Faktisch hat es biografische Gründe gehabt, weil der Mann, mit dem ich damals zusammen lebte, und das heute auch noch tue, Karl-Heinz Bohrer, bekam eine Einladung von der Ecole de Societude, ein Jahr hier zu lehren, und schlug mir vor, dass wir daraus anderthalb bis zwei Jahre Paris machen würden. Vorgeschichte natürlich, dass ich seit den 70er Jahren immer regelmäßig in Paris war und viel gelesen hab. Vielleicht wissen Sie, dass ich mich vornehmlich im Anfang meiner Arbeit auf den französischen Surrealismus, literarisch natürlich in erster Linie, bezogen habe, Aragons "Paysan de Paris" und Bretons "Nadja", und das heisst, Paris als Stadt war schon in den 80er Jahren, bevor wir hierher gezogen sind, ein biografischer und literarischer Pixpunkt.
Vermisst sie nach fast 15 Jahren Paris den literarischen Diskurs in Deutschland? Hat sie im französischen Sprachraum ein Äquivalent dafür gefunden oder nimmt sie von Paris aus an der hiesigen Diskussion teil?
Ich hab das nie getan, und ich hab gleich zu Anfang ziemlich unverschämte Sottisen von mir gegeben. Der erste, der mich interviewt hat, oder der zweite, das war der Lüdke, und er hat mich irgendwie auch gefragt, wie ich mich situieren würde, also irgendwie in der Gegenwartsliteratur, und da hab ich gesagt, also mit der bundesrepublikanischen Literatur hätte ich eigentlich sehr wenig zu tun, es gäbe Bezugspunkte natürlich zu Gegenwartsautoren, wie Mayröcker oder Brinkmann, aber entweder wären die tot oder sie wären eben weder direkt noch indirekt typisch bundesrepublikanisch, und das ist ja auch bei vielen Autoren so, dass sie ihre Beziehungspunkte ganz woanders hernehmen, als unbedingt aus der Gruppe der Gleichaltrigen, außer sie sind eben Avantgarde und machen ne Gruppe. Meine Bezugspunkte hier sind also theoretisch sehr stark der "Nouveau Roman", und das heisst, die Leute sind ja auch schon etwas älteren Datums, also Claude Simon, Robbe-Grillet, Nathalie Sarrault usw., das waren eigentlich so meine theoretischen Bezugspunkte, was Prosa betrifft.
Wenn sie ihr theoretisches Umfeld skizziert, denkt man natürlich unwillkürlich direkt an ihre Beziehung zu Bohrer, Kulturtheoretiker und Herausgeber der wohl w ichtigsten deutschen Theorie-Zeitschrift "Merkur" .[Hat dessen Arbeit einen Einfluss auf ihr Werk, immerhin schildert "s'ie in ihrem Journal "Der Autor als Souffleur" von 1995 ausgiebige Gespräche mit Bohrer über Fragen der Philosophie, der Kritik, der Kultur.
Jemand hat mich mal gefragt, der war ganz frech, ob nicht in dem ersten Roman Bohrers "Plötzlichkeitstheorie" sich niedergeschlagen hätte, und da hab ich gesagt, also, vorsichtig gesprochen, ich glaubte es nicht, ich glaubte eher, dass da wirklich verwandtschaftliche intellektuelle Interessen waren, das heißt, von dem Moment an, wo ich "Surrealismus und Terror" und die "Ästhetik des Schreckens" gelesen habe, waren da eben Dinge über Schock, das fängt ja schon mit Walter Benjamin und dem Surrealismus an, also Schock, der Schockbegriff und die Moderne, das hat mich wahnsinnig interessiert, und ich habe ja auch später ein Buch geschrieben, ein kleines Buch mit 56 Prosastücken, "Epiphanien, abgeblendet", was sich damit beschäftigt dass z.B. das Plötzliche und das Epiphanische auch das Alltägliche und das Banale sind in der Moderne, deshalb hab ich auch gesagt Epiphanien "abgeblendet", weil sie eben nicht mehr die Aura des Metaphysischen haben.
