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Das Ljubljana des Architekten Plecnik

Das Zentrum der slowenischen Hauptstadt Ljubljana ist maßgeblich vom 1957 gestorbenen Architekt Joze (Josef) Plecnik geprägt. Er entwarf die "Drei Brücken", eines der Wahrzeichen der Stadt, und die Uferbebauung des Ljubljanica-Flusses.

Von Sabine Wuttke |
    " Herr Plecnik, Sie haben hier die wichtigsten Jahre Ihres Lebens verbracht. Wie lange haben Sie hier gelebt, welche Zeit war das?

    Als ich aus Prag wieder nach Ljubljana gekommen bin, 1921 habe ich das Haus da gekauft und bis 1957 war ich auch da. Wir haben da noch einen Wintergarten und einen Turm haben wir auch gebaut . Da war mein Zimmer und mein Büro. Hab sehr viel gearbeitet, sehr viel in Ljubljana gebaut. Ich lernte bei Otto Wagner Jugendstil, aber schon bald habe ich das ein bisschen anders gemacht, so ein moderner Stil, etwas ganz besonderes, Plecnikstil.

    Wodurch ist der charakterisiert, der Plecnikstil?

    Das ist Kombination von antiker Architektur, römische, griechische usw. und moderner Architektur. Das wäre ganz interessant zu sehen, was die aus den Häusern, Gebäuden und Brücken gemacht haben. Wollen wir los gehen, einen Spaziergang machen durch die Stadt?

    Gerne. Gehen wir durch Ljubljana. "

    Unser Rundgang führt fast automatisch zur Ljubljanica, dem schmalen Fluss, der sich in einem großen Bogen einbetoniert durch die Stadt zieht. Jozef Plecnik hatte andere Vorstellungen:

    " Ich wollte das so einrichten, Ljubljanica durch die Altstadt sieht mehr wie ein Kanal aus. Aber ich dachte, man soll mit dem Fluss leben und deswegen die Treppe. Wo wir jetzt laufen, neben uns die Ljubljanica, Boote, Kastanien strecken ihre Arme bis über die Ljubljanica raus, wie sah das aus, als Sie hier gelebt haben?

    Damals war dieser Kanal noch nicht da, und Ljubljanica war auch breiter damals.

    Das heißt, wo wir jetzt laufen ...

    Wo wir jetzt laufen, da war noch Ljubljanica. Da war früher sonst, das war aber vor meiner Zeit, der Hafen von Ljubljana. Ljubljanica war sehr wichtig für Wassertransport. Aber jetzt ich sehe keine Boot, einige touristische vielleicht.

    Auf welche Brücke laufen wir jetzt zu?

    Da vorne ist die Schusterbrücke, da waren nämlich früher einmal, da war eine Holzbrücke, und die Schuster von Ljubljana haben die Laden da auch gehabt. Ähnlich wie es im Mittelalter war wie es in Venedig ist, in Firenze. Da habe ich eine neue Brücke gebaut, das ist die neue Schusterbrücke. Diese Brücke ist auch breit, und ich wollte da auch wieder Laden bauen für die Handwerker. Die Idee war, so eine Pergola zu machen über die Brücke. Das ist aber nicht passiert.

    Und heute sehe ich, da verkauft man was. "

    Es sind Kunsthandwerkerinnen, die ihre langstieligen Stoffrosen anbieten, Keramikketten, Filzschuhe, Silberohrringe. Und von den Kandelabern der Brücke sind breite Bänder aus durchsichtigem Stoff bis in die Ljubljanica gespannt, zusätzlich geschmückt mit Zapfen und Rechtecken aus Alufolie. Die Säulen sind dekoriert mit kleinen pinkfarbenen und gelben Schuhe - Hinweis auf die Schusterbrücke.

    Einen Vertreter dieser Zunft gibt es auch heute noch. An der Sustarski most hat Wladimir seinen Laden.

    " Wladimir ist es ein Zufall, dass Sie Ihren Laden hier haben? "

    Da war schon früher ein Schuster, und dann hat mein Vater das übernommen, und ich bin jetzt schon die dritte Generation in der Familie.

    Ich denke, dass es ein guter Platz ist hier, denn Handwerker gehören zur Altstadt und hier bin ich direkt in der Altstadt. Der kleine Laden mit den gewölbten Decken diente im 18. Jahrhundert übrigens als Pferdestall

    Aber Wladimir repariert nicht nu Schuhe, sondern fertigt auch neue Schuhe an. Und gerade hat eine potentielle Kundin den kleinen Laden betreten, der mehr ist, eine:

    " Boutique vodeb "


    Die Schusterbrücke wird übrigens in einem eigenen Lied besungen, und manchmal kann man es auch live hören.

    " Herr Plecnik, nicht weit von der Schusterbrücke spielen diese alten Herrn das Lied von der Schusterbrücke. Und unmittelbar daneben steht Ihre Philharmonie.

    Das ist nicht meine Philharmonie. Ich hab nur einen Teil da hinten zugebaut, also vergrößert, sonst wurde diese Gebäude Ende des 19. Jahrhunderts gebaut.

    Was haben Sie dazu gebaut?

    Diese Arkade da, um etwas mehr Platz zu bekommen, und trotzdem haben wir die Straße behalten. Das war diese Arkade. Die haben das jetzt mit Glas zugesperrt. Ich weiß nicht warum.

    Und hier an der anderen Seite kommt eine Treppe runter neben der Philharmonie.

