Fünf Wochen lang hielt im Spätsommer des Jahres 1933 eine bis dahin unbekannte Krankheit die Bevölkerung der US-amerikanischen Stadt St. Louis in Atem: Bei mehr als 1000 Menschen löste sie eine Gehirnentzündung aus, 200 Patienten starben daran. Später wurde ein Virus als Ursache entdeckt und nach dem Fundort benannt: St.-Louis-Enzephalitis-Virus. Woher der Erreger aber ursprünglich stammte, blieb unklar.
Seit 1933 gab es mehr als 50 größere Ausbrüche in Nordamerika. Im Laufe der Zeit fanden Ärzte acht Stränge des Erregers, die sich leicht voneinander unterscheiden. Wenn man diese genetischen Veränderungen betrachtet, lässt sich seit ein paar Jahren mit einer "Molekulare Uhr" genannten Methode ausrechnen, wann in der Geschichte sich diese Stränge auseinanderentwickelt haben, sagt Dr. Sandra Junglen vom Universitätsklinikum Bonn.
"Eins der bekanntesten Beispiele ist eigentlich HIV, wo man weiß von den epidemiologischen Daten her , das kommt aus Afrika, aus Schimpansen, aber man konnte bisher nicht sagen, wie hat es sich denn geografisch ausgebreitet. Also wenn man den Ursprung nicht kennt von epidemiologischen Daten, konnte man nicht sagen: Wo kommt das Virus her. Und was jetzt neu ist, ist, dass man nicht nur die Zeit bestimmten kann, sondern auch den Ort dazu."
Zwei Dinge waren Voraussetzung dafür: Erstens haben Wissenschaftler aus Belgien eine mathematische Methode entwickelt, die die Ergebnisse der Molekularen Uhr mit den Orten, an denen die Krankheit aufgetreten ist, verknüpft. Diese Methode ist bisher nur an Viren mit bekannter Epidemiologie getestet worden.
"Zum Beispiel bei Influenza. Die Asiatische Grippe hat sich von Asien dann ausgebreitet nach Europa, USA, und darauf hat man das Modell angewendet und gesehen: Es funktioniert. Und wir haben das jetzt das erste Mal übertragen auf ein Virus, wo man nicht wusste, wo es herkommt."
Zweitens haben Sandra Junglen und ihre Kollegen vor kurzem im Urwald von Mexiko einen bis dahin unbekannten Stamm des St.-Louis-Enzephalitis-Virus gefunden.
"Wir arbeiten in Palenque, das ist ein Nationalpark in Mexiko auf der Yucatán -Halbinsel. Das ist einer der letzten größeren Regenwälder in Zentralamerika oder in Südmexiko , da haben wir eine Variante gefunden von St.-Louis-Enzephalitis, die wahrscheinlich ein Vorfahren-Virus ist zu den bekannten. Und damit haben wir dann die Analysen gemacht und konnten bestimmen, dass dieses Virus sich von Zentralamerika nach Nord- und Südamerika ausgebreitet hat."
Junglen und ihre Kollegen ließen den Computer die Ausbreitung des Virus mehrmals mit verschiedenen Rechenmodellen nachvollziehen. Demzufolge stammt der Erreger aus der Region zwischen Nicaragua und Panama. Etwa 1690 verließ er sein angestammtes Verbreitungsgebiet, sagt Professor Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie am Bonner Universitätsklinikum.
"Das Endergebnis ist sehr interessant: Wir können sagen: Es war genau zu der Zeit und an dem Ort, als die Kolumbianische Kolonisierung in Mittelamerika wirklich Fuß gefasst hat, als man wirklich sagen konnte : Es ging los, dass von diesen Kolonialsiedlungen aus dann der Mensch ins Hinterland gegangen ist und dann Landwirtschaft im Regenwald betrieben hat. Und es war wirklich genau an der Stelle und zu der Zeit, dass dieses Virus offenbar aus dem Regenwald entkommen ist. Und das ist natürlich überzufällig."
Von dort breitete es sich mit dem Schiffsverkehr etwa 1730 nach New Orleans aus und wanderte den Mississippi hinauf. Bereits 1875 erreichte das Virus zum ersten Mal St. Louis, 1902 Texas, 1944 Kalifornien . Schon vor dem Ausbruch 1933 muss es in St. Louis Fälle der Krankheit gegeben haben, nur sind sie offenbar nicht aufgefallen.
Wie wichtig der Palenque-Stamm für das Ergebnis ist, zeigte sich den Bonner Forschern, als sie die Simulation zum Test ohne ihn wiederholten. Dann spuckte das Programm Ursprungsregionen aus, die dem widersprechen, was man über die Ausbreitung des Virus weiß. Doch auch das Bonner Resultat bleibt eine Näherung, sagt Christian Drosten.
