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Das Leben der Gelben Riesen

Astronomie. - Es gibt mehr Sterne im Weltall als es Sandkörner auf der Erde gibt. Dieser von Astronomen gern benutzte Vergleich wirkt imposant, sagt aber nicht wirklich etwas aus, da die eine Zahl genauso unbekannt ist wie andere. Es gibt aber Schätzungen – zumindest, was die Anzahl der Sterne angeht: etwa 70 Trilliarden dürften es sein. Das ist eine Eins mit 22 Nullen. Da ist es verständlich, dass Astronomen von einem speziellen Sternentyp fasziniert sind, von dem sie in unserer gesamten Milchstraße bislang nur sechs entdeckt haben. Sie werden als Gelbe Hyperriesen bezeichnet.

Von Guido Meyer |
    "Mein Gott – es ist voller Sterne!"

    Die Einsicht aus "2001 – Odyssee im Weltraum" hat sich mittlerweile rumgesprochen. Das All ist voller Sterne, und sie kommen in allen Variationen, in verschiedenen Größen, Farben und Helligkeitsgraden, vom Braunen Zwerg bis zum Roten Riesen. Gelbe Hyperriesen jedoch sind nur ganz selten darunter.

    "Hyperriesen sind die hellsten Sterne, die wir kennen. Der von uns untersuchte Stern beispielsweise strahlt 250.000 Mal stärker als die Sonne. Es sind außerdem mit die größten Sterne im Universum. Unser Objekt verfügt über die 750fache Masse der Sonne. Wäre dieser Stern der Mittelpunkt unseres Sonnensystems, befände sich die Erde in seinem Innern."

    Kees de Jager vom "Koninklijk Nederlands Instituut voor Onderzoek der Zee" interessiert sich für den Stern HR 8752 näher angesehen. Dieses Institut für Meeresforschung beschäftigt sich auch mit der Untersuchung der Atmosphäre – nicht nur die der Erde sondern auch die anderer Himmelskörper wie Sterne. HR 8752 befindet sich im Sternbild Kassiopeia und ist nachts mit einem Fernglas sichtbar. Auch Hans Nieuwenhuijzen vom Labor für Weltraumwissenschaften (SRON) in Utrecht hat ihn sich angesehen.

    "Solche Sterne sind so groß, dass die Kräfte an ihrer Oberfläche, dort, wo ihre Atmosphäre endet und der Weltraum beginnt, fast genau im Gleichgewicht sind. Ihre nach außen dringende Leuchtkraft und ihre eigene Schwerkraft halten sich so ziemlich die Waage. Es bedarf dann nur einer minimaler Instabilität, damit der Stern seinen Zustand ändert."

    Und es scheint: einmal instabil, immer instabil. Denn der Gelbe Hyperriese ändere ständig sein Erscheinungsbild, so Kees de Jager.

    "Wir haben in den vergangenen rund 20 Jahren beobachtet, dass der Stern einen Großteil seiner äußeren Hülle ins All abgestoßen hat. Er ist heute nur noch halb so groß wie 1985. Gleichzeitig ist in den letzten beiden Jahrzehnten seine Temperatur von 5000 Kelvin auf 8000 Kelvin gestiegen."

    Mit diesem Verhalten füllen die seltenen Gelben Hyperriesen eine Lücke im Sternenspektrum. Bislang waren Astronomen Sterne von bis zu 5000 Kelvin Temperatur bekannt und solche ab 12.000 Kelvin. Dazwischen gab es nichts – bis zur Entdeckung der Gelben Hyperriesen. Von ihnen gibt es offenbar deswegen nur sehr wenige, weil sie ihre Evolutionsstadien extrem schnell durchlaufen, sich binnen weniger Jahre von einem normalen Stern zum Gelben Hyperriesen entwickeln. De Jager:

    "Der Stern ist momentan stabil. Aber nur vorläufig. Wahrscheinlich wird er in etwa 50 Jahren wieder in ein Ungleichgewicht geraten. Irgendwann wird er zu einem sogenannten leuchtkräftigen blauen veränderlichen Stern und spätestens in einer Million Jahre zur Supernova werden. Enden wird er dann als Schwarzes Loch."

    Dieses Leben auf der Überholspur führt dazu, dass in unserer Galaxis bislang überhaupt nur sechs solcher Gelber Hyperriesen entdeckt wurden.