Ralf Krauter: Kambrische Artenexplosion – so bezeichnen Paläontologen eine Phase der Erdgeschichte vor 500 Millionen Jahren, in der die Evolution plötzlich den Turbo einlegt. Innerhalb relativ kurzer Zeit entstand damals eine Vielzahl neuer Tierarten, deren Nachfahren die Erde zum Teil bis heute bevölkern. Wie genau es dazu kam, ist ein großes Rätsel. Aber ein bizarr aussehendes Fossil bringt nun zumindest etwas Licht ins Dunkel. Beschrieben wird es heute im Fachmagazin "Nature". Und mit einem der Autoren, dem Paläontologen Dr. Michael Steiner vom der FU Berlin, habe ich vorhin telefoniert und ihn als erstes gefragt, wo die skurrile versteinerte Lebensform gefunden wurde.
Michael Steiner: Wir forschen in Südchina, auf der sogenanntnen Jangtse-Plattform. Dort haben wir unterkambrische Schichten untersucht. Und wir haben es in der Provinz Yunnan gefunden, in einer sogenannten Fossil-Fundstelle, Fundlagerstätte Chengjiang, die ist unter Experten recht berühmt für weichkörperlich erhaltene Fossilien.
Krauter: Als laufender Kaktus haben Sie oder Ihre Kollegen das Objekt betitelt. Wie genau sah das zu Lebzeiten aus?
Steiner: Als Fachleute bezeichnen wir das als einen sogenannten Lobopoden. Das heißt also, ein Tier, was geringelte Beinchen hat, wie heutige Stummelfüßer, die auch noch in Mittelamerika heute vorkommen. Dieser Tier war besonders außergewöhnlich von der Erscheinung. Man kann sich das vorstellen wie ein Wurm mit Beinen, also eine größere Anzahl von Beinpaaren. Und die ganzen Beine und auch der ganze Körper waren bedeckt mit Stacheln. Und das waren schon verhärtete Stacheln und deswegen hat es eine Erscheinung wie eine kaktusartige Struktur. Das ist natürlich nur ein, ja, Scherzname für unsere Arbeitsgruppe, die wir so genutzt haben. Es hat dann übrigens auch darin gemündet, dass wir das Tier danach benannt haben. Wenn man so ein Tier neu beschreibt, kann man ja immer einen Namen aussuchen und wir haben es "Diania cactiformis" genannt, weil es halt so eine Erscheinung hatte.
Krauter: Ungefähr sechs Zentimeter lang war das Tier zu Lebzeiten. Ist das korrekt?
Steiner: Ja, es ist etwa sechs Zentimeter lang. Wir haben natürlich nur die Abdrücke davon aus dem Gestein. Demzufolge kann es auch kleinere und größere Tiere gegeben haben. Aber so im Durchschnitt ist etwa die Größe von sechs Zentimetern.
Krauter: Also ein Wurm mit mehreren Beinpaaren dran. Was genau macht denn dieses Fossil jetzt so spannend aus der Sicht des Paläontologen, der sie ja sind?
Steiner: Dieses ist quasi so etwas wie eine Sphinx mit Merkmalen von verschiedenen Tiergruppen. Einerseits diese sogenannten Lobopoden oder auch die heutigen Verwandten, die sogenannten Stummelfüßer ... die hätten eine weichkörperliche Erscheinung und sind da eigentlich relativ unverhärtet und haben auch kein richtiges Außenskelett. Und dann gibt es die sogenannten Gliederfüßer oder die Arthropoden, das ist eigentlich das, was heutzutage die Insekten, Krebse oder sowas ausmachen. Und wenn man schon mal so einen Krebs gegessen hat zum Beispiel, dann hat man eine recht harte äußere Schale, die man erstmal abpielen muss. Und das ist dieses große Erfolgsprinzip dieser Arthropoden gewsen, der Gliederfüßer, dass sie ihren Körper mit einem recht verhärteten Außenskelett versehen haben. Und um sich dann noch bewegen zu können und zu wachsen und so weiter, hatte man sozusagen eine Form von Gliedern entwickelt, die wie Scharniere ineinander greifen. Aber ansonsten sind die relativ verhärtet. Und unser ... zeigt erstmals eine weichkörperliche Struktur, also wie noch ein Lobopode, wie ein Stummelfüßer heute, aber die Beine haben schon diese verhärteten Gliederstrukturen. Es ist also eine Übergangsform zwischen diesen beiden Tiergruppen. Und das hatte man immer vermutet, dass es vielleicht so etwas gibt. Aber wir haben nun das Fossil dafür, das das belegt.
Krauter: Das heißt, der Verdacht liegt nahe, dass das eine Art evolutionäres Bindeglied ist zwischen diesen Stummelfüßern und den Gliederfüßern. Ist das korrekt?
Steiner: Genau. Das ist richtig.
Krauter: Wie gesichert ist diese Hypothese? Also, könnte es nicht auch eine ganz andere, vielleicht einfache Erklärung geben?
Steiner: Es ist die erste Information überhaupt zur frühen Evolution dieser Gliederfüßer, weil es im Grunde genommen aus älteren Schichten noch keine Fossilien gibt. Da lässt sich immer noch einiges spekulieren. Es ist ja bis jetzt ungeklärt, wie diese Tiere überhaupt alle so schlagartig entstanden sind in etwas früheren Zeiten. Sie sind ja relativ komplex schon. Aber es sind die ältesten, die man eigentlich kennt aus diesem frühen Kambrium. Und es gibt diese kambrische Explosion, wo fast alle Tierstämme schlagartig in den Gesteinsschichten erscheinen. Und diese Tiere sind alle schon relativ "modern" – als Paläontologe gesagt. Und man findet so gut wie gar keine früheren Reste. Und da lässt sich immer noch viel spekulieren, was die echten Vorfahren aller Tierstämme waren, die vor dem Kambrium entstanden sind. Und da würde es weiter Forschung geben. Wir haben also noch nicht alles dazu geklärt. Da bleibt weiterer Forschungsspielraum.
