Gestern Mittag in der Pariser Rue de Trévise: Unter den Passanten sind die Gegner eines EU-Beitritts der Türkei zahlreich. Das Land, steht für sie fest, gehört nicht zu Europa.
"Für mich gehört die Türkei nicht zu wirklich zu Europa, weder geografisch noch historisch oder kulturell. Die Europäische Union ist von der Basis her christlich, die Türken sind Muslime. Das ist eine andere Kultur mit anderen Sitten und einer anderen Einstellungen zum Leben. Ich denke, die Türken haben eine völlig andere Vision von Zukunft ihrer Gesellschaft, als wir Europäer. "
"Vor einigen Jahren hätte ich noch Ja zum Eintritt der Türkei gesagt. Aber heute macht mir die Türkei Angst. Wie alle anderen Ländern, in denen die Politik von der Religion bestimmt wird. Das macht mir einfach Angst. "
Sie sind dafür, dass in Frankreich per Referendum über einen eventuellen Beitritt der Türkei abgestimmt wird:
"Ja, warum nicht die Franzosen nach ihrer Meinung fragen?! Ja, das ist doch eine gute Idee.
Ein Referendum ist eine gute Lösung, weil es dann eine ausführliche öffentliche Debatte über den EU-Beitritt der Türkei gäbe und eine Antwort der Franzosen."
Einige Straßen weiter, in der Rue de Lafayette öffnet Françoise Onger die Tür zum "Centre Culturel Anatolie", zum Kulturzentrum Anatolien.
Sie hat es vor 24 Jahren gemeinsam mit ihrem türkischen Ehemann, Demir Onger, gegründet.
Der Vereinsraum ist rund 60 Quadratmeter groß; an den Wänden hängen Fotos anatolischer Berglandschaften und bunte Momentaufnahmen aus der Hafenstadt Izmir; in den Regalen stehen französische und türkische Bücher, - darunter viel Historisches und gleich mehrere Biografien des türkischen Staatsgründers Kemal Atatürk. Françoise Onger, die aus der französischen Normandie stammt, zeigt auf eine Ecke mit einer Filmleinwand und zwei Dutzend Klappstühlen davor.
Hier, sagt sie, veranstalten wir unsere Türkischkurse, aber auch Filmabende, Konferenzen und Debatten zu kulturellen oder politischen Themen.
Die Idee zum Kulturzentrum stammt von ihrem Mann. Demir Onger, der als Allgemeinmediziner seit knapp 40 Jahren in Frankreich lebt und arbeitet, wollte etwas für Völkerverständigung tun.
"Wir versuchen seitdem mit unserer Arbeit den Franzosen die verschiedenen Aspekte der türkischen Kultur und Gesellschaft näher zu bringen und einen Austausch zu ermöglichen. Denn die Türkei und ihre Kultur sind in Frankreich nur wenig oder gar nicht bekannt."
Eigentlich könnte Demir Ongers, der übrigens die französische und türkische Staatsangehörigkeit besitzt, zufrieden sein: der franco-türkische Kulturverein zählt heute 3000 Mitglieder, gut Zweidrittel sind Franzosen. Sie interessieren sich für die türkische Geschichte, Kultur und Sprache und die politische Entwicklung des Landes. Und doch ist der Vereinsvorsitzende frustriert. Interessiert an der Türkei, beklagt er, sei der französische Bildungsbürger, der Durchschnittsfranzose dagegen habe mit der Türkei nichts am Hut und die Franzosen hallte die Türken für ein rückständiges, streng muslimisches Volk. Denn die einzigen Türken, die sie kennen, sind die Einwanderer aus den Bergdörfern Ost- und Südostanatoliens.
"Das Bild, das die türkischen Arbeitsimmigranten abgeben - übrigens zu Dreivierteln Türken kurdischer Abstammung -, ist alles andere als positiv. Und obwohl die Immigranten nicht repräsentativ sind für die gesamte türkische Gesellschaft, glauben die Franzosen, Türken sind schlecht ausgebildet; Türkinnen tragen Kopftücher oder Schleier; die Türken integrieren sich nicht in die moderne westliche Gesellschaft Frankreichs, obwohl sie mittendrin leben."
Richtig ärgerlich wird Demir Onger, wenn er auf die französische Politiker und ihre - wie er sagt - türkenfeindlichen Positionen zu sprechen kommt. Nationalistische und rechtsextreme Parteien, aber auch die konservative Regierungspartei und Staatspräsident Nicolas Sarkozy brächten die französische Bevölkerung gegen sein Heimatland auf und nutzten in Frankreich weit verbreitete Ressentiments gegen Muslime und den Islam, um bei Wahlen zu punkten. Die Forderung der Regierungspartei ein nationales Referendum zum EU-Beitritt der Türkei per Grundgesetz festzuschreiben, sei reiner Populismus.
Seine Frau Françoise nickt und fügt dann hinzu: Nicht nur die türkische Gesellschaft müsse sich modernisieren und offener werden. Auch die Franzosen müssten an sich arbeiten und sich den Herausforderungen der Zukunft stellen.