    Ja, ich hab die Treppen zum Kongressplatz gemacht, nicht nur da, noch ein bisschen weiter, neue Zugänge zum Kongressplatz, den ich auch eingerichtet habe. Und eine von meinen Lampen, ja.

    Brücken waren etwas sehr häufiges in Plecniks Architektur. Herr Plecnik, wie viele Brücken haben Sie für Ljubljana gebaut?

    In Altstadt Schusterbrücke, die "Drei Brücken" sind auch mein Werk.

    Was war, bevor Sie diese "Drei Brücken" hier gebaut haben?

    Da, wo wir jetzt sind, da war eine mittelalterliche Brücke. Dann haben die im 19. Jahrhundert eine Steinbrücke gebaut. Aber im 20. Jahrhundert da war die Brücke schon zu eng. Da war Straßenbahn, mehr und mehr Verkehr. Und man wollte dann eine neue Brücke über die Ljubljanica bauen. Das wollte ich nicht, und so habe ich zwei Fußgängerbrücken dazu gebaut. Und so haben wir die "Drei Brücken" in Ljubljana bekommen.

    Wie haben Sie die "Drei Brücken" angelegt? Wie muss man sich das vorstellen, wenn man nicht hier steht?

    Die "Drei Brücken" führen direkt ins Altstadt. Nach dem Erdbeben haben die zwei neue Palais gebaut auf der anderen Seite, und das ist irgendwie der Haupteingang ins Stadt. Das war auch Haupteingang in die mittelalterliche Zeit, da war das Spitaltor. Und man kam dann direkt zum Rathaus.

    Und heute kommt man wohin?

    Heute kommt man wieder zum Rathaus. Es gibt aber kein Verkehr mehr, kein Straßenbahn und zum Markt. Und diese Markt, diese Markthallen, diese Kolonnade, das habe ich auch gemacht um 1940.

    Was schlagen Sie vor, wo gehen wir jetzt hin?

    Ich glaube, wir sollen den Markt nachschauen. Volksmusik. Aber das war damals noch nicht. Das ist Oberkrainmusik.

    Was war bevor Sie dort die Markthallen gebaut haben?

    Da war schon der Markt da, aber man brauchte neue Markthallen. Sonst früher noch, das war noch im 19. Jahrhundert, waren da einige Schulen. Aber im Erdbeben waren die sehr beschädigt, und so haben wir den großen Platz auch bekommen.

    Das ist der Öko- und Biomarkt, und hinten ist der normale Markt.

    Wir stehen jetzt unter diesen Hallen. Herr Plecnik. Was haben Sie gedacht, wie müssten die Hallen sein, wovon sind Sie ausgegangen?

    Erst war da der mittelalterliche Stadtmauer am Ljubljanica-Fluss. Und die Markthallen stehen jetzt an dem selben Platz, wo die Stadtmauer früher war. Mit der Kolonnade vorne und dem Kiosk sehen wir römischen Einfluss oder griechisches. Und dann haben wir noch ziemlich viele Säulen, und das schaut so wie ein Tempel sagen wir. Und habe ich auch Holz benützt so wie in meinen Kirchen. Also eine Kombination von Holz und Kunststein. Das ist billiger und funktioniert auch ganz gut.

    Und welchen Eindruck haben Sie, Sie sind ja lange nicht da gewesen?

    Die Hallen sind natürlich zu klein, der Markt ist riesig groß , und die Leute kommen noch immer gern zum Markt, das sieht man, das merkt man. "

    Ich gehe mit Jozef Plecnik weiter durch Ljubljana zum barocken Ursulinenkloster

    " Die Nonnen haben da einige Schulen gehabt, und die wollten auch ein Gymnasium da haben, und da haben die gefragt, ob ich das machen wollte. Ich hab die Gymnasium da auch gebaut. Sie sehen, das Haus ist immer noch da, und sogar, es hat meinen Namen, Gymnasium Jozefa Plecnika. "

    Die Zeit für meinen Stadtrundgang mit dem Architekten ist begrenzt. So fahren wir zu einem seiner prägnantesten Werke , dem Friedhof Zale am Stadtrand. Dort befindet sich auch sein Grab mit dem von ihm selbst entworfenen Grabstein aus hellem Marmor mit einem Jugendstilornament.

    " Das ist wieder griechisch, altgriechisch, und da verlässt man das Land der Lebenden und kommt zum Land der Toten. "

    " Na, da werde ich mich verabschieden. Wir haben heute leider nicht zu viel Zeit gehabe, um alles zu sehen. Nationalbibliothek, dann.. und es gibt noch mehrer Sachen, denen ich gebaut habe und verschiedene, denen ich auch nicht gebaut habe. Wir haben da eine Münze. "

    " Ja, da ist es. 10 Cent haben wir da, und sollte der neue Parlament sein auf dem Schlossberg. Das wurde leider nie realisiert. Es wäre ein ganz tolles Gebäude, und von mir wäre es auch Kathedrale der Freiheit genannt.

    Wie hätte es aussehen sollen?

    " So wie ein großer Konus, sagen wir eine Spitze. Es sollte ungefähr 170 Meter hoch sein. Ein wirklich tolles Gebäude. "

    Das ist nicht realisiert worden. Herr Plecnik, ich sage nicht: Auf Wiedersehen.

    Ich bedanke mich bei Ihnen, dass Sie diesen Stadtrundgang mit mir gemacht haben. "