technologie. Die gesellschaftliche Akzeptanz der unterirdischen Speicherung von CO2 sei eine Voraussetzung für den Erfolg:

    " Die Lagerung braucht mit Sicherheit, dass die gesamte Gesellschaft in der EU und die gesamte Welt akzeptiert, dass CO2 sicher unterirdisch gespeichert werden kann. Und dafür dürfen uns die Kosten nicht zu hoch sein. Da reicht uns nicht eine Rate von 99 Prozent, das muss 100prozentig sein. Wenn uns nur ein Prozent fehlt, werden wir unglaubwürdig, dann bekommen wir die gleichen Akzeptanzprobleme wie die Nuklearindustrie. "

    Am Nachmittag wird der Startschuss für die erste unterirdische Verpressung von CO2 in Ketzin nördlich von Potsdam gegeben. Das Geoforschungszentrum wählte diesen Standort, weil er eine Zeitlang als Erdgasspeicher genutzt wurde und aus diesem Grund gut untersucht ist. Außerdem ist die Geologie repräsentativ für große Teile Europas, die Forschungsergebnisse sind also übertragbar.