Dies ist wohl auch ein Grund dafür, wieso Undine Gruenter ein Faible für "fantastische" Autoren wie Lars Gustafson oderJulio Cortazar hat, ja sich selbst gar in solch einem Zusammenhang sieht. Zwar schreibt sie einen realistischen Stil, doch ergeben sich immer wieder fantastische Perspektiven und Szenerien, die das Alltägliche transzendieren, die Realität relativieren. In ihrem aktuellen Roman "Versteck des Minotauros" sind es eine Vielzahl eingestreuter Miniaturen, zumeist Tiergeschichten, ein wenig an moderne Fabeln erinnernd, die den Erzählfluss der Rahmenerzählung aufbrechen, sie ins Mythische erweitern. Gleich am Anfang etwa gibt Undine Gruenter eine neue Variante des Minotauros-Mythos, allerdings ohne ihn damit erneuern oder reproduzieren zu wollen. Ihre Zwischentexte sind nicht etwa als neuzeitliche Mythen gedacht.
Ich glaube eher, dass es mit dem anderen Element zusammen hängt, einerseits mit der Verfremdung und dem ungeheuren Reiz, einen Mythos wirklich zu modernisieren, das heisst, nicht einfach, ihm eine moderne Robe anzuziehen, sondern psychologisch und bewusstseinsmäßig in der Jetztzeit zu situieren. Während mit dem kleinen Minotaurus, da würde ich sagen, dass ist eher das Vergnügen und die Lust gewesen, das Ding mal umzuschreiben, eben der Verbannte und der Popanz, der von allen verteufelt wird und dazu abgerichtet wird, die Tribute zu fressen, während er in Wirklichkeit, in Anführungstrichen in Wirklichkeit, ein kleiner, ausgestoßener Bastard ist, den der Stiefvater, um sich zu rächen für den Betrug seiner Frau, ausgegrenzt und eingesperrt hat, und sozusagen als Henker zu benutzen. Und das hat mir wohl nicht so ganz gepasst, dass Theseus der Held war, und Ariadne wird also in meinem Text dazu verdonnert, dass sie beide rettet. Den armen, kleinen Minotaurus vor dem König und dem Gesetz des Vaters und Theseus halt vor dem Zweikampf.
Die Haupthandlung spielt in einem labyrinthisch-abgeschlossenen Viertel am Pariser Montmartre, dessen Bewohner, häufig arrivierte Künstler, durch verwirrende Texte im Kasten für Mitteilungen der Hausverwaltung aufgestört werden. Urheber dieser manifestartigen Miniaturen sind junge Avantgardekünstler, die in den weitverzweigten Kellerräumen unterhalb des Gebäudekomplexes hausen. Auch diese Konstellation ist weniger realistisch als paradigmatisch zu verstehen: Ich hab das halt als Gegenpol, weil das halt sich immer wiederholte, die Kritik am Ästhetischbleiben der Kunst von jungen oder radikalen Künstlern, die eben versuchen, dieses Asthetischbleiben aufzuheben, zu zertrümmern, zu zerstören durch Aktionismus und durch Aktionen, und diese Gegengruppe in dem "Minotaruos", die in dem anderen Labyrinth wohnt, und das Labyrinth von der Cite des Platanes, weil das eben etabliertere Künstler sind, attackieren, das hab ich halt da noch einmal radikalisiert in dem Sinne, dass die Kunst vom Schreibtisch zur radikalen Aktion schreiten müsste.
Die anti-künstlerischen Pseudo-Fabeln, die Leermythen, mittels derer die Aktionskünstler im Buch auf sich aufmerksam machen, provozieren nicht durch offensive Stellungnahmen, sondern gerade durch ihre Hermetik. Sie erklären, transportieren und bedeuten nichts, nichts als reine Kreationen:
Nein, nein, es sollte schon im Grunde genommen, ein Akt der schieren Phantasie sein, der die Leute hier verwirrt Miniaturen um Nichts, um Nichts, im Grunde genommen also wieder die Arbeit an der Verrätselung, und Verrätselung heißt einfach, dass der realistische Roman sicherlich eher daran geht, etwas darzustellen, was er , auch erklärt, während ich die Tatsache, dass man sich aus etwas Selbstverständlichen etwas macht, also sich ein kleines Rätsel daraus macht, wenn etwa Fuchs und Pferd sich unterhalten, und wenn also zum Beispiel der Adler über das Wort "Zelt" nachdenkt und dass Europa seine Zelte gerade abbaut oder solche Geschichten, das sind im besten Sinne fragmentarische Parabeln, Mythen nicht.
