Ein Gymnasium im Zentrum von Athen. Von außen: ein Juwel - das neoklassizistische Gebäude war früher ein großbürgerliches Wohnhaus. Die Streikwache lädt bereitwillig ins Innere ein. Panagiotis, Jeans, T-Shirt, schulterlange dunkle Locken, übernimmt die Führung. Erste Station: das Souterrain.
Hier, in diesem Raum, haben sie bis letztes Jahr Unterricht gehabt, erzählt der 17-Jährige und zeigt auf ein kleines Fenster - die einzige natürliche Lichtquelle. Dann geht es weiter auf den Pausenhof, der gleichzeitig als Sportplatz dient. Er ist nicht größer als der Garten eines Reihenhauses. Eine Turnhalle gibt es nicht, eine Aula ebenso wenig. Andere Schulen mögen mehr Platz haben, doch die erinnern dann mit ihren Gittern vor den Fenstern und den zementierten Pausenhöfen nur zu oft an Besserungsanstalten.
Inzwischen haben sich weitere Schüler der Führung angeschlossen. Ihre Forderungen umfassen viel mehr als nur praktische Dinge, erklärt etwa Ilias, ein Typ mit Korkenzieherlocken:
Lernen bedeute hier stures Auswendiglernen, überhaupt sei das einzige Bildungsziel am Gymnasium, auf die Universitätsaufnahmeprüfungen vorzubereiten. Das griechische Schulsystem fördere das Konkurrenzdenken, nicht die Integration, meint Dimos:
" Die Jahre vor dem Abitur sind für uns ein wahnsinniger Stress. Wir haben richtig gehend Angst. Denn wir wissen: wenn wir hier versagen, ist alles verloren. "
In einer Ecke spielen ein paar Mitschüler Backgammon. Panagiotis zeigt auf eine Reihe von Pulten: die schieben sie in diesen Tagen jeden Abend zusammen, um drauf zu schlafen. Dimos spricht indes das brisanteste Thema an: die privaten Nachhilfeinstitute, fester Bestandteil des griechischen Schulsystems.
Von kostenloser Bildung für alle könne keine Rede sein; die Lehrer bauen ihren Unterricht auf dem auf, was die Schüler in den Nachhilfeinstituten lernen, sagt Dimos. An die 1000 Euro kosten die monatlich - das entspricht einem griechischen Durchschnittsgehalt. Die Jahre vor dem Abitur seien sogar noch teurer. Für die Eltern bedeute das im besten Fall Verzicht, im schlimmsten Fall: Kredit. Vor allem, wenn sie mehr als ein Kind hätten.
" Wegen all dem haben wir beschlossen, unsere Schule zu besetzen. Dazu machen wir eine Versammlung und stimmen ab. Und wenn mehr als die Hälfte von uns dafür ist, bitten wir unsere Lehrer, die Schule zu verlassen - und hängen ein Schloss an die Tür. "
Die rausgeschmissenen Lehrer treffen sich in diesen Tagen in einem Café um die Ecke. Zwar geben sie zu, dass die Schüler Recht haben mit ihren Forderungen: Oftmals fehlen bis Weihnachten Lehrer, viele Schulbücher werden erst Wochen nach Unterrichtsbeginn geliefert, die Lehrpläne und Lehrmethoden sind veraltet. Doch am schlimmsten sei das Desinteresse der Politik für Bildungsfragen. Wenn dennoch viele Lehrer den Schulbesetzungen kritisch gegenüber stehen, liegt das daran, dass sie nur von einem kleinen Teil der Schüler am Laufen gehalten werden, während sie für den Großteil eine Gelegenheit sind, Schule zu schwänzen. Die Schulbesetzungen im Herbst seien geradezu Mode geworden, erklärt die Physiklehrerin Eleni, die nur ihren Vornamen nennen will.
" Die Schüler wollen extra Ferien. Und weil die nicht vorgesehen sind, holen sie sie sich selber. Ihre Forderungen sind dafür nur ein Vorwand. "
Tee, Kaffee, Zigarettenqualm - die Diskussion wird hitziger.
" Die Jugendlichen sind wütend - und zu Recht! Wir füllen sie ab mit unnützem Wissen. Vormittags in der Schule, nachmittags in der Nachhilfe. Oft sitzen sie dann bis ein Uhr, zwei Uhr morgens am Schreibtisch. Damit sprechen wir ihnen das Recht ab, ihr Leben selbst zu gestalten: sich zu verlieben, Freundschaften zu pflegen, ihre Sorgen auszutauschen. Wir hindern sie am Leben! "
Auch Mathematiklehrer Nikos Hiotelis führt die Streiks auf das verkrustete Schulsystem zurück. Doch er glaubt nicht, dass sie etwas bringen - denn dazu müsste die Politik einlenken, und für die war die Bildung schon immer ein Stiefkind.
