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Das Kult-Stadion von 1954

In der historischen Altstadt von Bern zählt eine große Uhr die Tage, Stunden und Minuten bis zur Fußball-Europameisterschaft. Doch die Berner haben sich nicht nur für das künftige Großereignis gebührend vorbereitet, sie trumpfen auch mit der Vergangenheit auf: Als Hommage an 1954 hat das neue State de Suisse den Namen "Wankdorf" beibehalten, und ein Museum erinnert nostalgische deutsche Fußballfans an das legendäre 3:2.

Von Antje Zimmermann |
    "Ich habe das Spiel live miterlebt, aber nicht als Zuschauer im Stadion, sondern etwa 200, 300 Meter vom Stadion entfernt, wo ich aufgewachsen bin: auf der Straße, wo ich selber Fußball gespielt habe. Ich habe die Tore gehört, und das war natürlich ein bleibendes Erlebnis. Der Fußball-Virus hat mich dann ein Leben lang begleitet."

    Charly Bürret war früher Sportjournalist. Heute ist er der Pressesprecher des State de Suisse - des neuen Fußball-Stadions in Bern. Als Hommage an die Vergangenheit trägt auch der moderne Bau den Beinamen "Wankdorf". Und im Stadion befindet sich ein Museum, das an die früheren Spiele erinnert. Nostalgische deutsche Fußballfans kommen in Bern also auf ihre Kosten.

    "Wir hätten auch gerne die Deutschen in Bern gehabt - wegen der Vergangenheit. Aber die Deutschen kommen auch gerne nach Bern, weil sie eben dieses Wankdorf-Stadion nicht vergessen haben. Und für sie ist das ein bisschen eine Städte der Erinnerung. Für sie ist das Kult, hier zu sein, das Stadion zu sehen. Und nicht zuletzt aus diesem Grund haben wir den alten Wankdorf Turm ja auf dem Vorplatz des Stade de Suisse wieder zu neuem Leben erweckt. Er steht jetzt seit dem Dezember 07 hier und zeigt auf ewig das Resultat 'Deutschland 3:2 gegen Ungarn' an."

    Mit den Niederländern, Italienern, Franzosen und Rumänen haben die Berner auch 2008 wieder attraktive Fußballnationen zu Gast. Speziell für die holländischen Fans, aber natürlich auch für alle anderen, wird ein großes Camp zur EM errichtet - die Zelte stellen die Schweizer Gastgeber. Und noch etwas haben sich die Berner einfallen lassen, um fußballbegeisterte Gäste in ihre Stadt zu locken. Thomas Lüthi:

    "Die Unterkunftsform 'Fans für Fans'. Das heißt, man kann sich auf der Homepage als Berner Gastgeber einschreiben und sagen: Während der Euro will ich mein Schlafzimmer oder mein Gästezimmer einem Fan zur Verfügung stellen. Und der muss mir dann vielleicht - wenn er zum Beispiel aus Deutschland kommt - eine Münchener Weißwurst oder ein bisschen Bier mitbringen. Und dann kann er bei mir gratis übernachten. Und das sind dann auch die Leute, die die Fans ein bisschen in der Stadt herumführen und Bern vorstellen."

    Und beispielsweise die besten Public Viewing-Plätze der Stadt zeigen. Fritz Hägi:

    "Der schönste Platz für das Public Viewing ist der Bundesplatz. Da hat man das Bundeshaus. Da hat man schöne Häuser drum herum. Man ist in der Nähe von der Altstadt. Das ist sicher ein ganz attraktiver Platz."

    Und von dem aus können die Gäste dann in die Altstadt von Bern ziehen, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt. Anneliese Hutzli:

    "Denn Bern ist eine wunderschöne Stadt, hat ein wunderschönes, altes Stadtbild, gegründet 1191 von Herzog Berthold V. von Zähringen. Und das Stadtbild ist total erhalten. Überall auf den Dächern stehen noch die Kamine. Man darf keine Fernsehantennen auf die Dächer stellen."

    Die altehrwürdige Stadt bietet aber auch jede Menge Vergnügungsmöglichkeiten. Stadtführerin Anneliese Hutzli empfiehlt den EM-Besuchern ein ganz bestimmtes Lokal.

    "Ein ganz berühmtes ist das Klötzlikeller. Seit über 200 Jahren ist das ein Lokal und da gab es bis vor zwei Jahren ein ungeschriebenes Gesetz: Die Wirtin, das musste eine unverheiratete Frau sein. Wenn sie geheiratet hat, musste sie das Lokal verlassen. Heute sind die Berner etwas toleranter: Heiraten darf sie immer noch nicht, aber Kinder darf sie haben."

    Nicht weit vom Klötzlikeller zählt eine große Uhr die Tage, Stunden und Minuten bis zur EM. Und in einer Sache sind sich alle Berner einig. Thomas Lüthi:

    "Wer hier einmal war, der wird wissen, warum die Deutschen gewonnen haben. Nämlich nicht, weil die Deutschen so gut waren, sondern weil die Stadt eine so tolle Atmosphäre hat. Da muss man einfach gewinnen."