Gibt es neben dieser mythenkritischen oder mythenparodierenden Perspektive auch eine tiefenpsychologische, speziell in der Figur des Minotauros, der an verschiedenen Stellen im Buch auftaucht? Diese Zwittergestalt, halb Tier, halb Mensch, scheint exemplarisch die animalischen Triebe des Menschens zu versinnbildlichen^Ber Stier selbst tritt ebenfalls noch einige Male auf, am Ende des Romans im Zeichen seiner Zerstückelung, als ausgeweidetes Schlachtvieh.
Es kommt auch eine Nixe drin vor. Ich möchte gleich sagen, es hat eigentlich nichts mit meinem Vornamen zu tun, aber trotzdem kann man ja damit spielen, dass mich die Mischwesen interessieren, halb Fisch, halb Frau, halb Pferd, halb Mensch oder eben auch die, die ihre Gestalt wechseln. Ich glaube aber, es gibt also eine kleine Erzählung, die heisst "The happy prince" und das macht eine Anspielung auf Oscar Wilde. Eine Gattung, die mich ungeheuer fasziniert, beschäftigt, ist das Kunstmärchen, nicht das Volks-, sondern das Kunstmärchen. Das Märchen von der deutschen Romantik, Tieck, Brentano bis hin zu Oscar Wilde, Hofmannsthal auch, Hofmannsthal zwischen Kunstmärchen und phantastischem Wesen, und dass es eigentlich die Gattung ist, die mich an der Sache so wahnsinnig fasziniert, keine Märchen zu schreiben, sondern kleine, artifizielle Kunstmärchen in dieser Linie seh ich das.
Das ist ihr gelungen. Ganz im Geiste des Surrealismus, denn sie noch immer schätzt, aber nicht unkritisch sieht, hat Undine Gruenter die graue Alltagswelt aufgebrochen und den verborgenen Zauber hinter der Folie des Sichtbaren kenntlich werden lassen. So ruhig und formal bemüht das Buch auch ist, so deutlich spricht es eine alte Forderung der Avantgarde aus: die Phantasie an die Macht!
Vermisst sie nach fast 15 Jahren Paris den literarischen Diskurs in Deutschland? Hat sie im französischen Sprachraum ein Äquivalent dafür gefunden oder nimmt sie von Paris aus an der hiesigen Diskussion teil?
Ich hab das nie getan, und ich hab gleich zu Anfang ziemlich unverschämte Sottisen von mir gegeben. Der erste, der mich interviewt hat, oder der zweite, das war der Lüdke, und er hat mich irgendwie auch gefragt, wie ich mich situieren würde, also irgendwie in der Gegenwartsliteratur, und da hab ich gesagt, also mit der bundesrepublikanischen Literatur hätte ich eigentlich sehr wenig zu tun, es gäbe Bezugspunkte natürlich zu Gegenwartsautoren, wie Mayröcker oder Brinkmann, aber entweder wären die tot oder sie wären eben weder direkt noch indirekt typisch bundesrepublikanisch, und das ist ja auch bei vielen Autoren so, dass sie ihre Beziehungspunkte ganz woanders hernehmen, als unbedingt aus der Gruppe der Gleichaltrigen, außer sie sind eben Avantgarde und machen ne Gruppe. Meine Bezugspunkte hier sind also theoretisch sehr stark der "Nouveau Roman", und das heisst, die Leute sind ja auch schon etwas älteren Datums, also Claude Simon, Robbe-Grillet, Nathalie Sarrault usw., das waren eigentlich so meine theoretischen Bezugspunkte, was Prosa betrifft.
