Karin Fischer: Seit Wochen nehmen selbst hartgesottene Banker ein Wort besonders gerne in den Mund: Regulierung. Regulierung heißt in Zeiten der nicht zu stoppende Finanzkrise aber mehr als die Eindämmung der globalen Finanzströme, die sich von fruchtbaren Renditen mit sich führenden flinken Flüsschen ja offenbar in Tsunamis, die ganze Weltwirtschaften bedrohen. Regulierung heißt heute: Der Staat muss es richten. Vertrauen, ein Wort, über das wir gestern an dieser Stelle philosophiert haben, kann man dem Staat, nicht aber dem Finanzmarkt. So weit, so gut. Das Problem ist, dass die Verstaatlichung als gespenstische Hinterlassenschaft einer überkommen geglaubten linken Ideologie jahrzehntelang verfemt war. Und jetzt soll sie plötzlich wieder Konjunktur haben? Frage an den Wirtschaftswissenschaftler Birger Priddat von der Universität Witten-Herdecke: Hatte Marx am Ende dann doch recht?
Birger Priddat: Na ja, das wissen wir noch nicht. Das Spiel ist noch nicht ausgespielt. Aber es ist schon ein bisschen seltsam, dass plötzlich gestandene Marktwirtschaftler auf dem Niveau von Herrn Chávez aus Venezuela argumentieren, der ja auch die Banken verstaatlicht. Wissen Sie, das ist aber letztendlich ein schwieriges Thema, weil man steht ja in einer Notlage. Was hier passiert ist, ist, dass das Vertrauen der Banken untereinander auf Kreditgabe gestört ist. Das ist etwas, wo man sich natürlich überlegen muss, und da es ein volkswirtschaftlich allgemeines Problem ist, die gesamte Nation und natürlich jetzt sogar weltwirtschaftliche Aspekte hat, ist natürlich immer die Instanz, die für das Allgemeine zuständig ist - der Staat -, dann erst einmal aufgerufen.
Fischer: Ja, aber interessant ist doch, Herr Priddat, dass vor ganz Kurzem noch diesem Staat rundweg abgesprochen wurde, irgendwas an der globalen Wirtschaftsschraube überhaupt drehen zu können. Jetzt braucht man ihn, um genau das zu tun.
Priddat: Da sehen Sie mal, wie schnell das sich wenden kann. Das war natürlich auch ein, sagen wir mal, so eine marktwirtschaftliche Kulturideologie, dass der Markt global alles regelt, und da sind wir an seine Grenzen gekommen. Und ein kluger Volkswirt weiß das. Er weiß, dass der Markt nicht in allen Situationen sich selber klärt. Er braucht Hilfe.
Fischer: Apropos Ideologie. Wenn jetzt reihenweise Banken verstaatlicht werden, ist das ein richtiger Begriff für das, was da passiert, und kann man dabei eigentlich schon von so was wie Sozialismus sprechen?
Priddat: Ich will es mal so sagen: Regulierung, Regulation ist nötig in solchen Fällen. Ob eine Verstaatlichung der Banken die richtige Maßnahme ist, das müsste von Fall zu Fall geprüft werden. Ich bin eher skeptisch, weil der Staat, wenn er sozusagen die Bank übernimmt, ist ja nicht kompetenter als der Markt. Das heißt, wo kommt denn plötzlich die Kompetenz her, Dinge regeln zu können, die letzten Endes wieder der Markt regeln muss. Also haben wir ein Übergangsphänomen. Wir müssen Banken, die selber nicht mehr können - oder das Management steckt in einem hohen Dilemma, es ist ja nicht immer gleich ein Managementfehler, das ist ja ein Systemzusammenbruch -, denen muss geholfen werden. Das heißt, die brauchen Liquidität. Ich finde es richtig, dass der Staat Programme auflegt, den Banken wieder zu ihrer Liquidität zu verhelfen. Aber das muss nicht gleich mit der Verstaatlichung einhergehen. Denn das hieße ja, dass die Politik die Verantwortung für wichtige Teile der Marktwirtschaft übernimmt. Und dafür ist sie ja gar nicht kompetent. Wo soll das Personal herkommen? Wer soll die Leute denn kontrollieren? Was soll der Staat denn besser machen als die Banken? In dem Sinne Übergangslösung, in dem Sinne Regulation als Regeln finden, und die Regeln müssen teilweise eben auch richtig finanziert werden.