Michael Steiner: Wir forschen in Südchina, auf der sogenanntnen Jangtse-Plattform. Dort haben wir unterkambrische Schichten untersucht. Und wir haben es in der Provinz Yunnan gefunden, in einer sogenannten Fossil-Fundstelle, Fundlagerstätte Chengjiang, die ist unter Experten recht berühmt für weichkörperlich erhaltene Fossilien.
Krauter: Als laufender Kaktus haben Sie oder Ihre Kollegen das Objekt betitelt. Wie genau sah das zu Lebzeiten aus?
Steiner: Als Fachleute bezeichnen wir das als einen sogenannten Lobopoden. Das heißt also, ein Tier, was geringelte Beinchen hat, wie heutige Stummelfüßer, die auch noch in Mittelamerika heute vorkommen. Dieser Tier war besonders außergewöhnlich von der Erscheinung. Man kann sich das vorstellen wie ein Wurm mit Beinen, also eine größere Anzahl von Beinpaaren. Und die ganzen Beine und auch der ganze Körper waren bedeckt mit Stacheln. Und das waren schon verhärtete Stacheln und deswegen hat es eine Erscheinung wie eine kaktusartige Struktur. Das ist natürlich nur ein, ja, Scherzname für unsere Arbeitsgruppe, die wir so genutzt haben. Es hat dann übrigens auch darin gemündet, dass wir das Tier danach benannt haben. Wenn man so ein Tier neu beschreibt, kann man ja immer einen Namen aussuchen und wir haben es "Diania cactiformis" genannt, weil es halt so eine Erscheinung hatte.
Krauter: Ungefähr sechs Zentimeter lang war das Tier zu Lebzeiten. Ist das korrekt?
Steiner: Ja, es ist etwa sechs Zentimeter lang. Wir haben natürlich nur die Abdrücke davon aus dem Gestein. Demzufolge kann es auch kleinere und größere Tiere gegeben haben. Aber so im Durchschnitt ist etwa die Größe von sechs Zentimetern.
Krauter: Also ein Wurm mit mehreren Beinpaaren dran. Was genau macht denn dieses Fossil jetzt so spannend aus der Sicht des Paläontologen, der sie ja sind?
Steiner: Dieses ist quasi so etwas wie eine Sphinx mit Merkmalen von verschiedenen Tiergruppen. Einerseits diese sogenannten Lobopoden oder auch die heutigen Verwandten, die sogenannten Stummelfüßer ... die hätten eine weichkörperliche Erscheinung und sind da eigentlich relativ unverhärtet und haben auch kein richtiges Außenskelett. Und dann gibt es die sogenannten Gliederfüßer oder die Arthropoden, das ist eigentlich das, was heutzutage die Insekten, Krebse oder sowas ausmachen. Und wenn man schon mal so einen Krebs gegessen hat zum Beispiel, dann hat man eine recht harte äußere Schale, die man erstmal abpielen muss. Und das ist dieses große Erfolgsprinzip dieser Arthropoden gewsen, der Gliederfüßer, dass sie ihren Körper mit einem recht verhärteten Außenskelett versehen haben. Und um sich dann noch bewegen zu können und zu wachsen und so weiter, hatte man sozusagen eine Form von Gliedern entwickelt, die wie Scharniere ineinander greifen. Aber ansonsten sind die relativ verhärtet. Und unser ... zeigt erstmals eine weichkörperliche Struktur, also wie noch ein Lobopode, wie ein Stummelfüßer heute, aber die Beine haben schon diese verhärteten Gliederstrukturen. Es ist also eine Übergangsform zwischen diesen beiden Tiergruppen. Und das hatte man immer vermutet, dass es vielleicht so etwas gibt. Aber wir haben nun das Fossil dafür, das das belegt.
Krauter: Das heißt, der Verdacht liegt nahe, dass das eine Art evolutionäres Bindeglied ist zwischen diesen Stummelfüßern und den Gliederfüßern. Ist das korrekt?
Steiner: Genau. Das ist richtig.
Krauter: Wie gesichert ist diese Hypothese? Also, könnte es nicht auch eine ganz andere, vielleicht einfache Erklärung geben?
Steiner: Es ist die erste Information überhaupt zur frühen Evolution dieser Gliederfüßer, weil es im Grunde genommen aus älteren Schichten noch keine Fossilien gibt. Da lässt sich immer noch einiges spekulieren. Es ist ja bis jetzt ungeklärt, wie diese Tiere überhaupt alle so schlagartig entstanden sind in etwas früheren Zeiten. Sie sind ja relativ komplex schon. Aber es sind die ältesten, die man eigentlich kennt aus diesem frühen Kambrium. Und es gibt diese kambrische Explosion, wo fast alle Tierstämme schlagartig in den Gesteinsschichten erscheinen. Und diese Tiere sind alle schon relativ "modern" – als Paläontologe gesagt. Und man findet so gut wie gar keine früheren Reste. Und da lässt sich immer noch viel spekulieren, was die echten Vorfahren aller Tierstämme waren, die vor dem Kambrium entstanden sind. Und da würde es weiter Forschung geben. Wir haben also noch nicht alles dazu geklärt. Da bleibt weiterer Forschungsspielraum.