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Das Prinzip "Ausgleich" als ewiger Sieger

In den Luxemburger Messehallen knallen die Sektkorken. Dabei bleibt bis zu den Parlamentswahlen am 13. Juni noch ein bisschen Zeit. 500 Gäste waren der Einladung der größten Tageszeitung vor Ort, dem Luxemburger Wort, und dem Radiosender DNR gefolgt. Ausgetragen wurde "Die Politische Elefantenrunde". Die Spitzenkandidaten der drei größten luxemburgischen Parteien: Christsoziale, Sozialisten und Liberale waren vor laufenden Kameras zum verbalen Schlagabtausch gebeten. Mit von der Partie auch der langjährige Chef der Innenpolitik des Luxemburger Wortes, Joseph Lorent.

Von Tonia Koch |
    Es drängt alles in die Mitte, die Programme sind fast austauschbar. Hier ist es auch die starke Persönlichkeit von Jean-Claude Juncker, dass sich alle an ihn heranmachen im positiven Sinne.

    Die Christlich Soziale Volkspartei, CSV, ist in Luxemburg seit Jahrzehnten an der Macht. Stets mit wechselnden Koalitionspartnern. Und meistens ging der Spitzenkandidat der Christsozialen mit dem ausgeprägten Bonus der bekannteste Mann im Land zu sein in die Wahlen. Ein unerschütterliches Erfolgsrezept. Joseph Lorent.

    Man muss die Sache so sehen, dass es fast ein Geschenk Gottes ist, dass Luxemburg stets die Chance hatte, trotz unserer kleinen Bevölkerungszahl zumindest einen Staatsmann zu haben, der herausragend war und das Ganze geführt hat. Man könnte viele Namen nennen: Pierre Werner, Gaston Thorn, Jacques Santer und jetzt eben Jean-Claude Juncker. Das war immer eine große Chance, die unser Land hatte.

    Die etwa 1000 Mitglieder der CSV, die sich bei gutem Wetter und bester Stimmung vergangene Woche in Ettelbrück zu einem gemütlichen Nachmittag trafen, sehen dies nicht anders. Der amtierende Premierminister, Jean Claude Juncker gilt unangefochten als der Beste, den das kleine Land aufzubieten hat.

    Weil er Experience hat und einen guten Menschenverstand. Ich finde, dass er der richtige Mann auf dem richtigen Platz ist." "Er hat sehr viel Erfahrung, ist gut in seine Dossiers eingearbeitet und ich denke, dass er sehr beliebt und geschätzt ist und dass er deshalb einen guten Kandidaten abgibt." "Wenn man so um sich schaut, links und rechts, jeder sagt: "Der Juncker, der wird bald 100 Prozent sein.

    Und jenen, die doch Zweifel daran hegten, dass Juncker auf der Beliebtheitsskala an die 100er Marke heranreicht, denen half die Lobeshymne des Conferencier.

    Ich wollte dem Mann der uns vorsteht, danke sagen dafür, dass er für Luxemburg und für Europa so etwas wie ein Leuchtturm ist.

    Zuviel des Guten, findet der Premier.

    Ich fand das Beispiel peinlich.

    92 Prozent Zustimmung genießt der amtierende Regierungschef im Land. Dagegen scheint kein Kraut gewachsen. Die Wahlkampfstrategen aller Parteien haben sich auf diese Situation eingestellt. Ob Liberale, Grüne oder Sozialisten. Jeannot Krecke, Kandidat der Sozialisten im städtischen Ballungsraum Luxemburg.

    Juncker ist ein Phänomen in Luxemburg. Er hat eine große Zustimmung in der Bevölkerung und darum macht es keinen Sinn, gegen ihn anzukämpfen, dann kämpft man gegen den Großteil der Bevölkerung an.

    Den Personenkult um Juncker haben die Jungsozialisten im Land thematisiert. In einer Postkartenserie, eigens aufgelegt für den Wahlkampf, nehmen sie die Allmacht des beliebtesten Politikers des Landes aufs Korn. Mindestens 20-fach reproduziert und ausstaffiert mit Sonnenbrille blickt Jean-Claude Juncker dem Betrachter entgegen. CSV, ein starkes Team steht unter der Bildmontage. Parallelen zu Agent Smith, einem hundertfach geklonten Anti-Helden aus dem Science-Fiction-Film "The Matrix" sind nicht zu übersehen. Die Postkarte mit dem Konterfei des Allgegenwärtigen trifft ins Schwarze. Der CSV-Spitzenmann dominiert die politische Szene in Luxemburg und die Jungsozialisten hadern mit den Altvorderen der Partei, dass sie dies mehr oder minder klaglos hinnehmen. Yves Kruchten, Generalsekretär der Jugendorganisation.