Wenn sie ihr theoretisches Umfeld skizziert, denkt man natürlich unwillkürlich direkt an ihre Beziehung zu Bohrer, Kulturtheoretiker und Herausgeber der wohl w ichtigsten deutschen Theorie-Zeitschrift "Merkur" .[Hat dessen Arbeit einen Einfluss auf ihr Werk, immerhin schildert "s'ie in ihrem Journal "Der Autor als Souffleur" von 1995 ausgiebige Gespräche mit Bohrer über Fragen der Philosophie, der Kritik, der Kultur.
Jemand hat mich mal gefragt, der war ganz frech, ob nicht in dem ersten Roman Bohrers "Plötzlichkeitstheorie" sich niedergeschlagen hätte, und da hab ich gesagt, also, vorsichtig gesprochen, ich glaubte es nicht, ich glaubte eher, dass da wirklich verwandtschaftliche intellektuelle Interessen waren, das heißt, von dem Moment an, wo ich "Surrealismus und Terror" und die "Ästhetik des Schreckens" gelesen habe, waren da eben Dinge über Schock, das fängt ja schon mit Walter Benjamin und dem Surrealismus an, also Schock, der Schockbegriff und die Moderne, das hat mich wahnsinnig interessiert, und ich habe ja auch später ein Buch geschrieben, ein kleines Buch mit 56 Prosastücken, "Epiphanien, abgeblendet", was sich damit beschäftigt dass z.B. das Plötzliche und das Epiphanische auch das Alltägliche und das Banale sind in der Moderne, deshalb hab ich auch gesagt Epiphanien "abgeblendet", weil sie eben nicht mehr die Aura des Metaphysischen haben.
Dies ist wohl auch ein Grund dafür, wieso Undine Gruenter ein Faible für "fantastische" Autoren wie Lars Gustafson oderJulio Cortazar hat, ja sich selbst gar in solch einem Zusammenhang sieht. Zwar schreibt sie einen realistischen Stil, doch ergeben sich immer wieder fantastische Perspektiven und Szenerien, die das Alltägliche transzendieren, die Realität relativieren. In ihrem aktuellen Roman "Versteck des Minotauros" sind es eine Vielzahl eingestreuter Miniaturen, zumeist Tiergeschichten, ein wenig an moderne Fabeln erinnernd, die den Erzählfluss der Rahmenerzählung aufbrechen, sie ins Mythische erweitern. Gleich am Anfang etwa gibt Undine Gruenter eine neue Variante des Minotauros-Mythos, allerdings ohne ihn damit erneuern oder reproduzieren zu wollen. Ihre Zwischentexte sind nicht etwa als neuzeitliche Mythen gedacht.
Ich glaube eher, dass es mit dem anderen Element zusammen hängt, einerseits mit der Verfremdung und dem ungeheuren Reiz, einen Mythos wirklich zu modernisieren, das heisst, nicht einfach, ihm eine moderne Robe anzuziehen, sondern psychologisch und bewusstseinsmäßig in der Jetztzeit zu situieren. Während mit dem kleinen Minotaurus, da würde ich sagen, dass ist eher das Vergnügen und die Lust gewesen, das Ding mal umzuschreiben, eben der Verbannte und der Popanz, der von allen verteufelt wird und dazu abgerichtet wird, die Tribute zu fressen, während er in Wirklichkeit, in Anführungstrichen in Wirklichkeit, ein kleiner, ausgestoßener Bastard ist, den der Stiefvater, um sich zu rächen für den Betrug seiner Frau, ausgegrenzt und eingesperrt hat, und sozusagen als Henker zu benutzen. Und das hat mir wohl nicht so ganz gepasst, dass Theseus der Held war, und Ariadne wird also in meinem Text dazu verdonnert, dass sie beide rettet. Den armen, kleinen Minotaurus vor dem König und dem Gesetz des Vaters und Theseus halt vor dem Zweikampf.