Fischer: Ich möchte noch mal, Herr Priddat, auf die großen Linien zu sprechen kommen. Es gibt linke und es gibt konservative Zyklen, das sagen Volkswirtschaftler wie Robert Skidelsky, die sich fast gesetzmäßig abwechseln. Man kann dieses Auf und Ab ja auch schon an Ländern ablesen, deren Regierungen wechseln, wo dann jeweils die linke oder eben die konservative, dem Markt eher zuarbeitende Philosophie herrscht mit Auswirkungen auf ganze volkswirtschaftliche Bereiche.
Priddat: Ja, da ist vielleicht in England so gewesen, wo Labor und die Konservativen sich abgewechselt haben, sodass auch immer Ideologiewechsel war. In vielen Volkswirtschaften ist das ja nicht der Fall. Und es gibt auch nicht sozusagen diese kontrastreichen politischen Programme. Das ist bei den meisten doch sehr vermischt. Da kann man dieses Schema nicht drauf anwenden. Was richtig ist, dass es bestimmte Zyklen gibt, und das sind, wenn Sie so wollen, aufschäumende Zyklen. Wir haben ja hier ein System sich entwickeln sehen, wo alle wussten, dass es irgendwann mal zusammenbrechen muss. Aber sie dachten, vorher noch gut verkaufen zu können. Wenn das aber jeder denkt, dann erwischt es plötzlich an einem bestimmten Schnittpunkt alle.
Fischer: Um ein Beispiel herauszugreifen, Herr Priddat, mit dem wir auch wieder über Umwege auf die Kultur zurückkommen. Einige deutsche Städte haben ja denkmalgeschützte Siedlungen an ausländische Investoren verkauft, wofür sie Geld bekommen haben. Was passiert eigentlich mit Geschäftsmodellen wie diesen, die ja von vorneherein umstritten waren? Kommt da die Krise noch mal auf einem anderen Weg zu uns zurück?
Priddat: Ja, es kann ja sein, muss man sich die Verträge angucken, dass die dann haften und dann entsprechend zahlen müssen, sodass, was sie dachten, kurzfristig als Lösung ihrer kommunalen Schwierigkeiten zu haben, jetzt sie teuer zu stehen kommt. Da würde ich auch sagen, das ist das Beispiel, wo man eben sieht, dass der Staat, das Personal, das sind jetzt die Verwaltungsfachleute, nicht unbedingt ja die kompetentesten sind, einzuschätzen, welche Folgewirkung, welche Risiken sie mit diesen Projekten eingehen. Und das ist verantwortungslos.
Birger Priddat: Na ja, das wissen wir noch nicht. Das Spiel ist noch nicht ausgespielt. Aber es ist schon ein bisschen seltsam, dass plötzlich gestandene Marktwirtschaftler auf dem Niveau von Herrn Chávez aus Venezuela argumentieren, der ja auch die Banken verstaatlicht. Wissen Sie, das ist aber letztendlich ein schwieriges Thema, weil man steht ja in einer Notlage. Was hier passiert ist, ist, dass das Vertrauen der Banken untereinander auf Kreditgabe gestört ist. Das ist etwas, wo man sich natürlich überlegen muss, und da es ein volkswirtschaftlich allgemeines Problem ist, die gesamte Nation und natürlich jetzt sogar weltwirtschaftliche Aspekte hat, ist natürlich immer die Instanz, die für das Allgemeine zuständig ist - der Staat -, dann erst einmal aufgerufen.
Fischer: Ja, aber interessant ist doch, Herr Priddat, dass vor ganz Kurzem noch diesem Staat rundweg abgesprochen wurde, irgendwas an der globalen Wirtschaftsschraube überhaupt drehen zu können. Jetzt braucht man ihn, um genau das zu tun.
Priddat: Da sehen Sie mal, wie schnell das sich wenden kann. Das war natürlich auch ein, sagen wir mal, so eine marktwirtschaftliche Kulturideologie, dass der Markt global alles regelt, und da sind wir an seine Grenzen gekommen. Und ein kluger Volkswirt weiß das. Er weiß, dass der Markt nicht in allen Situationen sich selber klärt. Er braucht Hilfe.