    Das ist ein großes Problem für uns, weil wir unsere Mitglieder nicht motiviert kriegen, aktiv in den Wahlkampf zu gehen. Es scheint, dass von vorneherein klar ist, wir werden diese Wahlen nicht als beste Partei abschließen, wir werden nur zweite werden. Alle Prognosen sagen dies. Und ich glaube, dass sich die Parteihäupter damit abgefunden haben. Aber das motiviert die jungen Kandidaten nicht, ihr Bestes zu geben und ich denke, da macht unsere Partei einen großen Fehler.

    15 Jahre saßen die Sozialisten gemeinsam mit den Christsozialen auf der Regierungsbank, bis sie bei den Wahlen vor fünf Jahren von den Liberalen abgelöst worden waren. Meinungsumfragen sagen den Sozialisten Stimmengewinne voraus, so dass sie sich berechtigte Hoffnungen machen können, erneut als Junior-Partner zu fungieren. Jean Asselborn, Spitzenkandidat der luxemburgischen Sozialisten.

    Ich glaube, dass die Luxemburger noch viel Vertrauen in die CSV haben, aber dass sie eine Partei neben der CSV haben wollen, die sich nicht beugt und die diese Partei antreibt.

    Die wesentliche Frage im Luxemburger Wahlkampf Frage lautet: Wer koaliert mit der CSV? Die Liberalen, die im letzten Kabinett Juncker fünf Ressorts inne hatten, darunter das Außenministerium, das Wirtschafts- und Transportministerium sowie das Bildungsressort, sind Umfragen zu Folge in der Wählergunst erheblich zurück gefallen. Doch der liberale Transportminister des Landes, Henri Grethen zeigt sich unbeeindruckt.

    Also, wir hatten bei den letzten Wahlen 23 Prozent Stimmenanteil und wir werden am 13. Juni ein ausgezeichnetes Resultat einfahren. Auf jeden Fall wollen wir in der nächsten Regierung sein.

    Dennoch wittern die Kontrahenten aus der sozialistischen Ecke ihre Chance. Der Absturz einer Lux-Air Maschine, bei dem 20 Menschen ums Leben kamen, hatte vom amtierenden Verkehrsminister Krisenmanagement verlangt. Eine Untersuchung hatte erhebliche Mängel in der Ausbildung der Piloten offenbart. Die Fluggesellschaft reagierte und entließ technisches Personal. Die Maßnahme löste Proteste bei den Piloten aus. Am Ende musste der Regierungschef eingreifen, um die Wogen zu glätten. Auch die für Luxemburg vernichtenden Ergebnisse der Pisa-Studie zum Bildungsstand der Schüler des Landes lasten auf der zuständigen liberalen Ministerin, Anne Brasseur, obwohl sie andererseits viel zu kurz im Amt ist, um dafür verantwortlich zu sein.

    Ich bin der Meinung, dass die Liberalen verlieren werden und die LSAP und die Grünen hinzugewinnen werden. Die Liberalen haben so große Töne von sich gegeben, das hat sich nicht bewahrheitet was sie versprochen haben. Ich habe aber nun Vertrauen in die LSAP, da braucht man auch ein wenig Mut, um die große Reformen im Unterrichtswesen durchzuführen.

    Im Aufwind befinden sich auch die Luxemburger Grünen. Allerdings müssten sie die Zahl der Parlamentssitze verdoppeln, wollten sie "regierungsfähig" werden. 60 Sitze sind in der Nationalversammlung zu vergeben, um die 20 werden den Christsozialen zugetraut. Ein Mehrheitsbeschaffer müsste daher über mindestens 10 Sitze verfügen, um als potenzieller Koalitionspartner interessant zu sein. Für die Grünen bedeutet dies, dass sie auf Landesebene die Zahl ihrer Sitze verdoppeln müssten. Ideologisch hätten - nach deutschen Beurteilungskriterien - die mehrheitlich dem Realo-Lager zuzuordnenden Grünen Politiker in Luxemburg keine allzu großen Schwierigkeiten mit den Konservativen. Auf kommunaler Ebene arbeiten sie bereits in einer Reihe von Gemeinden mit ihnen zusammen. Francois Bausch, Spitzenkandidat der Luxemburger Grünen.