Die Haupthandlung spielt in einem labyrinthisch-abgeschlossenen Viertel am Pariser Montmartre, dessen Bewohner, häufig arrivierte Künstler, durch verwirrende Texte im Kasten für Mitteilungen der Hausverwaltung aufgestört werden. Urheber dieser manifestartigen Miniaturen sind junge Avantgardekünstler, die in den weitverzweigten Kellerräumen unterhalb des Gebäudekomplexes hausen. Auch diese Konstellation ist weniger realistisch als paradigmatisch zu verstehen: Ich hab das halt als Gegenpol, weil das halt sich immer wiederholte, die Kritik am Ästhetischbleiben der Kunst von jungen oder radikalen Künstlern, die eben versuchen, dieses Asthetischbleiben aufzuheben, zu zertrümmern, zu zerstören durch Aktionismus und durch Aktionen, und diese Gegengruppe in dem "Minotaruos", die in dem anderen Labyrinth wohnt, und das Labyrinth von der Cite des Platanes, weil das eben etabliertere Künstler sind, attackieren, das hab ich halt da noch einmal radikalisiert in dem Sinne, dass die Kunst vom Schreibtisch zur radikalen Aktion schreiten müsste.
Die anti-künstlerischen Pseudo-Fabeln, die Leermythen, mittels derer die Aktionskünstler im Buch auf sich aufmerksam machen, provozieren nicht durch offensive Stellungnahmen, sondern gerade durch ihre Hermetik. Sie erklären, transportieren und bedeuten nichts, nichts als reine Kreationen:
Nein, nein, es sollte schon im Grunde genommen, ein Akt der schieren Phantasie sein, der die Leute hier verwirrt Miniaturen um Nichts, um Nichts, im Grunde genommen also wieder die Arbeit an der Verrätselung, und Verrätselung heißt einfach, dass der realistische Roman sicherlich eher daran geht, etwas darzustellen, was er , auch erklärt, während ich die Tatsache, dass man sich aus etwas Selbstverständlichen etwas macht, also sich ein kleines Rätsel daraus macht, wenn etwa Fuchs und Pferd sich unterhalten, und wenn also zum Beispiel der Adler über das Wort "Zelt" nachdenkt und dass Europa seine Zelte gerade abbaut oder solche Geschichten, das sind im besten Sinne fragmentarische Parabeln, Mythen nicht.
Gibt es neben dieser mythenkritischen oder mythenparodierenden Perspektive auch eine tiefenpsychologische, speziell in der Figur des Minotauros, der an verschiedenen Stellen im Buch auftaucht? Diese Zwittergestalt, halb Tier, halb Mensch, scheint exemplarisch die animalischen Triebe des Menschens zu versinnbildlichen^Ber Stier selbst tritt ebenfalls noch einige Male auf, am Ende des Romans im Zeichen seiner Zerstückelung, als ausgeweidetes Schlachtvieh.
Es kommt auch eine Nixe drin vor. Ich möchte gleich sagen, es hat eigentlich nichts mit meinem Vornamen zu tun, aber trotzdem kann man ja damit spielen, dass mich die Mischwesen interessieren, halb Fisch, halb Frau, halb Pferd, halb Mensch oder eben auch die, die ihre Gestalt wechseln. Ich glaube aber, es gibt also eine kleine Erzählung, die heisst "The happy prince" und das macht eine Anspielung auf Oscar Wilde. Eine Gattung, die mich ungeheuer fasziniert, beschäftigt, ist das Kunstmärchen, nicht das Volks-, sondern das Kunstmärchen. Das Märchen von der deutschen Romantik, Tieck, Brentano bis hin zu Oscar Wilde, Hofmannsthal auch, Hofmannsthal zwischen Kunstmärchen und phantastischem Wesen, und dass es eigentlich die Gattung ist, die mich an der Sache so wahnsinnig fasziniert, keine Märchen zu schreiben, sondern kleine, artifizielle Kunstmärchen in dieser Linie seh ich das.
Das ist ihr gelungen. Ganz im Geiste des Surrealismus, denn sie noch immer schätzt, aber nicht unkritisch sieht, hat Undine Gruenter die graue Alltagswelt aufgebrochen und den verborgenen Zauber hinter der Folie des Sichtbaren kenntlich werden lassen. So ruhig und formal bemüht das Buch auch ist, so deutlich spricht es eine alte Forderung der Avantgarde aus: die Phantasie an die Macht!