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Das vertagte Problem
Wassermangel in Kapstadt

Nach drei Jahren Dürre sind Kapstadts Wasserreserven aufgebraucht und der Wasserverbrauch bis auf Weiteres rationiert. Nur hat sich das noch nicht überall herumgesprochen. Mancher arme Südafrikaner zapft gar das öffentliche Netz an, um sein Autowasch-Business zu betreiben.

Von Klaus Betz | 02.06.2018
    Bürger füllen am 15.12.2017 Wasserkanister an einer natürlichen Quelle in Kapstadts Vorort Newlands auf. In Südafrikas Touristen-Metropole Kapstadt wird die Wassserversorgung wegen einer anhaltenden Dürre nochmals drastisch reduziert.
    Menschen füllen Wasserkanister an einer Quelle. Die Abfüllmengen sind rationiert. (dpa-Bildfunk / Kristin Palitza )
    Die Armenviertel der schwarzen Bevölkerung liegen hinter dem Tafelberg und sind durch mehrspurige Schnellstraßen voneinander getrennt. Die größten dieser Siedlungen heißen Gugulethu, Kayelithsa, Mitchell's Plain, Philippi und Nyanga. Hier draußen in den Townships – häufig auch informelle Siedlungen genannt – hier draußen leben fast zwei Millionen Einwohner, knapp die Hälfte der Bevölkerung von Kapstadt. Das durchschnittliche Monatseinkommen liegt zwischen 3.000 und 4.000 Rand – etwa 220 bis 270 Euro.
    Obwohl in den vergangenen zehn Jahren in den Townships von Kapstadt sichtbar viele neue Häuser gebaut wurden und allmählich auch geordnete Strukturen entstehen – die Wellblech-Siedlungen bestimmen unverändert das Bild.
    "Die nutzen hier das Wasser, als hätten wir kein Problem"
    Lizo Ndzabela ist in den Townships aufgewachsen und mit den Verhältnissen vor Ort bestens vertraut. Außerdem weiß er genau, wo man anhalten und mit den Menschen reden kann oder wo man besser nur durchfährt. Wie zum Beispiel bei den Autowäschern in Philippi. Sie zapfen das kostenlose kommunale Wassernetz an und scheren sich – selbst zu den Armen zählend – um kein Verbot.
    "Sie nutzen den öffentlichen Anschluss und da ist niemand, der das beklagt. Es ist kostenloses kommunales Wasser für die Informellen, aber die Leute profitieren davon; sie verdienen mit dem Autowaschen ihr Geld. Sonst gibt es keine Jobs. Aber die nutzen hier das Wasser als hätten wir kein Problem. Auf beiden Seiten der Straße hier gibt es fast schon einen Wettbewerb zwischen den einzelnen Autowäschern. Hier kontrolliert niemand; hier müsste die Regierung einfach besser über das Wassersparen informieren. Das sind ja fast zehn Autowäscher hier – in einer einzelnen Straße!"
    In den No-Go-Areas fehlt es an Informationen über die Wasserkrise. Viele der Bewohner haben weder Radio noch Fernsehgeräte noch einen Internetzugang und vor allem ganz andere Sorgen. Sie suchen Jobs und wollen überleben.
    Das meiste Wasser verbrauchen Mittel- und Oberschicht
    Aber nicht nur deshalb schreitet die Polizei selten gegen die Autowäscher ein.
    "Wenn die Polizei kommt, werden die Leute sagen, hey, ihr verletzt unsere Rechte, und sie werden Ihnen vorwerfen: Ihr verhaltet euch wie die Polizei während der Apartheid, ihr seid genau wie die. Und wahrscheinlich wird es ihnen gelingen, die Bevölkerung gegen die Polizei aufzubringen und alle zusammen werden dann der Polizei damit drohen, sie zu steinigen."
    07.03.2018, Südafrika, Kapstadt: Der Sportplatz von Alex Falcons Schule in Kapstadt war einst ein schöner Rasen. Jetzt ist er eine staubige Sandkiste.
    Einen Rasenplatz gibt es an dieser Schule nach drei Jahren Dürre nicht mehr (picture alliance / dpa / Kristin Palitza)
    Schwierige Verhältnisse. Aber allein den Bewohnern der Townships die Schuld daran zu geben, sei nicht richtig, sagt Priya Reddy, die Sprecherin der Stadtverwaltung:
    "Erstens, unsere Statistiken zeigen, dass die informellen Townships gerade mal vier Prozent des Wassers verbrauchen. Die Mehrheit wird und wurde stets durch die Bewohner im Stadtzentrum verbraucht, durch die Mittel- und Oberschicht – mit ihren großen Gärten und Swimmingpools.
    Zweitens: Die Einwohner in den Townships mussten sich früher dauernd für Wasser anstellen. Jetzt können sie endlich auf die kommunale Wasserversorgung zurückgreifen – klar gibt es dabei Missbrauch. Doch sie haben nicht die gleichen Bedürfnisse wie die gehobene Mittelklasse. Sie haben einfach keine Pools und keine vier Bäder und große Rasenflächen.
    Halten wir also fest: Die knapp zwei Millionen Township-Bewohner machen die Hälfte der Bevölkerung von Kapstadt aus, verbrauchen aber nur vier Prozent des Wassers."
    Der Trend geht zur autarken Wasserversorgung
    Doch es tut sich etwas. Plötzlich wollen immer mehr "off the grid" sein – unabhängig von der öffentlichen Wasserzufuhr. Die eigenständige Wasserversorgung gilt vielen Unternehmen, Hotels und Privatleuten in Kapstadt als neues Nonplusultra. Einerseits wird in Entsalzungsanlagen investiert, andererseits boomt das Geschäft mit dem bislang unkontrollierten Erschließen von Grundwasser. Eine autarke Wasserversorgung. Jeder Liter ist wertvoll.