"Wir können nicht sagen: Das überprüfen wir jetzt nochmal über einen anderen Weg. Was wir aber sagen können: Was hier rauskommt, ist ziemlich plausibel."
Seit 1933 gab es mehr als 50 größere Ausbrüche in Nordamerika. Im Laufe der Zeit fanden Ärzte acht Stränge des Erregers, die sich leicht voneinander unterscheiden. Wenn man diese genetischen Veränderungen betrachtet, lässt sich seit ein paar Jahren mit einer "Molekulare Uhr" genannten Methode ausrechnen, wann in der Geschichte sich diese Stränge auseinanderentwickelt haben, sagt Dr. Sandra Junglen vom Universitätsklinikum Bonn.
"Eins der bekanntesten Beispiele ist eigentlich HIV, wo man weiß von den epidemiologischen Daten her , das kommt aus Afrika, aus Schimpansen, aber man konnte bisher nicht sagen, wie hat es sich denn geografisch ausgebreitet. Also wenn man den Ursprung nicht kennt von epidemiologischen Daten, konnte man nicht sagen: Wo kommt das Virus her. Und was jetzt neu ist, ist, dass man nicht nur die Zeit bestimmten kann, sondern auch den Ort dazu."
Zwei Dinge waren Voraussetzung dafür: Erstens haben Wissenschaftler aus Belgien eine mathematische Methode entwickelt, die die Ergebnisse der Molekularen Uhr mit den Orten, an denen die Krankheit aufgetreten ist, verknüpft. Diese Methode ist bisher nur an Viren mit bekannter Epidemiologie getestet worden.
"Zum Beispiel bei Influenza. Die Asiatische Grippe hat sich von Asien dann ausgebreitet nach Europa, USA, und darauf hat man das Modell angewendet und gesehen: Es funktioniert. Und wir haben das jetzt das erste Mal übertragen auf ein Virus, wo man nicht wusste, wo es herkommt."
Zweitens haben Sandra Junglen und ihre Kollegen vor kurzem im Urwald von Mexiko einen bis dahin unbekannten Stamm des St.-Louis-Enzephalitis-Virus gefunden.
"Wir arbeiten in Palenque, das ist ein Nationalpark in Mexiko auf der Yucatán -Halbinsel. Das ist einer der letzten größeren Regenwälder in Zentralamerika oder in Südmexiko , da haben wir eine Variante gefunden von St.-Louis-Enzephalitis, die wahrscheinlich ein Vorfahren-Virus ist zu den bekannten. Und damit haben wir dann die Analysen gemacht und konnten bestimmen, dass dieses Virus sich von Zentralamerika nach Nord- und Südamerika ausgebreitet hat."
Junglen und ihre Kollegen ließen den Computer die Ausbreitung des Virus mehrmals mit verschiedenen Rechenmodellen nachvollziehen. Demzufolge stammt der Erreger aus der Region zwischen Nicaragua und Panama. Etwa 1690 verließ er sein angestammtes Verbreitungsgebiet, sagt Professor Christian Drosten, Direktor des Instituts für Virologie am Bonner Universitätsklinikum.
"Das Endergebnis ist sehr interessant: Wir können sagen: Es war genau zu der Zeit und an dem Ort, als die Kolumbianische Kolonisierung in Mittelamerika wirklich Fuß gefasst hat, als man wirklich sagen konnte : Es ging los, dass von diesen Kolonialsiedlungen aus dann der Mensch ins Hinterland gegangen ist und dann Landwirtschaft im Regenwald betrieben hat. Und es war wirklich genau an der Stelle und zu der Zeit, dass dieses Virus offenbar aus dem Regenwald entkommen ist. Und das ist natürlich überzufällig."
Von dort breitete es sich mit dem Schiffsverkehr etwa 1730 nach New Orleans aus und wanderte den Mississippi hinauf. Bereits 1875 erreichte das Virus zum ersten Mal St. Louis, 1902 Texas, 1944 Kalifornien . Schon vor dem Ausbruch 1933 muss es in St. Louis Fälle der Krankheit gegeben haben, nur sind sie offenbar nicht aufgefallen.
Wie wichtig der Palenque-Stamm für das Ergebnis ist, zeigte sich den Bonner Forschern, als sie die Simulation zum Test ohne ihn wiederholten. Dann spuckte das Programm Ursprungsregionen aus, die dem widersprechen, was man über die Ausbreitung des Virus weiß. Doch auch das Bonner Resultat bleibt eine Näherung, sagt Christian Drosten.
"Wir können nicht sagen: Das überprüfen wir jetzt nochmal über einen anderen Weg. Was wir aber sagen können: Was hier rauskommt, ist ziemlich plausibel."