Der Strom selbst symbolisiert das Fließen der Zeit, und wie die Schiffe auf ihm schwimmen, so bewegen wir Heutigen uns auf der bewegten Oberfläche der Geschichte, über Abgründe und Blindgänger hinweg, von denen wir nichts wissen.
Es ist der deutsche Strom, um den es geht, und es ist deutsche Geschichte, die als große Drohung aus der Tiefe kommt. Die Drohung trägt die Bezeichnung HC 4000 LB und hat walzenförmige Gestalt: knapp einen Meter Durchmesser, knapp drei Meter lang. Die englischen Luftminen dieses Typs hießen Blockbuster, lange bevor dieser Begriff von den Unterhaltungsmedien positiv besetzt wurde. Der Erfolg der Blockbuster-Bomben bestand darin, durch eine gigantische Druckwelle die Hausdächer im Umkreis von mehreren Hundert Metern zu zerstören, damit die nächste Staffel Kampfflieger Brandsätze ins Innere der Häuser regnen lassen konnte.
Feuer und Wasser – beides lag ganz nah zusammen in jener sternenklaren Nacht des 6. November 1944, als Koblenz von der britischen Luftwaffe in Schutt und Asche gelegt wurde, mit 120 Luftminen und mehr als 150.000 Brandbomben. Manches davon fiel in den Rhein, ohne zu explodieren. Dass bei dem Großangriff nur hundert Menschen umkamen, lag daran, dass die Stadt bereits weitgehend evakuiert worden war.
So war die heutige Evakuierung mit ihrem superlativischen Charakter auch eine Art Re-Enactment, ein Nachspielen historischer Geschehnisse mit dem Effekt stärkerer Bewusstwerdung. Erinnerungen an die deutsche Vergangenheit und das Wesen des Krieges wurden seit dem Bombenfund vor zwei Wochen nicht nur in der Koblenzer Bevölkerung ausgetauscht. Obwohl solche Bombenfunde immer wieder vorkommen, wurde dieser zu einem nationalen Medienthema.
Man hatte plötzlich das Gefühl, dass sich diese Geschichtslektion mit der Möglichkeit einer aktuellen Katastrophe verband. Die Explosionskraft von fast anderthalb Tonnen Sprengstoff hypnotisierte das Publikum und vielleicht auch die Behörden. Der Mann, der mit seinem Team die Bombe schließlich heute Nachmittag entschärfte, nannte den ganzen Evakuierungsrummel übertrieben.
Abgeschaltet wurde aber auch die Webcam des Südwestrundfunks, die seit Tagen auf den Blindgänger gerichtet war – ein medienpolitisch hochinteressanter Fall. Denn einerseits ist es heutzutage eine Selbstverständlichkeit, die Öffentlichkeit visuell an aufregenden Ereignissen teilhaben zu lassen, andererseits fielen die Verantwortlichen wohl ihrem eigenen Nervenkitzel zum Opfer und erklärten, sie wollten nicht ohne journalistische Kontrolle bestimmte Bilder übers Netz streamen. Was war mit "bestimmte Bilder" wohl gemeint? Die Verletzung oder gar der Tod der Helden des Tages, der Leute vom Kampfmittelräumdienst?
So vollzog sich diese intensivste Kriegsgedenkstunde seit Langem unter gewissermaßen historischen Bedingungen: ohne Livebilder, ohne die gewohnte Medienbegleitung. Journalisten waren am Ort des Geschehens nicht zugelassen, zu ihrem eigenen Schutze, versteht sich. Jegliche Information kam nur von amtlicher Seite; die Behörden hatten alle Macht. Auch das verstärkte die Erinnerung.
Es ist der deutsche Strom, um den es geht, und es ist deutsche Geschichte, die als große Drohung aus der Tiefe kommt. Die Drohung trägt die Bezeichnung HC 4000 LB und hat walzenförmige Gestalt: knapp einen Meter Durchmesser, knapp drei Meter lang. Die englischen Luftminen dieses Typs hießen Blockbuster, lange bevor dieser Begriff von den Unterhaltungsmedien positiv besetzt wurde. Der Erfolg der Blockbuster-Bomben bestand darin, durch eine gigantische Druckwelle die Hausdächer im Umkreis von mehreren Hundert Metern zu zerstören, damit die nächste Staffel Kampfflieger Brandsätze ins Innere der Häuser regnen lassen konnte.
Feuer und Wasser – beides lag ganz nah zusammen in jener sternenklaren Nacht des 6. November 1944, als Koblenz von der britischen Luftwaffe in Schutt und Asche gelegt wurde, mit 120 Luftminen und mehr als 150.000 Brandbomben. Manches davon fiel in den Rhein, ohne zu explodieren. Dass bei dem Großangriff nur hundert Menschen umkamen, lag daran, dass die Stadt bereits weitgehend evakuiert worden war.
So war die heutige Evakuierung mit ihrem superlativischen Charakter auch eine Art Re-Enactment, ein Nachspielen historischer Geschehnisse mit dem Effekt stärkerer Bewusstwerdung. Erinnerungen an die deutsche Vergangenheit und das Wesen des Krieges wurden seit dem Bombenfund vor zwei Wochen nicht nur in der Koblenzer Bevölkerung ausgetauscht. Obwohl solche Bombenfunde immer wieder vorkommen, wurde dieser zu einem nationalen Medienthema.
Man hatte plötzlich das Gefühl, dass sich diese Geschichtslektion mit der Möglichkeit einer aktuellen Katastrophe verband. Die Explosionskraft von fast anderthalb Tonnen Sprengstoff hypnotisierte das Publikum und vielleicht auch die Behörden. Der Mann, der mit seinem Team die Bombe schließlich heute Nachmittag entschärfte, nannte den ganzen Evakuierungsrummel übertrieben.
Abgeschaltet wurde aber auch die Webcam des Südwestrundfunks, die seit Tagen auf den Blindgänger gerichtet war – ein medienpolitisch hochinteressanter Fall. Denn einerseits ist es heutzutage eine Selbstverständlichkeit, die Öffentlichkeit visuell an aufregenden Ereignissen teilhaben zu lassen, andererseits fielen die Verantwortlichen wohl ihrem eigenen Nervenkitzel zum Opfer und erklärten, sie wollten nicht ohne journalistische Kontrolle bestimmte Bilder übers Netz streamen. Was war mit "bestimmte Bilder" wohl gemeint? Die Verletzung oder gar der Tod der Helden des Tages, der Leute vom Kampfmittelräumdienst?
So vollzog sich diese intensivste Kriegsgedenkstunde seit Langem unter gewissermaßen historischen Bedingungen: ohne Livebilder, ohne die gewohnte Medienbegleitung. Journalisten waren am Ort des Geschehens nicht zugelassen, zu ihrem eigenen Schutze, versteht sich. Jegliche Information kam nur von amtlicher Seite; die Behörden hatten alle Macht. Auch das verstärkte die Erinnerung.