Fischer: Apropos Ideologie. Wenn jetzt reihenweise Banken verstaatlicht werden, ist das ein richtiger Begriff für das, was da passiert, und kann man dabei eigentlich schon von so was wie Sozialismus sprechen?
Priddat: Ich will es mal so sagen: Regulierung, Regulation ist nötig in solchen Fällen. Ob eine Verstaatlichung der Banken die richtige Maßnahme ist, das müsste von Fall zu Fall geprüft werden. Ich bin eher skeptisch, weil der Staat, wenn er sozusagen die Bank übernimmt, ist ja nicht kompetenter als der Markt. Das heißt, wo kommt denn plötzlich die Kompetenz her, Dinge regeln zu können, die letzten Endes wieder der Markt regeln muss. Also haben wir ein Übergangsphänomen. Wir müssen Banken, die selber nicht mehr können - oder das Management steckt in einem hohen Dilemma, es ist ja nicht immer gleich ein Managementfehler, das ist ja ein Systemzusammenbruch -, denen muss geholfen werden. Das heißt, die brauchen Liquidität. Ich finde es richtig, dass der Staat Programme auflegt, den Banken wieder zu ihrer Liquidität zu verhelfen. Aber das muss nicht gleich mit der Verstaatlichung einhergehen. Denn das hieße ja, dass die Politik die Verantwortung für wichtige Teile der Marktwirtschaft übernimmt. Und dafür ist sie ja gar nicht kompetent. Wo soll das Personal herkommen? Wer soll die Leute denn kontrollieren? Was soll der Staat denn besser machen als die Banken? In dem Sinne Übergangslösung, in dem Sinne Regulation als Regeln finden, und die Regeln müssen teilweise eben auch richtig finanziert werden.
Fischer: Ich möchte noch mal, Herr Priddat, auf die großen Linien zu sprechen kommen. Es gibt linke und es gibt konservative Zyklen, das sagen Volkswirtschaftler wie Robert Skidelsky, die sich fast gesetzmäßig abwechseln. Man kann dieses Auf und Ab ja auch schon an Ländern ablesen, deren Regierungen wechseln, wo dann jeweils die linke oder eben die konservative, dem Markt eher zuarbeitende Philosophie herrscht mit Auswirkungen auf ganze volkswirtschaftliche Bereiche.
Priddat: Ja, da ist vielleicht in England so gewesen, wo Labor und die Konservativen sich abgewechselt haben, sodass auch immer Ideologiewechsel war. In vielen Volkswirtschaften ist das ja nicht der Fall. Und es gibt auch nicht sozusagen diese kontrastreichen politischen Programme. Das ist bei den meisten doch sehr vermischt. Da kann man dieses Schema nicht drauf anwenden. Was richtig ist, dass es bestimmte Zyklen gibt, und das sind, wenn Sie so wollen, aufschäumende Zyklen. Wir haben ja hier ein System sich entwickeln sehen, wo alle wussten, dass es irgendwann mal zusammenbrechen muss. Aber sie dachten, vorher noch gut verkaufen zu können. Wenn das aber jeder denkt, dann erwischt es plötzlich an einem bestimmten Schnittpunkt alle.
Fischer: Um ein Beispiel herauszugreifen, Herr Priddat, mit dem wir auch wieder über Umwege auf die Kultur zurückkommen. Einige deutsche Städte haben ja denkmalgeschützte Siedlungen an ausländische Investoren verkauft, wofür sie Geld bekommen haben. Was passiert eigentlich mit Geschäftsmodellen wie diesen, die ja von vorneherein umstritten waren? Kommt da die Krise noch mal auf einem anderen Weg zu uns zurück?
Priddat: Ja, es kann ja sein, muss man sich die Verträge angucken, dass die dann haften und dann entsprechend zahlen müssen, sodass, was sie dachten, kurzfristig als Lösung ihrer kommunalen Schwierigkeiten zu haben, jetzt sie teuer zu stehen kommt. Da würde ich auch sagen, das ist das Beispiel, wo man eben sieht, dass der Staat, das Personal, das sind jetzt die Verwaltungsfachleute, nicht unbedingt ja die kompetentesten sind, einzuschätzen, welche Folgewirkung, welche Risiken sie mit diesen Projekten eingehen. Und das ist verantwortungslos.