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Das Theater und die Krise der Gesellschaft

Rezession, Massenarbeitslosigkeit, soziale Unruhen oder gar ein ganz neues Finanzsystem - welche Folgen die Finanzkrise tatsächlich haben wird, ist noch nicht absehbar. In dieser Woche jedenfalls warnten verschiedene Politiker vor Panikmache. Wer immer wieder soziale Unruhen beschwöre, brauche sich nicht zu wundern, wenn sie eines Tages tatsächlich aufkämen.

    Inzwischen reagieren auch verschiedene Künstler mit ihren Arbeiten auf die gegenwärtige Situation. Das Theater erweist sich dabei wieder einmal als Kunstform mit besonders hoher Reaktionsgeschwindigkeit. So hat der Regisseur Thomas Ostermeier an der Berliner Schaubühne kürzlich Ibsens Bankiers-Drama "John Gabriel Borkmann" so inszeniert, dass Anspielungen auf die aktuelle Bankenkrise nicht zu übersehen waren.

    Ostermeier, 40 Jahre alt und einer der meistbeachteten und -ausgezeichneten deutschen Theaterregisseure, bezweckt aber auf der Bühne keine platte Kapitalismuskritik. Seine jüngste Ibsen-Inszenierung - mit Josef Bierbichler in der Titelrolle - zeigt hinter dem machtbessenen Titelhelden auch den emotional und sozial gescheiterten Menschen.
    Um die Frage, wie eine solche Aktualisierung eines klassischen Textes ohne plakative Plattheiten gelingen kann, sowie um andere Theaterexperimente zum Thema Finanzkrise, geht es auch in dem folgenden Gespräch, das Karin Fischer mit Thomas Ostermeier geführt hat.