    Insgesamt gesehen muss man sehen, dass in Luxemburg ein Jean-Claude Juncker und eine CSV nicht vergleichbar ist mit einer CSU in Deutschland, die programmatisch viel mehr rechts außen angesiedelt ist. Jean - Claude Juncker wäre, das sage ich immer, auch ein guter Sozialdemokrat. Deshalb habe ich keine Schwierigkeiten, auch mit ihm zumindest Koalitionsverhandlungen zu führen.

    Der vielfach Umworbene aber möchte sich vor der Wahl nicht festlegen. Jean - Claude Juncker.

    Zuerst müssen die Christlichsozialen die Wahl gewinnen. Wir müssen die Nr. 1 werden. Jeder sagt das und dann wird man sehr schnell die Nr. 2 oder die Nr. 3, wenn alle denken, man ist eh die Nr.1. Und dann muss man es dem Wählervotum überlassen, wer sich als Nr.2 oder Nr. 3 im Ziel präsentieren kann und mit dem muss man dann verhandeln, aufgrund eines Regierungsprogramms das man zusammen stellt. Ich bin sehr gegen Koalitionsaussagen vor der Wahl.

    Prognosen sind äußerst schwierig, um nicht zu sagen gewagt, denn in Luxemburg hat der Wähler die Möglichkeit des Panaschierens. Nicht in erster Linie den Parteien sondern den Personen gilt traditionell das Interesse der Wähler.

    Pierre Gehlen ist Landeswahlleiter in Luxemburg. Er faltet den handtuch-großen Wahlzettel eines der vier Wahlbezirke auseinander. Sieben Parteien sind in alphabethischer Reihenfolge darauf vertreten, vom Aktionskommmitte für Demokratie und Rentengerechtigkeit bis zu den Kommunisten. Jede Partei hat für diese Wahlliste 21 Kandidaten aufgeboten. Hier, im Ballungsraum Luxemburg Stadt werden 21 Abgeordnete für die Nationalversammlung ermittelt und der Wähler kann daher auch 21 Mal ein Kreuz hinter einen Kandidaten seiner Wahl setzen. Er kann, aber er muss es nicht. Sagen dem Wähler nur acht Kandidaten zu, dann vergibt er eben auch nur acht Stimmen. Selbstverständlich hat er auch die Möglichkeit eine Partei zu wählen. Wer den weißen Kringel über der Parteienliste schwärzt, der hat automatisch jedem Kandidaten dieser Liste eine Stimme gegeben. Doch die Regel ist dies nicht in Luxemburg. Pierre Gehlen.

    Ich würde sagen, etwas mehr als die Hälfte wählt nur Kandidaten. Oft auf einer Liste aber auch auf verschiedenen Listen, die politisch nicht zusammen passen. Entweder sind das Leute, die Kandidaten persönlich kennen oder die vielleicht auch mit einem kritischen Geist zur Wahl gehen und sagen: Alle Kandidaten einer Partei sind nicht gut oder alle Kandidaten einer Partei sind auch nicht schlecht und er wählt dann seine Favoriten heraus.

    Dieses System begünstigt eher die kleinen Parteien und verhindert zuverlässig absolute Mehrheiten. Die beiden großen Parteien hatten schon einmal den Versuch gestartet, das vom Belgier d' Hondt entwickelte Wahlsystem zu ändern, sind damit aber an der notwendigen Verfassungs-Mehrheit gescheitert. Für Francois Biltgen, Parteivorsitzender der CSV, lassen sich aus der Koalition auch Vorteile ableiten.

    Luxemburg lebt davon, dass es ein Land des Ausgleichs ist, des sozialen Ausgleichs, ein Land des Ausgleichs auch im Internationalen. Es weiß, dass es ein kleines Land ist, dass es Kompromisse schmieden muss, um zu überleben. Und wir haben in Luxemburg bisher sehr gut damit gelebt, so dass diese Ausgleichmentalität schon ein Stück Luxemburg ist.

    Diese auf europäischer Ebene so hoch geschätzte Fähigkeit der Luxemburger, ausgleichend zu wirken, weil sie zwei Sprachen sprechen und mit der deutschen wie der französischen Mentalität gleichermaßen zurecht kommen, diese Fähigkeit kann sich auf nationaler Ebene zuweilen auch als Hemmschuh erweisen. Vor allem dann, wenn Reformbedarf besteht. Jeannot Krecke von den Sozialisten.

    Hier ist immer einer der bleibt und der ist dann der Bremser von Reformen in der nächsten Legislaturperiode. Warum? Der sagt nicht das Gegenteil davon was er vorher gesagt hat. Das heißt, wir haben diesen kompletten Wechsel nicht und können daher auch nicht darauf zählen, dass es zu großen Umwälzungen und Reformen kommt. Das ist eines unserer Probleme, die im Wahlsystem begründet liegen, dass wir immer Koalitionen haben und dass wir nie Koalitionen haben, in denen beide Parteien ausgetauscht werden. Hier ist immer eine Partei die bleibt.

