Bei Maurizio Cattelan ist vieles möglich. In einer seiner Installationen wurde der Papst, damals noch Johannes Paul II., von einem Meteoriten getroffen, in einer anderen legte er John F. Kennedy in einem offenen Sarg in die Skulpturen-Abteilung. Einmal schwebte ein ausgestopftes Pferd an einer Museumswand, ein andermal brach ein Double des Künstlers von unten durch den Museumsboden.
Cattelan hat sich auch schon selber aufgehängt, an einem Garderobenhaken - freilich nur als täuschend ähnliche Puppe. Die trug einen Filzanzug, also das Stöffchen des Joseph Beuys - Titel des Ganzen: "La Revoluzione siamo noi", "Die Revolution, das sind wir". Mit solchen sarkastischen Statements macht Cattelan nicht nur den Kunstbetrieb lächerlich, er hat auch Marcel Duchamps Konzept der "Ready Mades", der in der Realität vorgefundenen und dann zum Kunstwerk erklärten Gegenstände, grundsätzlich erweitert: Ready Mades sind wir schließlich alle, kleine banale Kunstwerke, die irgendwann sterben müssen.
Und um die Sterblichkeit geht es auch in Bregenz, wo Cattelan das sowieso schon klösterlich karge Kunsthaus völlig ausgeräumt und zum Totenhaus gemacht hat. Das Parterre ist leer wie ein leeres Schwimmbecken (oder wie ein Kirchenschiff?), nur an der Rückwand hängt, in dreifacher Ausfertigung, ein Poster von Cattelan: Die Faust Gottes senkt sich da drohend über die in Flammen stehenden Ruinen der Stadt Bregenz am Bodensee, die Apokalypse in Form einer Bombennacht; nur das Kunsthaus scheint - auf diesem Poster - das Inferno völlig unversehrt zu überdauern.
Im zweiten, ebenfalls leeren Stock erwarten uns zwei ausgestopfte Hundchen, die ein Küken bewachen, offenbar Angehörige einer tierischen Restfamilie, die ein wenig Stallwärme und christliche Caritas in dies konzeptuell erkaltete Gebäude bringen sollen. Ein Stock höher dann der K.O.-Schlag: Der ausgeräumte Saal ist eine Leichenhalle, in der Mitte neun Plastiksäcke, unter denen sich menschliche Formen abzeichnen. Von der Inszenierung her ist das deckungsgleich mit der rituellen Präsentation von toten Soldaten - oder der Opfer von Katastrophen und Busunglücken in Turnhallen oder ähnlichen Orten der Sterilität. Dann aber stellt man fest, dass die Torsi dieser menschlichen Leiber gar nicht von Kunststoff bedeckt werden, sondern dass die gesamten neun Figuren samt Plane aus Carrara-Marmor geformt sind. Cattelan führt uns also mit einem klassischen "Trompe l'oeil", einer Augentäuschung, in die Irre. In Wahrheit knüpft er an das Material der klassischen Bildhauerei an, den Marmor, der offenbar für die Ewigkeit gemacht ist.
Nun die Klimax dieses kleinen Kreuzwegs: Wir erklimmen die steile Treppe zum letzten Saal im dritten Stock, aber die Tür ist verschlossen. Vor dem Tor steht kein Wächter, nein, es hängt dort eine Frau im Nachthemd wie Jesus am Kreuze, die Hände im Türrahmen verklammert, hängt da und schläft. Gern lassen wir die Plastik-Frau schlafen, aber wir können nicht weiter: Die Tür zum dritten Stock, zum Paradies ist verrammelt, und allein das Wissen, dass dahinter noch ein Raum ist, erzeugt doch eine gewissen Fantasietätigkeit. Ist es das, was uns nach dem Tod erwartet, ein leerer dritter Stock? Wohnt da der liebe Gott? Oder der Papst? Der Chef aller Chefs? Oder gar niemand?
