Archiv


Das Null-Energie-Haus

Energie.- Geht es nach der Technologieplattform ESTTP, sind bis zum Jahr 2030 alle Neubauten Null-Energie-Häuser; Bauten also, die in Bezug auf Heizung, Warmwasser und Stromversorgung völlig autark sind. Die Firma Schüco tüftelt schon kräftig an technischen Lösungen dafür.

Von Ralf Krauter |
    Ein von der Firma Schüco bearbeitetes Haus:  22 Photovoltaikmodule plus vier Thermiekollektoren prägen die Gebäudehülle.
    Ein von der Firma Schüco bearbeitetes Haus: 22 Photovoltaikmodule plus vier Thermiekollektoren prägen die Gebäudehülle. (Schüco International KG)
    Das Null-Energie-Haus der Bielefelder Firma Schüco basiert auf einem gut gedämmten Niedrigenergiehaus. Die sind bei Neubauten Standard und dürfen laut Energieeinsparverordnung jährlich nur acht Liter Heizöl pro Quadratmeter Wohnfläche verbrauchen. Um den Heizenergiebedarf auf Null zu drosseln, setze man auf eine Kombination dreier verschiedener Technologien zur Nutzung erneuerbarer Energien, erklärt Frank Thole.
    "Das ist einmal der solarthermische Kollektor, der die Solarstrahlung direkt nutzt und für Warmwasser und Trinkwasser zur Verfügung stellt. Es ist eine Erdreich-Wärmepumpe, welche sehr effizient im Erdreich gespeicherte Solarenergie nutzt, um dann Heizbetrieb zu machen. Und eine Photovoltaikanlage, die dann wiederum die Restenergie, die diese kleine Wärmepumpe noch benötigt, in der Bilanz wieder ausgleicht."
    Das Null-Energie-Haus soll demonstrieren, was in einem gewöhnlichen Neubau mit Technik von der Stange heute schon machbar ist, um das Klima zu schonen. Das Ziel: Eine ausgeglichene Energiebilanz am Jahresende, also eine schwarze Null auf dem Strom- und Gaszähler.
    Im Frühjahr, Sommer und Herbst ist das einfach. Zehn Quadratmeter Kollektorfläche für eine heizungsunterstützende Solarthermieanlage auf dem Dach eines Einfamilienhauses genügen, um den Bedarf an Warmwasser und Heizenergie von April bis Oktober zu decken.
    Im Winter wird es komplizierter. Bei Außentemperaturen unter fünf Grad Celsius schafft es selbst die beste Wärmepumpe nicht mehr, ihrer Umgebung die nötige Heizenergie zu entziehen. Das angezapfte Wärmereservoir – in der Regel eine Erdwärmesonde – kühlt so weit aus, dass seine Temperatur unter jene fünf bis zehn Grad sinkt, die für einen effizienten Betrieb der Wärmepumpe nötig sind. Um das zu vermeiden, pumpen die Schüco-Ingenieure lauwarmes Wasser aus den Sonnenkollektoren auf dem Dach in die Erde.

    "Und damit schaffen wir durch die Solarthermie, durch die Aufladung der Erde mit Solarwärme, einen sehr effizienten Betrieb. Die Wärmepumpe braucht für einen effizienten Betrieb Temperaturen um die fünf bis zehn Grad. Wenn ich das Kollektorfeld an die Erdsonde anschließe, erreiche ich dort Temperaturen von 15, 20, 25 Grad."
    Der resultierende Wärmetransfer vom Dach in den Boden erleichtert der Wärmepumpe ihre Arbeit. Warm über den Winter kommt man so aber noch nicht. Dafür reicht die Sonnenwärme in unseren Breiten nicht aus. Deshalb wird die Wärmepumpe während der kalten Jahreszeit normalerweise mit Strom oder Gas bei der Wärmegewinnung unterstützt. Bei den Null-Energie-Häusern kommt der Strom dafür von 20 bis 25 Quadratmetern Solarzellen auf dem Dach. Diese Photovoltaikmodule speisen im Sommer naturgemäß deutlich mehr Strom ins Netz als im Winter. Insgesamt liefern sie im Jahresverlauf aber exakt soviel Strom, wie im Haus verbraucht wird - ein Nullsummenspiel. Zweijährige Feldtests mit drei Testanlagen belegen, dass das Ganze funktioniert.
    "Wir haben ein konkretes Haus, wo wirklich die Gesamtbilanzierung eingebaut wurde, mit Photovoltaikanlage, Thermieanlage und Wärmepumpe. Bei dieser Anlage war die Photovoltaikanlage aufgrund der Dachfläche sogar noch etwas größer bemessen, als für die eigentliche Bilanzierung erforderlich war. Da ist man sozusagen sogar ins Plus gerutscht. Da hat die Photovoltaikanlage einen höheren Kilowattstundenbetrag übers Jahr geliefert als der Kompressor für die Wärmepumpe übers Jahr benötigt hat."
    Aus dem Null-Energie-Haus wurde damit ein Plus-Energie-Haus, dessen Bewohner dank Einspeisevergütung für Solarstrom Geld verdienen. Bleibt nur die Frage, wer sich soviel Umweltfreundlichkeit leisten kann. Die Investitionskosten für das trickreiche Trio aus Sonnenkollektoren, Wärmepumpe und Solarzellen liegen in der Größenordnung von 40 000 Euro. Unter Annahme der üblichen Preissteigerungen für Strom, Gas und Heizöl, rechnet man bei Schüco, hätten sich diese Kosten nach etwa 20 Jahren amortisiert. Die Umwelt würde freilich sofort profitieren.