    Politisches Blockdenken ist wenig ausgeprägt in Luxemburg und Diskussionen an der Basis werden ebenfalls höchst selten geführt. Ideen für grundlegende Veränderungen werden, was die Christlich Soziale Volkspartei anlangt, im Augenblick nur von einem Mann auf den Weg gebracht und der heißt Jean-Claude Juncker. Der aber - so der Journalist Joseph Lorent - ruhe sich keinesfalls auf seinen Lorbeeren aus.

    Er überrascht immer mit unangenehmen Vorstößen, die nicht mit seiner Partei abgestimmt sind, wie die Selbstbeteiligung im Krankenkassenwesen. Das hat er- ich war auf dem Kongress- das hat er in den Raum gestellt. Das steht in keinem Wahlprogramm. Er kommt dann plötzlich mit der Idee. Er hat auch bereits vor einiger Zeit von einer Rentenmauer gesprochen, in die wir voll hinein rasen, wenn wir so weiter machen.

    Am stärksten beunruhigt hat die Luxemburger eine Einlassung ihres Premiers zum so genannten 700.000-Einwohner -Staat. Hinter dieser Formel vom 700.000 -Einwohner-Staat steckt die Erkenntnis, dass Luxemburg beständig auf Zuwanderung angewiesen sein wird, wenn es seine sozialen Systeme weiter finanzieren will. Die Einwohnerzahl des kleines Landes wird sich in den kommenden Jahrzehnten nahezu verdoppeln und jährliche Wachstumsraten um die vier Prozent sind nötig, um die sozialen Leistungen abzusichern. Eine Vorstellung, die Ängste hervorruft. Jean- Claude Juncker.

    Die Menschen mögen überhaupt nicht, dass man über das Thema redet. Aber das heißt noch lange nicht, dass sich diese Frage nicht stellt. Wir hatten in den letzten 10 Jahren 11 Prozent Bevölkerungszuwachs. Und wenn sich die jetzige Entwicklung fortsetzt, bewegen wir uns mit Blick auf das Jahr 2050 auf 700.000 Einwohner zu. Das ist keine Katastrophe, das wäre eine nicht zu bewältigender Prozess, sondern man muss sich darauf vorbereiten und die Landesplanung entsprechend ausrichten.

    In keinem anderen europäischen Land leben so viele Ausländer. Fast 40 Prozent der Bevölkerung sind Nicht-Luxemburger. Betrachtet man den Arbeitsmarkt, sind die Ausländer längst in der Überzahl. An Wochentagen, zwischen acht und achtzehn Uhr, wenn die Pendler da sind, sind es 62 Prozent. Die Wirtschaft des Landes würde zusammenbrechen, wenn sie sich nicht auf ausländische Arbeitskräfte stützen könnte.

    Das Heer von Grenzgängern, das tagtäglich aus Frankreich, Belgien und Deutschland nach Luxemburg strömt, um hier seinen Lebensunterhalt zu verdienen, spricht die Landessprache Luxemburgisch kaum oder gar nicht. Das gilt auch für die größte Gruppe von EU-Ausländern, die Portugiesen, die in Luxemburg leben und arbeiten. Sie sprechen neben ihrer eigenen Muttersprache höchstens noch Französisch. Die Sprachbarriere hat dazu geführt, dass die Einwanderer nicht in die Gesellschaft integriert werden konnten. Jean Asselborn.

    Es gibt Leute bei uns, die Angst haben, wir würden die Identität verlieren. Das ist eine Herausforderung, dass wir auch über die Sprache integrieren im Land, dass wir es über die Sprache fertig bringen, all diese Menschen, die hier sind, ob sie Portugiesen sind, Italiener sind oder Dänen oder Amerikaner, die hier in Luxemburg ansässig werden wollen, dass wir sie über die Sprache unter ein Dach bekommen.

