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Das Konzept Auto neu gedacht

Automobile.- Auf der Suche nach neuen Antriebsformen für Autos, bieten sich grundsätzlich zwei Wege an: völlig neue Fahrzeuge zu entwickeln oder die altbekannten mit neuen Antrieben auszustatten. Beide Wege haben ihre Vor- und Nachteile.

Von Sönke Gäthke | 27.07.2009
    Zwei Wege führen zum Elektroauto der Zukunft: Entweder Batterie und Elektromotor in ein bestehendes Fahrzeug einzubauen – oder gleich ein ganz neues Auto rund um die Batterie zu entwickeln. Den evolutionären Weg beschreitet etwa das Aachener Ingenieurunternehmen FEV. Das hat einen Serien-Kleinwagen umgerüstet. Im Inneren des Fiat 500 ging dabei kein Platz für Batterien oder Elektronik verloren wie bei anderen Fahrzeugen. Denn die Aachener ließen die Batterie unter dem Auto verschwinden, sagt Frank Hermeling – und geht in die Hocke.
    "Ja, wir knien uns jetzt mal hin, die Batterie selber kann man natürlich nicht sehen, weil wir die für den Einsatzfall schützen wollen, insofern ist ein entsprechender Metallkasten drum herum gebaut, und die Batterie befindet sich innerhalb des Kastens."
    Diese reine Elektrovariante sei rund fünf Prozent schwerer als das Original, so Hermeling. Fast eine Tonne wiegt der Wagen; ein zusätzlicher Generator erhöht das Gewicht noch weiter. Das ist zu viel für einen batteriebetriebenen Kleinwagen von gerade einmal dreieinhalb Metern Länge, sagt Gilles Cahn vom Autobauer Heuliez in Frankreich. Sein Unternehmen wählte den Revolutionären Weg zum Elektroauto.
    "Die heutigen Autos sind für die Elektromobilität einfach zu schwer. Und das – man kann das kämpfen, irgendwie, kann man ein Fahrzeug erleichtern, aber das sind nur Tricks. Grundsätzlich haben Sie einfach ein Auto, was zu schwer ist. Deswegen haben wir die Entscheidung getroffen, dass wir total von weißes Blatt anfangen, wir wollen ein Auto, was einfach ist, leicht ist, preisgünstig ist."
    Der Elektrowagen aus Frankreich ist nur etwas größer als ein Smart, und kommt ohne Motorhaube daher. Die Fahrgastzelle beginnt gleich hinter der Stoßstange – ein bischen wie beim VW-Bus mit Heckmotor.
    "Die Motor Compartment für ein Elektrofahrzeug bringt überhaupt nichts. Sie brauchen dieses Volumen nicht mehr",
    zeigt sich Gilles Cahn überzeugt, öffnet die weit ins Dach und in den Boden eingeschnittene Schiebetür in der Mitte des Wagens, tritt dann quasi in das Auto und deutet nach vorn:
    "Deswegen haben wir die Position der Fahrer in die Mitte gebracht und nach vorn."
    Der Innenraum des kompakten Wagens ist auch sonst so gut ausgenutzt wie möglich: Die Batterien liegen unter den Sitzen, der Elektromotor kurz vor der Vorderachse, und so passen hinter den Vordersitz noch zwei weitere Plätze nebeneinander hinein. Und es ist sogar noch Platz für Koffer.

    Die Karosserie besteht aus Kunststoff; sie wird auf Stahlrohre aufgeschraubt. Ohne Batterien wiegt das Auto nur 500 Kilogramm. Wie schwer das französische Elektroauto mit dem Namen Friendly insgesamt wird, hängt davon ab, wie weit der Kunde fahren möchte: Drei Batterie-Pakete mit einer gestaffelten Reichweite von 100, 180 oder 230 Kilometern sollen angeboten werden, zu einem Preis, der bei 15.000 Euro beginnt. Heuliez verspricht sich gute Absatzchancen bei Flotten, Firmen oder Carsharing-Unternehmen, die auf Fahrten in der Stadt angewiesen sind.
    Im kommenden Jahr soll der Friendly ausgeliefert werden; für 2010 haben noch weitere Hersteller Elektroautos angekündigt. Doch damit die sich im Alltag bewähren, müssen auch Straßen und Parkplätze, Werkstätten und Pannendienste, Crashtests und Stromzähler zumindest zum Teil neu gedacht werden. So benötigen die neuen Wagen zum Beispiel schnell und flächendeckend Stellplätze mit Stromanschluss, verbunden mit intelligenter Verbrauchs- und Kostenabrechnung. Auch daran müssen Autobauer zukünftig denken. Energieversorger – das zeigen mehrere Projekte in Berlin – haben die Elektromobilität als Chance erkannt und kommen den Herstellen auf diesem Wege entgegen.