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Das Mittelalter als triviale Farce

Schon vor seinem Kinostart in dieser Woche hatte "Die Päpstin" in der Filmwelt für Schlagzeilen gesorgt, weil der ursprünglich als Regisseur vorgesehene Volker Schlöndorff lautstark aus dem Projekt ausschied. Nun also verfilmte Sönke Wortmann die Bestsellervorlage, er wollte mal wieder "einen Film ohne Fußball drehen".

Von Josef Schnelle |
    Was ist nicht alles um diesen Film herum geschehen. Ein Trivialbestseller sollte verfilmt werden. Die Produktionsfirma sicherte sich die Mitarbeit des besten deutschen Literaturverfilmers Volker Schlöndorff. Doch der wetterte alsbald gegen den von ihm verlangten amphibischen Film mit langer Fernsehfassung und kürzerer aber auch langer Kinofassung. Er wurde bekanntlich schnell ausgebootet und zog sich gegen Zahlung einer Abfindung zurück, um eine allseits gelobte glänzende Autobiografie zu schreiben. Sönke Wortmann übernahm die Regie, und von dem war bis dato nur sein Hang zum Fußball mit dem "Wunder von Bern" und dem "Sommermärchen" allgemein bekannt. Was wollte er eigentlich, abgesehen von vermutlich einem Haufen Geld:

    "Ich wollte einen Film ohne Fußball drehen und das 9. Jahrhundert kam mir da gerade recht."

    An die Stelle von Schlöndorffs Hauptdarstellerin Franka Potente trat Johanna Wokalek, die zumindest mit der Hauptfigur - der Päpstin Johanna - den Vornamen teilt. Was sich sonst noch alles änderte, wird man vermutlich erst erfahren, wenn Volker Schlöndorff seine schon fertiggestellte Drehbuchfassung eines Tages veröffentlichen sollte. Bis dahin müssen wir uns leider mit der mäßigen Verfilmung eines ohnehin schon mäßigen Bestsellers abfinden. Francis Ford Coppola hat einmal gesagt, aus schlechten Büchern könne man leichter gute Filme machen, als aus guten, weil man ja nicht in Konkurrenz zu dem literarischen Produkt treten müsse. Das ist aber noch lange kein Grund eine derart schrecklich behäbige und uninspirierte Adaption des in Deutschland besonders erfolgreichen Mittelalterromans herzustellen mit einem Mittelalter, das so düster nicht aussieht, wie es wirklich war und so freudlos nicht gewesen sein dürfte, wie es in diesem Filmschinken wirkt samt einer angeklebten schwülstigen Liebesgeschichte. Sönke Wortmann mutet seinem Publikum eigentlich nur zu, fast Seite für Seite des Millionensellers nachbuchstabiert anzuschauen, ganz so als habe es im Mittelalter schon erste zarte Blüten einer feministischen Theorie gegeben. Johanna ist jedenfalls schon als süßes kleines Kind aufmüpfig und will schon bald den ganzen Kuchen.

    Das ist eigentlich die Geschichte des Films. Frau will schon im 9. Jahrhundert so emanzipiert sein wie heute. Das geht aber nur, wenn sie ihr Frau-Sein in Kloster und Kolleg konsequent verleugnet. Zum Glück ist immer ein allwissender gütiger Priester in der Nähe, der die Genialität der bildungshungrigen Johanna perfekt absichert. In den Wirren ihrer Zeit kann Johanna sogar auf der Intrigenleiter ganz nach oben klettern und wird als vermeintlicher Mönch mit Heilkünsten tatsächlich Papst. In ihren inneren Monologen und Selbstgesprächen macht Sönke Wortmann das Mittelalter zur trivialen Farce.

    Bestsellerverfilmungen sind eine Spezialität von Bernd Eichingers Constantin. Nicht immer funktioniert das dann auch an der Kinokasse. Dieses Kino-Mittelalter ist kunstgewerblich bis in die Spezialeffekte hinein. Eigentlich purer Kitsch und keineswegs der groß angekündigte Film des Jahres. Hauptdarstellerin Johanna Wokalek - eine der besten deutschen Schauspielerinnen - geht auch deutlich beschädigt aus diesem Film hervor. Am Ende sieht sie - bleich auf den vorausgeahnten Tod geschminkt - so aus wie Max Schreck in Murnaus Vampirfilm "Nosferatu". Aber wen grüßen die Todgeweihten denn - ganz sicher den amphibischen deutschen Film. Dann hätten wir doch lieber den - ebenfalls groß filmgeförderten - RTL-TV-Film "Vulkan" im Kino gesehen, den aber vielleicht auch nicht. Eher gar keine amphibischen Filme mehr.