    Die großen Parteien sind sich einig, dass die überaus bedeutende Gruppe der Ausländer eher als Chance denn als Risiko zu betrachten ist. Gestritten wird allenfalls darüber, wie der beste Weg aussehen kann, sie zu integrieren. Diskutiert wird über die Verankerung der luxemburgischen Sprache in der Verfassung, über die doppelte Staatsbürgerschaft über einen Staatssekretär für Einwanderungsfragen. Für den Wahlkampf aber taugt dieses Thema nicht, dafür ist es viel zu ernst. Hierüber herrscht ein parteiübergreifender Konsens.
    In den Neunzigern spielte all dies keine Rolle. Die luxemburgische Überflussgesellschaft machte sich allenfalls Gedanken darüber, wie sie Geld ausgeben konnte. Spötter verglichen die Entwicklung des Landes mit der reicher Emirate am Golf. Und da sei was Wahres dran, findet Lucien Thiel, Kandidat der CSV und ehemaliger Vorsitzender der Luxemburgischen Bankenvereinigung.

    Der Vergleich mit dem Emirat ist nicht so ganz falsch. Die Weltbank und der Internationale Währungsfonds haben uns schon vor Jahren geraten, wir sollten uns ein Beispiel an Kuwait nehmen und wir sollten unsere überschüssigen Einkünfte nicht in den Konsum stecken sondern auf die hohe Kante legen und weltweit investieren. Weshalb? Weil man uns damals schon gesagt hat, passt auf, ihr habt ein sehr hohes soziales Soll in Zukunft zu erfüllen.

    Momentan sind die Pensionskassen durch den beständigen Bevölkerungszuwachs, steigende Pendlerströme und die von Jahr zu Jahr wachsende Beschäftigung prall gefüllt. In nicht allzu ferner Zukunft aber werden die Grenzgänger diese Kassen wieder leeren. Wenn Jean-Claude Juncker von einer Rentenmauer spricht, auf die Luxemburg ungebremst zurast, dann meint er diesen Zusammenhang. Nicht umsonst steht im Wahlprogramm der CSV die Wirtschaftspolitik an erster Stelle.

    Die Haushaltslage ist wesentlich enger geworden, so dass wir für die Jahre, die jetzt kommen, nicht munter drauf los versprechen können, sondern dass wir den Menschen jetzt sagen müssen, das es jetzt um Konsolidierung und nicht um die Ausweitung der Haushaltsmassen geht.

    Die Opposition, namentlich die Sozialisten sehen in den Einbrüchen beim Wachstum, dass von 9 Prozent zu Beginn des Jahrtausends auf 2,5 Prozent im laufenden Jahr gesunken ist und im Anstieg der Arbeitslosigkeit auf für Luxemburger Verhältnisse extrem hohe 4,3 Prozent das Ergebnis einer fehlgeschlagenen Wirtschaftspolitik. Vor allem in der Industriepolitik seien die Weichen falsch gestellt worden. Der sozialistische Spitzenkandidat Jean Asselborn.

    Der Staatsminister sagt im Namen der Regierung wir brauchen nicht jeden Arbeitsplatz in Luxemburg, wir brauch nicht jedem Betrieb hinterher zu rennen. Die Konsequenz davon ist, dass wir um 70 Prozent mehr Arbeitslosigkeit haben.

    Schafften es ist die europäischen Anrainerstaaten die Arbeitslosigkeit in ihren Ländern auf 4 Prozent zu senken, sie würden als Helden gefeiert. Aber europäisches Mittelmaß ist nicht die Sache der Luxemburger. Sie streben nach Spitzenpositionen und das wird auch der politischen Führungsfigur des Landes nachgesagt. Jean Claude Juncker, so heißt es beharrlich, ziehe es nach Brüssel, auf den Stuhl des Präsidenten der europäischen Kommission. Seine Anhänger wollen daran nicht glauben.

    Ich kann mir das nicht vorstellen. -- Er hat schon so oft gesagt, dass er wenn er gewählt wird, dass er dann nicht auf Brüssel oder Straßburg geht, er bleibt in Luxemburg. -- Ich glaube nicht an dieses Märchen. Wenn die CSV wider Erwarten die Wahl verlieren sollte, dann ist er ein freier Mann.

    Doch danach sieht es nicht aus. Und Juncker lässt keinen Zweifel daran, wo er zukünftig seinen Platz sieht.

    Ich möchte auf dem Stuhl des Premierministers sitzen bleiben und hoffe auf diesem sanft aber solide am 13. Juni zu landen.

    Januar 2005 übernehmen die Luxemburger in der Europäischen Union die Präsidentschaft. Ein Jean-Claude Juncker, trotz seiner 49 Jahre bereits ein "alter Hase" im Europa-Geschäft, hat es dann mit 1O neuen Mitgliedstaaten zu tun. Aber: Auch das wird er souverän meistern. Davon sind viele seiner luxemburgischen Landsleute heute schon überzeugt. Zuvor aber müssen sie Jean-Claude Juncker erst noch einmal wieder wählen.