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Das neue französische Umwelt-Superministerium

Als die Zusammensetzung der neuen französischen Regierung unter Präsident Sarkozy Ende vergangener Woche offiziell bekannt gegeben wurde, gab es einige Überraschungen, besonders beim Umweltressort. Sarkozy hat seinen prominentesten Politiker, den Ex-Premierminister Alain Juppé, zum besonders mächtigen Staatsminister für "Ökologie, nachhaltige Entwicklung und Raumplanung" gekürt. Margit Hillmann berichtet aus Paris.

    Vergangenen Freitag auf der ersten Pressekonferenz des frisch ernannten Umweltministers, Alain Juppé: Kaum ist er im Amt, kündigt er bereits ein erstes wichtiges Treffen an.

    Der neue Staatpräsident Nicolas Sarkozy wird im Beisein seines Umweltministers im Elysée-Palast Umweltspezialisten und Vertreter französischer Umweltorganisationen empfangen, teilt Alain Juppé der Presse mit. Nur drei Tage später findet das Treffen im Elysée statt. Es gibt einen ersten Austausch und den Auftrag des Präsidenten an die Gesprächsteilnehmer, konkrete Vorschläge für eine zweite im September geplante Konferenz zu erarbeiten, auf der die Umweltpolitik der neuen Regierung für die nächsten Jahre festgelegt werden soll. Nie zuvor wurden französische Umweltschützer zu einem offiziellen Gespräch mit dem Staatspräsidenten eingeladen und ausdrücklich zur Zusammenarbeit mit der Regierung aufgefordert. Doch stellen sich viele Franzosen die Frage, was dahinter steckt. Ist es ein geschicktes Manöver des neuen Präsidenten um politischen Gegnern den Wind aus den Segeln zu nehmen, oder der ernstzunehmende politische Wille, Klimaschutz und eine moderne Energiepolitik auf den Weg zu bringen? Kommentare und Einschätzungen Pariser Passanten in der Rue de Belleville im 20. Arrondissement:

    "Ich glaube nicht allzu sehr an eine neue Umweltpolitik. Wenn man wirksame Maßnahmen zugunsten der Umwelt ergreifen will, geht es auch gegen bestimmte wirtschaftliche Interessen. Und das steht im Widerspruch zur von Sarkozy angekündigten Politik, denke ich.

    Für mich ist das Blabla. Ich persönlich kann Juppé nicht leiden. Und nur weil er jetzt Staatsminister für Ökologie ist, in Kanada angeblich die Natur entdeckt hat und neuerdings Fahrrad fährt, habe ich nicht vergessen, dass er wegen Korruption verurteilt wurde! Ich habe überhaupt kein Vertrauen zu diesen Leuten da.

    Ganz ehrlich, ich glaub nicht dran. Sowieso wird Sarkozy alles bestimmen. Juppé wird nur seine Anweisungen ausführen. Man wird es nach den Parlamentwahlen sehen, was in Sachen Umwelt wirklich getan wird. Ich sage nur "wait and see. "

    Pascal Housting, Geschäftsführer von Greenpeace Frankreich, versteht die weit verbreitete Skepsis gegenüber dem neuen Superminister für Ökologie: Juppés nicht gerade ruhmreiche politische Vergangenheit als enger Weggefährte des Altpräsidenten Jacques Chirac und die verdächtig frische Bekehrung des Politikers zum Natur und Umweltschützer wecken Misstrauen. Doch seit dem Treffen am vergangenen Montag will der Greenpeace-Vertreter an die Möglichkeit einer Wende in der französischen Umweltpolitik glauben.

    "Wir waren auch im Elysée-Palast. Und sagen wir mal so: Wir sehen diese ganze Affäre positiv in der Hinsicht, dass zum ersten Mal in Frankreich Umweltthemen auf höchster politischer Ebene diskutiert werden. Wir haben ja auch keine andere Chance. Wir haben jetzt einen neuen Präsidenten in Frankreich und eine Rechtsregierung. Und als Greenpeace werden wir natürlich gegen die Regierung arbeiten, wenn die unsere Positionen und die Umweltprobleme nicht ernst nehmen. Aber wir werden mit der Regierung arbeiten, wenn wir eine Chance sehen, dass da etwas Positives und Konstruktives herausspringt."

    Der alte gediente Chirac-Vertraute, Alain Juppé, der vielen Franzosen noch als "arroganter und unterkühlter Premierminister" gut in Erinnerung ist, biete als Umweltminister auch durchaus Vorteile, ist Greenpeacegeschäftsführer Housting überzeugt:

    "Er hat sehr viel politische Erfahrung und bringt auch eine gewisse Aura mit in diese Position. Und er wird sich höchstwahrscheinlich nicht so schnell in einem Ministerkollegium geschlagen geben."

    Doch bei aller Zuversicht, - während der Diskussionen mit Nicolas Sarkozy und seinem Superumweltminister Alain Juppé kam zwischendurch auch schlechte Stimmung auf. Nämlich als es um die französische Atomenergie ging. "Da werden wir wirklich hart kämpfen müssen, um den Präsidenten auf neuen Kurs zu bringen", fürchtet Greenpeacegeschäftsführer Housting.
    Der umstrittene Kernreaktor der neuen, dritten Generation - der so genannte EPR - von französischen Umweltorganisationen wie Greenpeace heftig kritisiert - wird in der Normandie gebaut. Daran gibt es nichts zu rütteln. Sarkozy will es so.