"Die Mentalitäten müssen sich ändern. - Nicht nur bei den Türken, auch bei uns Franzosen. Wir müssen uns auch ändern."
"Für mich gehört die Türkei nicht zu wirklich zu Europa, weder geografisch noch historisch oder kulturell. Die Europäische Union ist von der Basis her christlich, die Türken sind Muslime. Das ist eine andere Kultur mit anderen Sitten und einer anderen Einstellungen zum Leben. Ich denke, die Türken haben eine völlig andere Vision von Zukunft ihrer Gesellschaft, als wir Europäer. "
"Vor einigen Jahren hätte ich noch Ja zum Eintritt der Türkei gesagt. Aber heute macht mir die Türkei Angst. Wie alle anderen Ländern, in denen die Politik von der Religion bestimmt wird. Das macht mir einfach Angst. "
Sie sind dafür, dass in Frankreich per Referendum über einen eventuellen Beitritt der Türkei abgestimmt wird:
"Ja, warum nicht die Franzosen nach ihrer Meinung fragen?! Ja, das ist doch eine gute Idee.
Ein Referendum ist eine gute Lösung, weil es dann eine ausführliche öffentliche Debatte über den EU-Beitritt der Türkei gäbe und eine Antwort der Franzosen."
Einige Straßen weiter, in der Rue de Lafayette öffnet Françoise Onger die Tür zum "Centre Culturel Anatolie", zum Kulturzentrum Anatolien.
Sie hat es vor 24 Jahren gemeinsam mit ihrem türkischen Ehemann, Demir Onger, gegründet.
Der Vereinsraum ist rund 60 Quadratmeter groß; an den Wänden hängen Fotos anatolischer Berglandschaften und bunte Momentaufnahmen aus der Hafenstadt Izmir; in den Regalen stehen französische und türkische Bücher, - darunter viel Historisches und gleich mehrere Biografien des türkischen Staatsgründers Kemal Atatürk. Françoise Onger, die aus der französischen Normandie stammt, zeigt auf eine Ecke mit einer Filmleinwand und zwei Dutzend Klappstühlen davor.
Hier, sagt sie, veranstalten wir unsere Türkischkurse, aber auch Filmabende, Konferenzen und Debatten zu kulturellen oder politischen Themen.
Die Idee zum Kulturzentrum stammt von ihrem Mann. Demir Onger, der als Allgemeinmediziner seit knapp 40 Jahren in Frankreich lebt und arbeitet, wollte etwas für Völkerverständigung tun.
"Wir versuchen seitdem mit unserer Arbeit den Franzosen die verschiedenen Aspekte der türkischen Kultur und Gesellschaft näher zu bringen und einen Austausch zu ermöglichen. Denn die Türkei und ihre Kultur sind in Frankreich nur wenig oder gar nicht bekannt."
Eigentlich könnte Demir Ongers, der übrigens die französische und türkische Staatsangehörigkeit besitzt, zufrieden sein: der franco-türkische Kulturverein zählt heute 3000 Mitglieder, gut Zweidrittel sind Franzosen. Sie interessieren sich für die türkische Geschichte, Kultur und Sprache und die politische Entwicklung des Landes. Und doch ist der Vereinsvorsitzende frustriert. Interessiert an der Türkei, beklagt er, sei der französische Bildungsbürger, der Durchschnittsfranzose dagegen habe mit der Türkei nichts am Hut und die Franzosen hallte die Türken für ein rückständiges, streng muslimisches Volk. Denn die einzigen Türken, die sie kennen, sind die Einwanderer aus den Bergdörfern Ost- und Südostanatoliens.
"Das Bild, das die türkischen Arbeitsimmigranten abgeben - übrigens zu Dreivierteln Türken kurdischer Abstammung -, ist alles andere als positiv. Und obwohl die Immigranten nicht repräsentativ sind für die gesamte türkische Gesellschaft, glauben die Franzosen, Türken sind schlecht ausgebildet; Türkinnen tragen Kopftücher oder Schleier; die Türken integrieren sich nicht in die moderne westliche Gesellschaft Frankreichs, obwohl sie mittendrin leben."
Richtig ärgerlich wird Demir Onger, wenn er auf die französische Politiker und ihre - wie er sagt - türkenfeindlichen Positionen zu sprechen kommt. Nationalistische und rechtsextreme Parteien, aber auch die konservative Regierungspartei und Staatspräsident Nicolas Sarkozy brächten die französische Bevölkerung gegen sein Heimatland auf und nutzten in Frankreich weit verbreitete Ressentiments gegen Muslime und den Islam, um bei Wahlen zu punkten. Die Forderung der Regierungspartei ein nationales Referendum zum EU-Beitritt der Türkei per Grundgesetz festzuschreiben, sei reiner Populismus.
Seine Frau Françoise nickt und fügt dann hinzu: Nicht nur die türkische Gesellschaft müsse sich modernisieren und offener werden. Auch die Franzosen müssten an sich arbeiten und sich den Herausforderungen der Zukunft stellen.
"Die Mentalitäten müssen sich ändern. - Nicht nur bei den Türken, auch bei uns Franzosen. Wir müssen uns auch ändern."