Es ist ein bisschen unheimlich im Kunsthaus, aber diese reduzierten Realitätspartikel, dieser geheimnisvolle letzte Raum haben einen skurrilen Charme. Absurdes Theater, das mit der Vergänglichkeit spielt.
Cattelan hat sich auch schon selber aufgehängt, an einem Garderobenhaken - freilich nur als täuschend ähnliche Puppe. Die trug einen Filzanzug, also das Stöffchen des Joseph Beuys - Titel des Ganzen: "La Revoluzione siamo noi", "Die Revolution, das sind wir". Mit solchen sarkastischen Statements macht Cattelan nicht nur den Kunstbetrieb lächerlich, er hat auch Marcel Duchamps Konzept der "Ready Mades", der in der Realität vorgefundenen und dann zum Kunstwerk erklärten Gegenstände, grundsätzlich erweitert: Ready Mades sind wir schließlich alle, kleine banale Kunstwerke, die irgendwann sterben müssen.
Und um die Sterblichkeit geht es auch in Bregenz, wo Cattelan das sowieso schon klösterlich karge Kunsthaus völlig ausgeräumt und zum Totenhaus gemacht hat. Das Parterre ist leer wie ein leeres Schwimmbecken (oder wie ein Kirchenschiff?), nur an der Rückwand hängt, in dreifacher Ausfertigung, ein Poster von Cattelan: Die Faust Gottes senkt sich da drohend über die in Flammen stehenden Ruinen der Stadt Bregenz am Bodensee, die Apokalypse in Form einer Bombennacht; nur das Kunsthaus scheint - auf diesem Poster - das Inferno völlig unversehrt zu überdauern.
Im zweiten, ebenfalls leeren Stock erwarten uns zwei ausgestopfte Hundchen, die ein Küken bewachen, offenbar Angehörige einer tierischen Restfamilie, die ein wenig Stallwärme und christliche Caritas in dies konzeptuell erkaltete Gebäude bringen sollen. Ein Stock höher dann der K.O.-Schlag: Der ausgeräumte Saal ist eine Leichenhalle, in der Mitte neun Plastiksäcke, unter denen sich menschliche Formen abzeichnen. Von der Inszenierung her ist das deckungsgleich mit der rituellen Präsentation von toten Soldaten - oder der Opfer von Katastrophen und Busunglücken in Turnhallen oder ähnlichen Orten der Sterilität. Dann aber stellt man fest, dass die Torsi dieser menschlichen Leiber gar nicht von Kunststoff bedeckt werden, sondern dass die gesamten neun Figuren samt Plane aus Carrara-Marmor geformt sind. Cattelan führt uns also mit einem klassischen "Trompe l'oeil", einer Augentäuschung, in die Irre. In Wahrheit knüpft er an das Material der klassischen Bildhauerei an, den Marmor, der offenbar für die Ewigkeit gemacht ist.
Nun die Klimax dieses kleinen Kreuzwegs: Wir erklimmen die steile Treppe zum letzten Saal im dritten Stock, aber die Tür ist verschlossen. Vor dem Tor steht kein Wächter, nein, es hängt dort eine Frau im Nachthemd wie Jesus am Kreuze, die Hände im Türrahmen verklammert, hängt da und schläft. Gern lassen wir die Plastik-Frau schlafen, aber wir können nicht weiter: Die Tür zum dritten Stock, zum Paradies ist verrammelt, und allein das Wissen, dass dahinter noch ein Raum ist, erzeugt doch eine gewissen Fantasietätigkeit. Ist es das, was uns nach dem Tod erwartet, ein leerer dritter Stock? Wohnt da der liebe Gott? Oder der Papst? Der Chef aller Chefs? Oder gar niemand?
Es ist ein bisschen unheimlich im Kunsthaus, aber diese reduzierten Realitätspartikel, dieser geheimnisvolle letzte Raum haben einen skurrilen Charme. Absurdes Theater, das mit der Vergänglichkeit spielt.