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Das Medienauftreten des Christian Wulff

Christian Wulff war schon als Ministerpräsident von Niedersachsen ein Pressekritiker. Doch er sei nicht der einzige Politiker in Hannover gewesen, der sich beschwert habe, sagen Redakteure verschiedener Medien.

Von Susanne Schrammar |
    Michael Ahlers gehört zu den Politikredakteuren in Hannover, die kein Blatt vor den Mund nehmen. Unabhängig von Amt, Funktion oder Partei - vor den scharfen Fragen und der spitzen Feder des landespolitischen Korrespondenten der Braunschweiger Zeitung ist keiner gefeit, auch nicht Christian Wulff. Zehn Jahre lang hat Michael Ahlers den heutigen Bundespräsidenten in Niedersachsen begleitet, erst als der noch Oppositionsführer im Landtag war, ab 2003 dann als niedersächsischer Ministerpräsident.

    "Ich hab mal eine Geschichte gebracht, dass er sich zu wenig kümmert um die Regierungsgeschäfte - er hatte grad seine neue Beziehung, er war grad aus dem Urlaub gekommen - da gab es Leute, die sagten, er sei in der Staatskanzlei nicht präsent genug, das habe ich aufgeschrieben, es gab auch eine Episode bei seiner Sommerreise, die ich gehört hatte und aufgeschrieben hatte. Das hat ihm beides nicht gepasst, das hat er mir relativ direkt und persönlich gesagt - das fand ich in Ordnung."

    Erboste Anrufe und pikierte Kurznachrichten aus der Staatskanzlei - wenn Christian Wulff mit einem Artikel in der Zeitung, einem Bericht in Radio oder Fernsehen nicht einverstanden war, dann hat der niedersächsische Ministerpräsident gerne höchstpersönlich zum Hörer gegriffen und sich auch bei Chefredakteuren beschwert. Viele Medienvertreter in Niedersachsen kennen das. Dass er jedoch jemals versucht habe, das Erscheinen einer heiklen Story zu verhindern, daran kann sich weder Michael Ahlers noch ein anderer Journalist in Hannover erinnern. In vielen Fällen erlebten Medienvertreter den niedersächsischen Regierungschef als freundlich, offen und kooperativ. Doch auch hier zeigten sich die zwei Gesichter des Christian Wulff.

    "Dann hat er einerseits sehr gezielt vermarktet, sehr gezielt ist er damit nach außen gegangen. Wenn ihm das nicht gefiel, was geschrieben wurde, dann hieß es: Privat ist privat und sein Sprecher wurde dann geschickt, um zu sagen, da solle man doch bitte etwas vorsichtiger vorgehen."

    Wenn ihm die Berichterstattung nicht gefiel, konnte Wulff ganz schön kleinlich werden, erinnern sich auch andere Journalisten. Da sei sogar an Halbsätzen herumgekrittelt worden, heißt es. Manchmal fehlte einfach die nötige Professionalität, erzählt Peter Mlodoch vom "Weserkurier".

    "Es kam schon vor, dass er dann auf Kritik nicht souverän reagierte, dass wenn mal ein kritischer Kommentar oder auch ein Bericht mit einer kritischen Einfärbung erschienen ist, dass er dann hinterher ja manchmal sogar richtig beleidigt reagiert hat, dass er beispielsweise angefragte Interviews verweigert hat."

    Monatelang ließ Wulff manche Journalisten seinen Ärger spüren, kanzelte sie mit schnippischen Bemerkungen ab oder ließ sie auflaufen. Doch da ist Wulff kein Einzelfall. Viele Spitzenpolitiker können mit Kritik nicht umgehen. Das weiß auch Thorsten Hapke, NDR-Fernsehredakteur und Vorsitzender der Landespressekonferenz, dem Zusammenschluss politischer Journalisten in Niedersachsen. Gerhard Schröder und Sigmar Gabriel hätten sich während ihrer Zeit als niedersächsische Ministerpräsidenten nicht anders als Wulff verhalten.

    "Ich weiß definitiv, dass wir mit Sigmar Gabriel sogar die Situation hatten, dass wir als Landespressekonferenz mit ihm ein Gespräch geführt hatten, weil eine Vielzahl von Beschwerden eingegangen war bei uns. Er hat dann zugesagt, sich zu bessern, das hat dann auch eine Zeit angehalten, dann er wohl einzelne Beschwerden wieder abgegeben, aber das war dann jedenfalls eine Zusammenarbeit, wo man sagen kann: Damit kann man journalistisch leben."

    Als SPD-Vorsitzender gehört Sigmar Gabriel in der Causa Wulff zu den Kritikern. Druck auf die Presse ausüben zu wollen, sei jenseits dessen, was man sich für einen Bundespräsidenten vorstellen mag, sagte er erst gestern wieder. Auf sein eigenes Beschwerdeverhalten angesprochen, reagiert Gabriel indes ausweichend.

    "Dass sich Politiker mit Journalisten herumstreiten und wir uns, sagen wir mal, zur überwiegenden Zahl der Berichterstattung ungerecht behandelt fühlen, das liegt in der Natur der Sache. Aber Sie können nicht als Bundespräsident beim Verleger und beim Chefredakteur einer Zeitung sich in dieser Art und Weise äußern, auch vom Stil her - die Mailbox sozusagen - das ist so ein bisschen unkontrolliert und man wünscht sich natürlich einen Bundespräsidenten, der in echten schwierigen Lagen besonnen ist."

    Als Ministerpräsident hat Sigmar Gabriel selbst versucht, die Medien zu beeinflussen. Jetzt wirft er es Christian Wulff vor.