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Das Schwierigste ist die Zulassung!

Mal im Ausland studieren, das sagen sich viele Studierende im Laufe ihrer Ausbildung und dann sind sie - meist im Hauptstudium - für ein oder zwei Semester in den USA oder einem europäischen Land. Wen es weiter weg zieht, der braucht oft eine Weile, bis er sich an die Sprache, die neuen Gewohnheiten und auch das völlig andere Unileben gewöhnt hat. Jörg Albrecht hat es an die Ritsumeikan-Universität in Japan verschlagen. Augenfälligster Unterschied für ihn sind zunächst die anderen Prüfungstermine. Prüfungen finden nicht nach der Ausbildung, sondern vorher statt. Beim Wechsel von der Highschool auf die Hochschule muss man die Eingangstests bestehen. Dann darf man vier Jahre studieren und - mit Ausnahme von Medizin oder technischen Studiengängen - gibt es keine Leistungskontrolle mehr. Das Studium gilt als beendet, wenn alle vorausgesetzten Kurse belegt wurden. Will man sich daran im Anschluss für den zweijährigen Masterkurs anmelden, muss man erneut einen Eingangstest bestehen. Aber auch hier gibt es keine abschließende Leistungskontrolle, nur die Anwesenheit zählt. Wer die Eingangstests nicht besteht, kann für ein Jahr eine private Schule besuchen, die auf einen bestimmten Test vorbereitet.

    Studierende, die die Universität hinter sich lassen wollen, sind ab April eines Jahres frei. In Japan beginnen die Universitäten nämlich immer zum Sommersemester, ohne Ausnahme. Da japanische Arbeitnehmer in der Regel bis zur Pension in der selben Firma bleiben, besteht kaum Nachfrage nach anderen Eintrittsterminen. Und so beginnen die Studierenden am Ende des dritten Unijahres - meist im November- sich um einem Arbeitsplatz zu bewerben. Wer aber nach Stellenanzeigen in Tageszeitungen sucht, wird dies vergebens tun. Man sucht in Zeitschriften und sogar Bücher, die sich darauf spezialisiert haben.

    Nach dem Abschicken der Bewerbungsunterlagen folgt ein standardisierter Einstellungstest, der SPI, der um einiges einfacher ist, als der Eingangstest für die Universität. Wer diesen Test mit einem guten Ergebnis besteht, für den folgen etwa ein halbes Dutzend verschiedener Gespräche mit den Abteilungsleitern der zukünftigen Firma. Das können sowohl Einzel- als auch Gruppengespräche sein. Mit jeder neuen Einladung zu einem Gespräch spricht man mit einem höheren Mitarbeiter. Am Ende sitzt man in der Regel dem Firmenleiter gegenüber. Im siebten Semester werden dann meist die Verträge unterzeichnet, obwohl noch kein Uniabschluss vorliegt. Jetzt ist die Hauptarbeit für die Studierenden erledigt. Was folgt sind hauptsächlich die Vorbereitungen auf den neuen Job, denn die Vorbereitungen auf eine Abschlussprüfung entfallen.

    Weitaus komplizierter kann sich das 'gesellschaftliche' Leben an der Uni gestalten. Fast jeder japanische Studierende ist Mitglied in einem studentischen Club. Jörg Albrecht hat es zum Wanderclub "Wandervögel" gezogen. Eine Entscheidung, die ihn oft viel Zeit mit den Wanderfreunden verbringen lässt. Wöchentlich finden ein, manchmal sogar zwei Mal eine "ordentliche Mitgliederversammlungen" statt, die etwa zwei bis drei Stunden dauert. Vor einer geplanten Wanderung allerdings trifft man sich eine Woche lang jeden Tag, macht zusammen Sport, lernt Kartenlesen, Wetterbestimmung und Erste Hilfe - manchmal bis zu sechs Stunden. Diese Clubs dienen nicht nur dem einfach Freizeitvergnügen, sondern sind eine Vorbereitung auf das spätere Berufsleben. Obwohl ausschließlich Studierende Mitglieder in den Clubs sind, besteht eine sehr starre Hierarchie, der man sich als Neuling unterzuordnen hat. Der Status des einzelnen Mitglieds wird nicht durch Alter oder persönliche Voraussetzung bestimmt, sondern durch die Anzahl der Semester, bzw. Jahre an der Uni.

    Links zum Thema:

    Von ihren Erfahrungen als Marketing-Studentin in Japan berichtet eine Studentin im Uni-Spiegel