Hier, in diesem Raum, haben sie bis letztes Jahr Unterricht gehabt, erzählt der 17-Jährige und zeigt auf ein kleines Fenster - die einzige natürliche Lichtquelle. Dann geht es weiter auf den Pausenhof, der gleichzeitig als Sportplatz dient. Er ist nicht größer als der Garten eines Reihenhauses. Eine Turnhalle gibt es nicht, eine Aula ebenso wenig. Andere Schulen mögen mehr Platz haben, doch die erinnern dann mit ihren Gittern vor den Fenstern und den zementierten Pausenhöfen nur zu oft an Besserungsanstalten.
Inzwischen haben sich weitere Schüler der Führung angeschlossen. Ihre Forderungen umfassen viel mehr als nur praktische Dinge, erklärt etwa Ilias, ein Typ mit Korkenzieherlocken:
Lernen bedeute hier stures Auswendiglernen, überhaupt sei das einzige Bildungsziel am Gymnasium, auf die Universitätsaufnahmeprüfungen vorzubereiten. Das griechische Schulsystem fördere das Konkurrenzdenken, nicht die Integration, meint Dimos:
" Die Jahre vor dem Abitur sind für uns ein wahnsinniger Stress. Wir haben richtig gehend Angst. Denn wir wissen: wenn wir hier versagen, ist alles verloren. "
In einer Ecke spielen ein paar Mitschüler Backgammon. Panagiotis zeigt auf eine Reihe von Pulten: die schieben sie in diesen Tagen jeden Abend zusammen, um drauf zu schlafen. Dimos spricht indes das brisanteste Thema an: die privaten Nachhilfeinstitute, fester Bestandteil des griechischen Schulsystems.
Von kostenloser Bildung für alle könne keine Rede sein; die Lehrer bauen ihren Unterricht auf dem auf, was die Schüler in den Nachhilfeinstituten lernen, sagt Dimos. An die 1000 Euro kosten die monatlich - das entspricht einem griechischen Durchschnittsgehalt. Die Jahre vor dem Abitur seien sogar noch teurer. Für die Eltern bedeute das im besten Fall Verzicht, im schlimmsten Fall: Kredit. Vor allem, wenn sie mehr als ein Kind hätten.
" Wegen all dem haben wir beschlossen, unsere Schule zu besetzen. Dazu machen wir eine Versammlung und stimmen ab. Und wenn mehr als die Hälfte von uns dafür ist, bitten wir unsere Lehrer, die Schule zu verlassen - und hängen ein Schloss an die Tür. "
Die rausgeschmissenen Lehrer treffen sich in diesen Tagen in einem Café um die Ecke. Zwar geben sie zu, dass die Schüler Recht haben mit ihren Forderungen: Oftmals fehlen bis Weihnachten Lehrer, viele Schulbücher werden erst Wochen nach Unterrichtsbeginn geliefert, die Lehrpläne und Lehrmethoden sind veraltet. Doch am schlimmsten sei das Desinteresse der Politik für Bildungsfragen. Wenn dennoch viele Lehrer den Schulbesetzungen kritisch gegenüber stehen, liegt das daran, dass sie nur von einem kleinen Teil der Schüler am Laufen gehalten werden, während sie für den Großteil eine Gelegenheit sind, Schule zu schwänzen. Die Schulbesetzungen im Herbst seien geradezu Mode geworden, erklärt die Physiklehrerin Eleni, die nur ihren Vornamen nennen will.
" Die Schüler wollen extra Ferien. Und weil die nicht vorgesehen sind, holen sie sie sich selber. Ihre Forderungen sind dafür nur ein Vorwand. "
Tee, Kaffee, Zigarettenqualm - die Diskussion wird hitziger.
" Die Jugendlichen sind wütend - und zu Recht! Wir füllen sie ab mit unnützem Wissen. Vormittags in der Schule, nachmittags in der Nachhilfe. Oft sitzen sie dann bis ein Uhr, zwei Uhr morgens am Schreibtisch. Damit sprechen wir ihnen das Recht ab, ihr Leben selbst zu gestalten: sich zu verlieben, Freundschaften zu pflegen, ihre Sorgen auszutauschen. Wir hindern sie am Leben! "
Auch Mathematiklehrer Nikos Hiotelis führt die Streiks auf das verkrustete Schulsystem zurück. Doch er glaubt nicht, dass sie etwas bringen - denn dazu müsste die Politik einlenken, und für die war die Bildung schon immer ein Stiefkind.